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Karlsruhe: Karlsruher Klinik-Chef Geißler kritisiert "starre" Stiko-Vorgaben: "Der Impfstoff muss an den Mann gebracht werden"

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Karlsruher Klinik-Chef Geißler kritisiert "starre" Stiko-Vorgaben: "Der Impfstoff muss an den Mann gebracht werden"

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    Martin Bentz, Klinikdirektor Medizinische Klinik III, Michael Geißler, Geschäftsführer, Elvira Schneider, Pflegedirektorin.
    Martin Bentz, Klinikdirektor Medizinische Klinik III, Michael Geißler, Geschäftsführer, Elvira Schneider, Pflegedirektorin. Foto: Oliver Stilz/Städtisches Klinikum

    Die Stadt Karlsruhe und das Städtische Klinikum sind sich einig: Die Corona-Mutation B.1.1.7, besser bekannt als die "englische Variante", ist auf dem Vormarsch. Inzwischen sind in Karlsruhe mehr als 70 Prozent der positiven Tests auf diese zurückzuführen.

    Ein Strich nur beim C ist ein gutes Zeichen: So sieht ein Schnelltest mit negativem Testergebnis aus.
    Ein Strich nur beim C ist ein gutes Zeichen: So sieht ein Schnelltest mit negativem Testergebnis aus. Foto: Zacharie Scheurer/dpa-tmn

    Im Klinikum macht die Mutation sogar schon 80 Prozent der Fälle aus. Aus diesem Grund geht Klinik-Chef Michael Geißler auch davon aus, dass die Mutation in Kürze bald die 100 Prozent erreichen wird. Damit befindet sich das Klinikum erneut in der Pandemiestufe drei.

    Bereits am Donnerstag hatte Oberbürgermeister Frank Mentrup auf der Pressekonferenz gewarnt: "Die Situation ist kritisch und wird auch kritisch bleiben. Auch unser Klinikum ist wieder ein Stück weit am Anschlag."

    Ausgangssperre ist nicht entscheidend

    Die gute Nachricht vorab: Nach Angaben des Klinikums ist die Situation vor Ort durchaus zu stemmen. Dennoch befinden sich dort aktuell 36 Patienten wegen Corona in Behandlung. Davon sind sieben Personen auf der Intensivstation untergebracht, wovon drei künstlich beatmet werden müssen. 

    Zur Erinnerung: Vor zwei Wochen befanden sich insgesamt 20 Patienten auf den Covid-Stationen.

    Darum sei die Situation im Krankenhaus wieder ähnlich wie im Dezember vergangenen Jahres. Laut Klinikdirektor Martin Bentz sei Karlsruhe mit seinen Covid-Patienten jedoch mehr ausgelastet, da das Klinikum als "Maximalversorger" stärker angefahren wird, was dem Klinikum personell und wirtschaftlich viel abverlangt.

    Martin Bentz, Klinikdirektor der Medizinischen Klinik III.
    Martin Bentz, Klinikdirektor der Medizinischen Klinik III. Foto: Verena Müller-Witt

    "Wir werden dann sehen, ob die Notbremse ausreicht und die Lage sich verbessert oder ob wir noch mal einen harten Lockdown brauchen", so Bentz weiter. Anders sieht die Meinung zur Ausgangssperre aus, die möglicherweise bald auf die Karlsruher zukommen könnte. 

    "Das ist ein Puzzlestein von vielen. Aber für mich nicht der Wichtigste", so Geißler. "Selbst wenn um 22 Uhr keiner mehr raus darf, dann holen sich die Leute eben um 14 Uhr ihre Packs bei McDonalds. Das entscheidende ist nämlich nicht die Ausgangsbeschränkung, sondern, dass man Abstand hält."

    Auch Christoph Schnaudigel hat auf der vergangenen Pressekonferenz am Donnerstag bestätigt: Die Ausgangssperre werde erst dann in Betracht gezogen, wenn die vom Land vorgegebenen Maßnahmen nicht wirken und das Infektionsgeschehen "diffus" ist.

    Geißler fordert Öffnung der STIKO-Vorgaben

    Geißler hingegen sieht dabei eine andere Möglichkeit, die Neuinfektionen zu senken: Die vorgegebene "starre" Impfpriorisierung der Ständigen Impfkommission (Stiko) müsse gelockert werden.

    Das hat gleich mehrere Gründe:  Zum einen habe der Imageverlust von Astrazeneca nachreichende Konsequenzen auf die Impfbereitschaft der Bürger. Zum anderen seien durch die höhere Infektiosität auch zunehmend jüngere Menschen betroffen.

    Michael Geißler, medizinischer Geschäftsführer des Städtischen Klinikums Karlsruhe.
    Michael Geißler, medizinischer Geschäftsführer des Städtischen Klinikums Karlsruhe. Foto: Melissa Betsch

    "Der Impfstoff muss an den Mann oder an die Frau gebracht werden. Es ist klar, dass es wegen AstraZeneca einen Absprung von jungen Frauen geben wird, denen ein anderes Angebot gemacht werden muss", so Geißler auf der Pressekonferenz.

    "Aber auf den Markt zu gehen und nach einem neuen Impfstoff zu schauen, der zu den Kriterien jener Leute passt, die sich jetzt impfen lassen dürfen - das können wir uns nicht leisten. Es kann doch nicht sein, dass Impfstoff liegen bleibt, wenn wöchentlich Menschen sterben."

    Ein Fläschchen mit fünf Milliliter Corona-Impfstoff von Astrazeneca.
    Ein Fläschchen mit fünf Milliliter Corona-Impfstoff von Astrazeneca. Foto: Soeren Stache/dpa

    Hoffnung sieht Geißler in den kommenden Lieferungen, die Karlsruhe ab April erreichen sollen. Denn so könnten die Kapazitäten der Impfzentren zu neuer Höchstform auflaufen.

    "Unsere Impfzentren sind extrem leistungsfähig. Die können in Karlsruhe 1.500 Leute in sechs Stunden durchimpfen, der Plan vom Land waren zirka 1.200 in zwölf Stunden. Die können die Impfungen am Tag sogar verdoppeln, wenn sie wollen. Aber eben nur, wenn der Impfstoff da ist und die Vorgebungen der Stiko gelockert werden."

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    Foto: Thomas Riedel

    Damit tendiert das Klinikum scheinbar zu einer anderen Richtung als das Landratsamt Karlsruhe. Denn die halten weiterhin an der Impfpriorisierung fest und haben nun vor, die entsprechenden Gruppen mit den mobilen Impfteams anzufahren. Allerdings erst mal nur im Landkreis.

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