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Karlsruhe: "Falsche Sicherheit" durch Schnellteststrategie: So steht das Karlsruher Klinikum zum geplanten Öffnungskonzept

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"Falsche Sicherheit" durch Schnellteststrategie: So steht das Karlsruher Klinikum zum geplanten Öffnungskonzept

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    Antigen-Schnelltest in einem Covid-19 Testcenter
    Antigen-Schnelltest in einem Covid-19 Testcenter Foto: Sven Hoppe/dpa

    Nach sinkenden Fallzahlen sind die Zahlen der Neuinfektionen wieder am steigen. Genauer: Der R-Wert ist wieder bei eins in Karlsruhe angekommen. "Ich denke, dass das mit Ausbruch im Fleischwerk zusammenhängt", eröffnet Klinikdirektor Martin Bentz die Pressekonferenz in Vertretung für den abwesenden Klinik-Chef Michael Geißler. 

    Covid-Intensivstation kommt in Pandemiestufe 2

    Dieser Ausbruch sei, so Bentz, auf die Corona-Mutationen zurückzuführen, die inzwischen bei 40 Prozent aller positiven Corona-Tests nachgewiesen werden. "Wir gehen davon aus, dass die englische Variante in ein paar Wochen die dominierende Variante sein wird", so Bentz weiter.

    Erberhard Kniehl, Martin Bentz, Elvira Schneider (v.l.n.r.) Städtisches Klinikum
    Erberhard Kniehl, Martin Bentz, Elvira Schneider (v.l.n.r.) Städtisches Klinikum Foto: Verena Müller-Witt

    Erfreulicher sei hingegen, dass die Situation auf den Covid-Intensivbereichen sich zunehmend entspanne. Vier Patienten seien dort noch in Behandlung, zwei davon werden beatmet. Auf der Allgemeinstation werden 16 Patienten mit medizinisch versorgt. 

    Mit dieser Anzahl können somit die Covid-Kapazitäten ab Montag zurückgefahren werden, sodass die Intensivstation von der Pandemiestufe 3 auf Pandemiestufe 2 zurückkehren kann. Bedeutet: Eine Rückkehr zu insgesamt acht Intensivbetten auf nur einer Covid-Station. Werden diese acht Plätze überschritten, müsste erneut eine Station für Corona Intensivpatienten dicht gemacht werden.

    Darauf sei das Klinikum "im Fall der Fälle" jedoch vorbereitet und könne innerhalb von 24 Stunden wieder aufrüsten. Doch warum jetzt der plötzliche Abbau von Intensivbetten, wenn die Mutationen sich allmählich durchsetzen? 

    "Wir trauen uns das, weil die Impfungen immer weiter voranschreiten und die Kliniken in unserem Umfeld deutlich weniger Corona-Patienten haben", erklärt Bentz. Zur Erinnerung: Das Städtische Klinikum kooperiert mit anderen Kliniken mittels eines Clusters, um die optimale Behandlung von Corona-Patienten zu gewährleisten. Bislang wurden im Städtischen Klinikum 13 Patienten mit der englischen- und vier mit der südafrikanischen Variante identifiziert.

    Antigentests sind kein "Allheilmittel"

    Deutlich kritischer sieht das Klinikum hingegen die geplante Teststrategie der Bundesregierung durch den breiten Einsatz von Antigentests. Der Grund: Der Antigentest führe gewisse Unsicherheiten mit sich, da das Ergebnis nur eine "Momentaussage" sei.

    Kurzum: Für einen Konzertbesuch, einen Besuch im Altenheim oder einer Veranstaltung, mache ein kurz zuvor durchgeführter Test Sinn. Aber spätestens nach zwölf Stunden sei dieses Ergebnis hinfällig.

    Ein negativer SARS-CoV-2-Antigentest.
    Ein negativer SARS-CoV-2-Antigentest. Foto: Britta Pedersen/dpa-Zentralbild/dpa/Archivbild

    Des Weiteren seien Antigentests nicht so sensibel wie PCR Tests, weshalb es häufiger zu falsch-positiven Ergebnissen kommen könne. Grundsätzlich müssen positive Antigentests durch einen PCR nochmal bestätigt werden.

    "Es muss klar sein, dass die Tests richtiges Verhalten und Schutzmaßnahmen nicht ersetzen können", erklärt Eberhard Kniehl, Leiter der Abteilungen Mikrobiologie und Krankenhaushygiene im Städtischen Klinikum. "An sich ist es eine gute Idee zu testen, aber es ist kein Allheilmittel, sondern nur ein supportiver Baustein."

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    Foto: Verena Müller-Witt

    Dem stimmt auch der Klinikdirektor zu: "Wir haben Sorge, dass da eine falsche Sicherheit entsteht", so Bentz auf der Pressekonferenz. Als Beispiel führt er das Nachbarland Frankreich an: Da wird im Zusammenhang mit Öffnungen seit Dezember 2020 getestet. Allerdings liegt dort der Inzidenzwert inzwischen bei rund 228 pro 100.000 Einwohner, in Deutschland bei 65.

    Öffnungen sind "nicht vernünftig"

    Doch es gibt noch einen weiteren Nachteil, der bei den Antigentests beachtet werden muss:  Es kann zu falsch-negativen Ergebnissen kommen. Diese resultieren vor allem daraus, wenn die getestete Person zum Testzeitpunkt eine geringe Viruslast in sich trägt.

    Ein weiterer Grund sei der Qualitätsverlust bei der Probenentnahme, etwa durch "Personal außerhalb des Gesundheitswesens". Nach Angaben des Städtischen Klinikums sollen bei den geplanten Teststationen eben solche zum Einsatz kommen.

    Aus diesem Grund sei das Öffnungskonzept, laut dem Städtischen Klinikum, aus medizinischer Perspektive "nicht vernünftig" und fordert "klare und verbindliche Vorgaben zur Qualitätssicherung." 

    Aber: "Wir haben gemerkt, dass wir auf keinen Inzidenzwert von 35 kommen. Da muss ich als Arzt akzeptieren, dass es auch andere Aspekte gibt, die es zu berücksichtigen gilt", so Bentz auf der Pressekonferenz. Dennoch wolle er die Beschlüsse vom Land abwarten - und optimistisch bleiben.

    Denn: "Zum einen, weil der Winter bald vorbei ist und dann die Inzidenzen runtergehen, zum anderen, da Studien aus Israel zeigen, dass die Impfung hochwirksam ist. Und das Impfprogramm bei uns ja auch Fahrt aufnimmt."

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