Der Atomausstieg lässt in Karlsruhe die Köpfe rauchen: Bis 2020 sollen gemäß dem Windenergieerlass der baden-württembergischen Landesregierung rund zehn Prozent des Stroms von heimischen Windkraftanlagen erzeugt werden. Mit den Konsequenzen dieser Gesetzesänderung hat sich am Dienstag auch der Karlsruher Gemeinderat erneut beschäftigt - und sich dabei ordentlich mit Oberbürgermeister Heinz Fenrich verkracht.
Antrag des OB wird abgelehnt
Denn der Windenergieerlass zwingt die Kommunen, einen neuen Teil-Flächennutzungsplan zu erarbeiten. Alle bisherigen Regionalplanungen sollen Ende des Jahres außer Kraft gesetzt werden. Künftig dürfen Windkraftanlagen grundsätzlich überall gebaut werden. Um eine unkontrollierte Bebauung zu vermeiden, müssen die Gemeinden deshalb in ihren Teil-Flächennutzungsplänen sogenannte Konzentrationsgebiete ausweisen, die sich speziell zur Gewinnung von Windenergie eignen. Alle anderen - ungeeigneten - Gebiete sind dann ausgeschlossen.
Einen solchen Plan erarbeitet derzeit auch der Nachbarschaftsverband Karlsruhe (NVK), die Konzentrationszonen für die Windenergie sollen am 3. Dezember in der Verbandsversammlung abgestimmt werden. Die Zeit drängt also. Nun hätten die Stadträte am Dienstag nach Ansicht von Oberbürgermeister Heinz Fenrich befürworten sollen, dass er als Vertreter der Stadt der aktuellen Vorlage des NVK zustimmt. Tatsächlich stimmten jedoch nur 20 Stadträte der Empfehlung des OB zu, 20 dagegen, und 5 enthielten sich. Damit war der Antrag abgelehnt.
Insgesamt wird Karlsruhe im Entwurf des NVK als eher wenig gewinnbringender Standort eingestuft. Lediglich sind einige Flächen mit der "Priorität 2" gekennzeichnet, was bedeutet, dass weitergehende Recherchen und Abstimmungen notwendig sind. Generell könnte an diesen Stellen über Windkraftanlagen nachgedacht werden, allerdings könnten sich genau so gut Faktoren wie Natur- und Immissionsschutz in den Weg stellen. Als grundsätzlich "nicht geeignet" ausgeschieden waren zum Beispiel Grötzingen, Flächen im westlichen Stadtgebiet und auf den Höhenzügen nahe Hohenwettersbach.
"Wenn ein Windrad nicht wirtschaftlich ist, macht es keinen Sinn"
Am Dienstagabend war die Fraktion der Grünen der Ansicht, dass der Entwurf des Nachbarschaftsverbundes nicht ausschlaggebend für eine generelle Absage von Windkraft in Karlsruhe sein dürfte. Die Grünen lehnten den vorliegenden Entwurf ab und stellten einen Antrag auf weiterführende Prüfung. Auch die CDU lehnte das Entwurfskonzept ab, allerdings aus anderen Gründen. Karlsruhe sei eben kein geeigneter Standort für Windenergie. "Wir können alles außer Windkraft", so CDU-Stadtrat Tilmann Pfannkuch.
SPD und FDP sprachen sich für eine Zustimmung zur Verwaltungsvorlage aus. Während Sozialdemokrat Jürgen Marin "durchaus Sympathie für die Ideen" der Grünen hege, sehe er den Karlsruher Standort aber "realistisch". Rita Fromm von der FDP kritisierte die Grünen als "Egoisten", die sich in Sachen Naturschutz widersprächen und nur ihre eigenen Interessen verfolgten. OB-Kandidat Friedemann Kalmbach (GfK) argumentierte: "Wenn ein Windrad nicht wirtschaftlich ist, macht es keinen Sinn."
Nachdem die Beschlussvorlage der Stadtverwaltung nicht angenommen wurde, zeigte sich Oberbürgermeister Fenrich erbost. Er machte zum ersten Mal in der aktuellen Amtsperiode Gebrauch von seinem Vetorecht und widersprach der Gemeinderatsentscheidung. Dies geschehe äußerst selten, wie ka-news bei der Stadtverwaltung erfuhr. In Fenrichs letzter Amtsperiode sei dies bisher nie der Fall gewesen. Die Gemeindeordnung, schreibt vor, dass ein Oberbürgermeister dann berechtigt ist, Widerspruch zu erheben, wenn er in einem Beschluss des Gemeinderats eine Gefahr oder eine Benachteiligung für die Bürger sieht.
Nun kommt es am Dienstag, 27. November, ab 15.30 Uhr zu einer Sondersitzung des Gemeinderats. Einziger Tagesordnungspunkt ist unter Vorsitz von Oberbürgermeister Heinz Fenrich die "erneute Beratung und Beschlussfassung zum Abstimmmungsverhalten der Stadt Karlsruhe zu 'Teil-Flächennutzungsplan Windenergie des Nachbarschaftsverbandes Karlsruhe (NVK), Entwurf des Planungskonzeptes'". In der Verbandsversammlung des NVK soll dann am 3. Dezember das Konzeptergebnis beraten werden, damit auf Grundlage dieser Konzeption ein Entwurf des Teil-Flächennutzungsplans Windenergie erarbeitet werden kann und noch erforderliche Untersuchungen angegangen werden können.
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