Allein der Weg in den Hardtwald hinein zum Start- und Landeplatz des Hubschraubers von Pilot Gustav Baumm ist eine Herausforderung. Doch ist man erstmal über den Baumkronen wird es richtig unübersichtlich. Wo genau gekalkt werden muss und darf, und wo vielleicht der Dolomitkalk schon verteilt wurde, erschließt sich für einen Laien nicht.
800 PS kreisen knapp über der L604
Für Gustav Baumm stellt das kein Problem dar. Für Piloten mute der Wald sehr übersichtlich an, versicherte Tilman Frohmaier, Geschäftsführer der durchführenden Firma Helix, vor wenigen Tagen. Eine "herzogliche, fast preußische" Anordnung der Wege stelle eine gute Orientierungshilfe dar und erleichtere die Arbeit. Baumm selbst orientiert sich am Forschungszentrum und am guten Wegenetz des Hardtwaldes.
Routiniert bewegt Baumm das 800 PS starke Flugobjekt knapp über die Hardtwaldbäume. Auch der Behälter, der pro Durchlauf eine Tonne Kalk verstreut und an einer 30 Meter langen Leine schwingt, kollidiert nicht mit den Bäumen. Nur einige Sekunden, bis maximal um die zwei Minuten, dauert es, bis Baumm an der ensprechend markierten Stelle seiner Karte den Kalk abgeladen hat und der Wald in einen grünen Nebel gehüllt wird. Spätestens dann muss er zurück zur Basis, um neuen Kalk aufzuladen.
An der L604 zwischen der Waldstadt und Eggenstein wird ein Teil dieses Kalks derzeit gelagert und fast im Minutentakt in den knapp zwei Meter hohen Behälter gefüllt. In dieser Zeit steht der Helikopter mit Baumm an Bord 30 Meter über dem Boden und wartet auf die Beladung durch einen kleinen Bagger. Kaum ist der Behälter randvoll gefüllt, dreht der Hubschrauber tosend seine nächste Runde. Bis zu 300 Mal am Tag muss Baumm diesen Vorgang wiederholen. Auch bei Windstärken zwischen vier und fünf, die am Montag herrschten, verliert der erfahrene Pilot nicht die Ruhe. "Der Hubschrauber ist zwar immer am Schaukeln, aber grundsätzlich stellt Wind für meine Arbeit einen Vorteil dar", so der Pilot.
Kalk soll gegen säurehaltigen Waldboden helfen
Zwischen der Innenstadt und dem ehemaligen Forschungszentrum fliegen Baumm und sein Pilotenkollege täglich um die acht Stunden umher und verteilen zirka 3,2 Tonnen Kalk aus Freudenstadt pro Hektar. Täglich schafft jeder um die 70 Hektar. Um nicht ungewollt über dem Hardtwald notlanden zu müssen, tankt Baumm stündlich beim extra bereitgestellten Tanklaster voll. Um die 200 Liter Kerosin pumpt der Pilot dann in den Bauch des "Oachkatzl" und startet sogleich wieder in den Karlsruher Luftraum, um über den Baumkronen den wichtigen Kalk für den Waldboden zu entleeren.
Die Kalkung sei notwenig, um denSäuregehalt im Boden des Hardtwaldes nach und nach zu verbessern, teilte die Forstabteilung des städtischen Liegenschaftsamtes bereits Anfang Februar mit. Aufgrund des Kälteeinbruchs konnten die Arbeiten über dem Wald erst Ende des Monats in Angriff genommen werden. Bis Ende dieser Woche, eventuell Anfang der kommenden Woche, wolle man die Bodenschutzkalkung abgeschlossen haben. Dann braucht die grüne Lunge im Nordosten der Stadt erst wieder in zehn bis 15 Jahren neue Kalknahrung.