Bei einer bewegenden Trauerfeier haben Familie, Freunde und zahlreiche Repräsentanten aus Politik, Wirtschaft und Kultur Abschied von Kretz genommen. Hunderte Menschen füllten die evangelische Stadtkirche, die bis auf den letzten Platz besetzt war. Polizeiangaben zufolge waren es allein 500 Trauergäste in der Kirche. Über hundert Menschen lauschten vor dem Gotteshaus über aufgestellte Lautsprecher den Worten des Pfarrers Dieter Splinter und der anderen Redner. Der über den Marktplatz laufende Stadtbahn- und Straßenbahnverkehr war während der Trauerfeier für zirka zwei Stunden eingestellt.
"Vielleicht denkt mal jemand um - im Umgang mit Menschen"
Neben einem Freund der Familie sprach bei der Trauerfeier auch Bruchsals Oberbürgermeister und Kretz' Stellvertreter im Kreistag, Bernd Doll (CDU), zu den Anwesenden. "Ein dunkler Schatten fällt in unser aller Leben zurück. Man wünscht aufzuwachen aus einem bösen Traum, und dass die letzten Tage nie gewesen wären", leitete Pfarrer Splinter seine Predigt ein und fand anschließend teils bittere, teils aufmunternde Worte für die Anwesenden. "Gott möge dir gnädig sein, die Menschen waren es nicht", trauerte Kretz' Freund Friedrich Ewald, der auch Kritik an der Öffentlichkeit und den Medien übte: "Bei uns konnte er Claus sein."
"Wir müssen immer lernen, am Schluss müssen wir sogar sterben lernen." Marie von Ebner-Eschenbachs Diktum träfe auf Claus Kretz nicht zu, schließlich habe er keine Zeit gehabt, das Sterben zu lernen. Die Zeit sei ihm genommen worden, begann Bernd Doll seinen Nachruf auf den Verstorbenen. "Es ist mir nicht egal, was andere von mir denken", zitierte er Kretz aus einem früheren Zeitungsbericht. "War das das Motiv seines Lebens und die Tragik seines Todes?" fragte Doll. Die Antwort, die an "Politik und Medien gerichtet ist und uns aufrütteln muss", zitierte er aus einem Abschiedsbrief von Kretz: "Gewiss habe ich Fehler gemacht. Waren die alle so gnadenlos unverzeihlich? Vielleicht denkt mal jemand um - im Umgang mit Menschen."
Zerbrochen an den gegen ihn vorgebrachten Vorwürfen
Es sei zutiefst tragisch, wie das Leben eines feinsinnigen und aufrechten Menschen geendet habe, fuhr Bruchsals OB fort. Claus Kretz, den er einen "Mann der leisen Töne" nannte, habe sich um den Landkreis und die Menschen in der Region verdient gemacht. Das habe auch Neider auf den Plan gerufen. Dabei habe es, neben demokratisch legitimierter Kritik, auch Menschen gegeben, die eine "gnadenlose Hatz" auf Kretz veranstaltet hätten, so Doll weiter. "Wer in dieser Situation nicht Halt und Schutz und einen sicheren Hort hat, der muss daran zerbrechen."
Kretz hatte sich am vergangenen Dienstag das Leben genommen (ka-news berichtete). Die Staatsanwaltschaft hatte gegen den 56-Jährigen wegen Untreue ermittelt (ka-news berichtete). Durch die so genannte "Forsthaus-Affäre" war Kretz unter politischen Druck geraten. Er hatte eingeräumt, politische Fehler begangen zu haben (ka-news berichtete). In seinen Abschiedsbriefen gab er die gegen ihn vorgebrachten Vorwürfe als Grund für seinen Selbstmord an.