"Da fühlt man sich doch veräppelt, wenn die Stadt nach 13 Jahren kommt und so was fordert" sagt Reiner Ebert am 22. März im Gespräch mit ka-news.de.
Er hatte am 11. März ein Schreiben des Bauordnungsamtes im Briefkasten, in dem er dazu aufgefordert wurde, seinen zweiten Stellplatz, vor seinem Reihenendhaus in der Otto-Bartning-Straße abzureißen.
Nach 13 Jahren soll nun abgerissen werden
Im Jahr 2013 hatte Ebert sein Reihenendhäuschen gekauft. Damals entstand auf dem Gelände der ehemaligen Kaserne eine komplett neue Nachbarschaft. Der frischgebackene Hauseigentümer freute sich über sein Haus mit Garage, dennoch schien die Parksituation für den Anwohner knifflig.

Also fragte er beim Bauträger nach, ob nicht auch ein zweiter Stellplatz möglich wäre. Eine Bitte die dem Käufer gerne erfüllt wurde. Sowohl Garage als auch Stellplatz, seien im sogenannten "Kenntnisgabeverfahren" der Stadt gemeldet worden, das soll zumindest der damalige Bauträger zu Reiner Ebert gesagt haben.
ka-news.de hat den Anwohner am 27. März vor Ort getroffen und über die aktuelle Situation befragt.

Jetzt will die Stadt seinem sorglosen Parkalltag einen Riegel vorschieben. Das Amt fordert Reiner Ebert in einem Schreiben auf:
"Da wir keine Möglichkeit sehen, anderweitig rechtmäßige Zustände zu schaffen, sehen wir uns gehalten, Ihnen gegenüber den Rückbau der versiegelten Flächen anzuordnen".
Stadt kämpft schon seit 2023 um mehr Grün in Vorgärten
Nicht der erste Eingriff der Stadt in die Karlsruher Vorgärten: Bereits seit Mai 2023 geht das Karlsruher Bauordnungsamt gegen sogenannte "Schottergärten" vor. Auch hier handelte die städtische Behörde mit einem deutlichen Verzug.

Die kieslastigen Gärten wurden bereits im Jahr 2020 von der Landesregierung verboten. Das Karlsruher Bauordnungsamt setzte diese Regel erst 2023 um. Schottergärtenbesitzer mehrerer Stadtteile wurden aufgefordert, zurückzubauen.
Schreiben der Stadt erreicht 90 weitere Betroffene
Der Hauseigentümer zeigt sich besorgt über die Forderungen der Stadt:
"Hier Arbeiten in den meisten Häusern beide Personen und müssen irgendwie zur Arbeit kommen und sind auf ein Auto angewiesen. Die Stadt soll doch froh sein, dass wir auf unserem eigenen Grund und Boden parken und nicht die Straßen verstopfen".

Doch nicht nur Reiner Ebert wurde von der Stadt angeschrieben: Viele seiner Nachbarn haben ähnliche Schreiben in Ihren Briefkästen gefunden. Sie haben eine WhatsApp Gruppe gegründet, die bis zum 28. März beinahe 90 Mitglieder hatte.
Stadt untersagt das Parken im Vorgarten
ka-news.de stellte am 22. März eine Anfrage an die zuständige Stelle der Stadt Karlsruhe und wollte wissen, wie sich das Amt zu den Bedenken der Anwohner positioniert.
Nach Auffassung der Stadt, widerspreche die Vorgartengestaltung der Hausbesitzer klar dem Bebauungsplan für Knielingen.

Die Vorgärten der Hauseigentümer verhindere, nach Auffassung des Amtes, dass anfallendes Regenwasser ausreichend versickern könne. Ebenfalls wurde mangelnde Begrünung der Nachbarschaft festgestellt. Pflaster und Schotter lassen keinen Platz für Flora und Fauna und sind somit unzulässig. Die Eigentümer haben nun einen Monat Zeit sich zu den Vorwürfen zu äußern oder der amtlichen Anforderung nachzukommen. Betonte ein Sprecher der Stadt auf Anfrage von ka-news.de am 27. März.
Wieso meldet sich die Stadt erst nach 13 Jahren?
Auf eine Frage von ka-news.de, warum nach fast 13- Jahren Nutzung, jetzt Stellplätze abgerissen werden müssten, antwortet die Stadt folgendes:

"Im Rahmen des Klimaschutzkonzeptes der Stadt Karlsruhe haben wir als Bauordnungsamt seit 2022 den Auftrag, verstärkt die Einhaltung zu überwachen und rechtmäßige Zustände wiederherzustellen. Unter Beachtung des verfassungsrechtlich verankerten Gleichheitsgrundsatzes müssen wir systematisch nach einem Konzept vorgehen. Unser Konzept sieht daher vor, dass die Prüfungen in den Plangebieten gebietsweise sowie räumlich und sachlich begrenzt auf Flächen mit besonderen Begrünungspflichten erfolgen."
Anwohner sollen öffentliche Parkplätze nutzen, statt eigene im Vorgarten
Das Bauordnungsamt teilt ka-news.de auf eine Anfrage mit, dass in Knielingen nur ein Stellplatz pro Haushalt notwendig sei. Alle weiteren Stellplätze seien nur zulässige, wenn sie dem geltenden Bebauungsplan entsprechen würden. Dies sei hier aber nicht der Fall. Somit müssen die Anwohner ihre zusätzlichen Stellplätze abreißen.

Auf die Frage von ka-news.de ob die Stadt einen Plan hätte, mit dem von den Anwohnern befürchteten Park-Chaos umzugehen, antwortete ein Sprecher der Stadt folgendes:
"Wenn weiter Parkplätze von den Anwohnern benötigt werden, können diese ja das öffentliche Parkangebot nutzen oder weiter Flächen anmieten".
Widerstand gegen die städtischen Forderungen verbindet:
Der Knielinger Plausch am Gartenzaun kennt zumindest nur noch ein Thema: Aktuell wird diskutiert, einen Interessensverein zu gründen um effektiver mit der Stadt kommunizieren zu können.

Die Briefchen des Bauordnungsamtes beschäftigen wohl das gesamte Stadtviertel. So erklärt ein betroffener Anwohner, der einen Fahrradstellplatz abreißen soll: "Wir wollen auch nicht eine einfache Sachbearbeiterin mit unserem Unmut fluten, die nur ihren Job macht. Ich bin auch bereit mich vor das Büro der zuständigen Behördenchefs zu setzen, bis sich einer von denen unsere Sorgen anhört."
Aktualisierung, 4. April: "Fahrradstadt" Karlsruhe Fordert den Rückbau von Fahrradstellplätzen
Betroffen von den Forderungen des Bauordnungsamtes sind nicht nur Stellplätze für Autos. Auch Fahrradstellplätze wurden in Knielingen fleißig abgemahnt. ka-news.de erreichte am 2. April ein Leserbrief von Steffen V., der ebenfalls in Knielingen ein Haus besitzt und jetzt seinen Fahrradstellplatz abreißen soll.
"Ich fühle mich auch veräppelt, dass das Bauordnungsamt Karlsruhe nun den Rückbau von Fahrradabstellanlagen fordert, obwohl diese -laut Versprechen des Oberbürgermeisters - längst hätten zulässig sein sollen."

Steffen leitet dieses "Versprechen" des Oberbürgermeister auf eine Absichtserklärung der Stadt ab, die am 17. September 2020 getroffen wurde. In ihr verkündete die Stadt, dass es zukünftig erleichtert werden soll Fahrradstellplätze im Stadtgebiet zu errichten. Hierfür solle der Bebauungsplan der Fächerstadt ergänzt werden. Bis Heute ist dieses Vorhaben jedoch nicht von der Stadt umgesetzt worden.
ka-news,de hat am 2. April eine Anfrage an die Stadt gestellt. Wir wollten wissen, warum der Bebauungsplan noch nicht abgeändert wurde und weshalb Bürger nun aufgefordert werden, ihre Fahrradstellplätze abzureißen, obwohl die Stadt selbst den Ausbau solcher Anlagen gerne fördern würde.
Aktualisierung 11. April: Stadt verschläft - Darum müssen nun die Stellplätze weichen
Ein Sprecher der Stadt erklärt nun auf Anfrage von ka-news.de, warum die Stadt noch nicht dazu kam die die Bebauungspläne abzuändern:
"Zur Erstellung einer solchen Satzung sind umfassende Analysen der bereits bestehenden Bebauungspläne und/oder Satzungen in Karlsruhe notwendig." Dies stelle laut dem Sprecher, einen erheblichen Aufwand dar. Außerdem erklärt die Stadt: "Die Arbeit an der 'Satzung zur Zulässigkeit von Fahrradabstellanlagen' wird fortgesetzt werden, sobald politisch höher priorisierter Projekte abgeschlossen werden konnten".
Die Stadt beruft sich bei Ihren Forderungen somit noch auf den aktuell geltenden Bebauungsplan im betroffenen Bereich und wird an ihrer Forderung nach Rückbau auch von Fahrradstellplätzen festhalten.