B.1.1.7, englische Variante oder Variant of Concern (VOC). Inzwischen ist das ursprüngliche Corona-Virus fast vollständig aus Karlsruhe durch die Mutation verdrängt worden. Waren vergangene Woche noch zirka 70 Prozent aller Neuinfektionen auf den neuen Virusstamm zurückzuführen, so sind es mittlerweile fast 100 Prozent.

Das hat folgenden Grund: Im Vergleich zum "Urtyp" fällt die englische Variante vor allem durch eine deutlich höhere Infektiosität ins Gewicht. Daraus ergibt sich folgendes Problem: Auch die jüngeren Generationen erkranken zunehmend an Covid-19, weshalb das Klinikum von einer "Verschiebung innerhalb des Patientenkollektivs" spricht.

Das heißt: Die vulnerablen Personengruppen, zu denen speziell die über 70- bis 80-Jährigen gezählt werden, erkranken inzwischen seltener an Covid-19 als die unter 70-Jährigen. Diese seien prozentual von 44 auf 58 Prozent angestiegen. Der Anteil der über 70-Jährigen habe sich hingegen auf 42 Prozent reduziert (Stand: Freitag, 22. März).
Variante 40 bis 50 Prozent ansteckender
"Wir sehen hier einen Effekt der Impfstrategie, die ja besagt, dass die über 80-jährigen Menschen zuerst geimpft werden sollen", erklärt Klinikdirektor Martin Bentz auf Anfrage von ka-news.de. "Wir haben da eine Auswertung von den Patienten vorgenommen, die wir wegen Covid behandelt haben und da konnte man erkennen, dass die vulnerablen Gruppen im Januar noch dominierend erkrankt waren."

Dies habe sich seit Februar geändert. Die Erkrankung konzentriere sich nun auf eine andere Altersgruppe. Inzwischen seien rund 60 Prozent aller Covid-Patienten unter 70 Jahre alt, führt der Klinikdirektor gegenüber ka-news.de weiter aus.
Doch Bentz sieht den Grund für diese Verschiebungen auch in der Kürze der Infektionswege. Waren es zuvor die Pflegeheime, die zu Ausbrüchen neigten, seien nun der fehlende Abstand innerhalb der Betriebe und bei privaten Treffen für den Anstieg der Fallzahlen mitverantwortlich.

"Die Variante ist einfach infektiöser. Das heißt, das Risiko, sich bei einem Kontakt mit dem mutierten Virus anzustecken ist 40 bis 50 Prozent höher als beim Urtyp", erklärt Bentz. Das heißt: Kontakte die bis vor drei Monaten weniger bedenklich waren, können jetzt zu einer Infektion führen.
Dies bestätigt auch Michael Geißler, Geschäftsführer des Städtischen Klinikums. Seiner Ansicht nach sei die B117-Mutation nicht nur "aggressiver und infektiöser", sondern könne auch schwerwiegendere Krankheitsverläufe verursachen - im aktuellen Bericht des Robert-Koch-Instituts wird dies ebenfalls zur Sprache gebracht.
Draußen treffen ist kein Sicherheitskriterium
Zu diesen "weniger bedenklichen" Kontakten wird oftmals auch das Treffen im Außenbereich mitgezählt. Das Problem: Die Mindestabstände werden oft nicht eingehalten, was wiederum zur leichteren Übertragung des Virus führt.

Besonders bei jüngeren Menschen seien diese Zusammenkünfte - zum Beispiel in Parks - zu beobachten. Darüber berichteten das Gesundheitsamt und der Oberbürgermeister Frank Mentrup bereits in den vergangenen Pressekonferenzen.
"Beim Urtyp waren die Kontakte im Freien - wie beim Gemeinschaftssport - unproblematischer. Bei der infektiöseren Variante kann es gut sein, dass das schon für eine Infektion ausreicht", so Bentz weiter. Folglich können derlei Zusammenkünfte auch für die Verlagerung der Altersgruppen mitverantwortlich sein.

Mit zunehmenden Todesfällen sei in diesem Zusammenhang nicht zu rechnen, da "jüngere Menschen eine höhere Resistenz haben, eine Intensivbehandlung zu überleben", führt Geißler fort. Dennoch seien genügend Abstand halten und Kontaktreduzierung das wirksamste Mittel im Kampf gegen das Virus.