Laut einer Statistik des Robert-Koch-Instituts wir die Zahl der HIV-Infizierten in ganz Deutschland 2012 auf etwa 78.000 geschätzt. Derzeit pflegt die Aids-Hilfe Karlsruhe 300 bis 500 Beratungskontakte aus dem Großraum Karlsruhe. Diese Zahlen verraten: Aids ist ein sensibles Thema, das keineswegs tot geschwiegen werden sollte.
Bei einem Pressegespräch erzählten Claudia Kramer und Petra Axamit über ihren Alltag als Mitarbeiter bei der Aids-Hilfe Karlsruhe. Seit zwei Jahren bietet das Forum jeden Monat einen "Schnelltest-Abend" für alle, die sich entweder in der Atmosphäre des Gesundheitsamtes nicht wohlfühlen oder schnell Gewissheit haben wollen. Ein solcher Schnelltest ist zwölf Wochen nach dem letzten Sexualkontakt anwendbar und liefert schon eine halbe Stunde später ein Ergebnis, das zumindest Informationen über ein vorhandenes gesundheitliches Risiko durch Anti-Körper liefert. Ein Bestätigungstest muss danach noch Sicherheit bringen. "Der Schnelltest erinnert vom Aussehen an einen Schwangerschaftstest", erläutert Claudia Kramer. Die Nachfrage nach dem Test sei in den letzten Monaten immer weiter gestiegen.
"Ich oute mich nicht, weil ich Angst habe gekündigt zu werden"
Nach Angabe der Mitarbeiter seien die Zahlen, die Aufschluss über die Neu-Infizierungen in Deutschland geben, weitgehend stabil. Nur ein kleiner Anstieg sei zu verzeichnen. Dies sei ein Zeichen dafür, dass die HIV-Prävention in der Bundesrepublik Erfolg habe. Doch trotz alledem blieben Vorurteile gegen Aids-Erkrankte und negative Eindrücke in den Köpfen vieler Bürger.
Überdurchschnittlich stark von dem Virus betroffen sind Männer - meist Bi- oder Homosexuelle. Aber auch Frauen können sich genau wie Männer durch ungeschützten Geschlechtsverkehr anstecken. Auch wenn Plakatkampagnen suggerieren, dass viele Infizierte gut mit ihrem Schicksal leben und "mitten im Leben" stehen, outen sich noch immer die wenigsten. Den Satz "Ich oute mich nicht, weil ich Angst habe, dass ich gekündigt werde" hören die Sozialarbeiter der Aids-Hilfe regelmäßig. Obwohl der Arbeitgeber rechtlich gesehen beim Vorstellungsgespräch nicht nach der Krankheitsgeschichte des Bewerbers fragen darf, schweben die Angst vor schiefen Blicken und der Druck, sich öffnen zu müssen, stets im Raum.
"Kann man beim Knutschen Aids bekommen?"
"Im psychosozialen Teil der Erkrankung liegt trotz medizinischen Fortschritts noch viel im Argen", erklärt Petra Axamit. Der Großteil ihrer Klienten habe nach dem Outing Schwierigkeiten im sozialen Umfeld, wenn sich beispielsweise Freunde und Familie abwenden. Diese Diskriminierung sei der Grund dafür, dass bislang wenige Menschen ihre Erkrankung öffentlich machen.
Auch mit Infektionsängsten kommen die Mitarbeiter immer wieder in Berührung: Sie hören Fragen wie "Kann man sich auf einer öffentlichen Toilette infizieren?" oder "Kann ich beim Knutschen Aids bekommen?" - hier sei Aufklärungsarbeit gefragt. Besonders Schulen nehmen dieses Angebot regelmäßig an. "Uns ist wichtig, dass das Thema nicht einfach abgehandelt wird wie jedes andere", betont Sozialarbeiterin Claudia Kramer. Sie erlebe oft, dass Kinder und Jugendliche besonders offen mit dem Thema umzugehen scheinen.
Auch am Welt-Aids-Tag sieht man vor allem junge Leute, die sich mit roter Schleife am Mantel tolerant zeigen wollen. "Doch wofür genau dieses Symbol steht, welche Gefahren die Krankheit mit sich bringt oder wie es den Betroffenen geht, wissen viele nicht", so Kramer weiter. Genau deshalb gelte es in Zukunft noch viele offene Fragen zu beantworten und Aufklärung zu betreiben.
Am Sonntag, 2. Dezember, findet eine Benefiz-Kunstauktion zugunsten der Aids-Hilfe im Schloss Karlsruhe statt.
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