Für Murat Peker und seine Familie sei der Gang über die Straße immer wieder abenteuerlich - und das keineswegs in einem erfreulichen Sinn. Seit er 2018 in die Eggensteiner Straße in Knielingen gezogen ist, bereite die dortige Verkehrssituation dem Familienvater Kopfzerbrechen. Und manch anderem Anwohner schlaflose Nächte. "Vor vier Jahren sind wir in die neugebauten Häuserzeilen eingezogen. Damit gibt es auch keine Probleme", sagt er.

Wohl aber mit der Straße selbst, die nicht nur für Fußgänger unzureichend ausgebaut sei, sondern auch eine wichtige Querverbindung für die Pendler aus der Pfalz: "Die Straße führt direkt an den Häusern vorbei, sie ist eng, hat keine Markierungen und ist eigentlich eine Tempo-30-Zone. Allerdings halten sich die Pendler kaum daran, zu den Stoßzeiten brettern die Autofahrer ungehindert über die Eggensteiner Straße", so Peker.

Dadurch leide die Wohnqualität schon alleine durch die Lärmbelästigung. "Morgens zwischen sechs und sieben, während der Berufsverkehr unten vorbeirauscht machen diejenigen, deren Schlafzimmer an der Straße liegt, kein Auge zu. Das ist aber überhaupt nicht das Hauptproblem", erklärt er.
Freie Fahrt - und keine Gehsteige
Es sei wie so oft die Sicherheit, die Peker und viele andere Ansässige am meisten umtreibe - insbesondere die der Kinder. Aus diesem Grund möchte Peker gemeinsam mit seinem Nachbarn Dominic Jacob aufzeigen, was genau die Straße so gefährlich mache. "Zunächst einmal gibt es keine Gehsteige auf unserer Seite der Eggensteiner Straße", erklärt Jacob in diesem Zusammenhang.

"An der Stelle, wo ein Gehsteig sein sollte, ist eine Wiese, die direkt an die Fahrbahn angrenzt", so Jacob. "Das ist also der einzige Ausgangspunkt, von dem aus wir auf die andere Straßenseite gelangen. Hier beginnt das erste Problem. Auf der Gegenseite sind die Gehsteige eigentlich immer zugeparkt, sodass man bei rauschendem Verkehr über die Straße hechten und dann eine Lücke zwischen den geparkten Autos finden muss, während neue Autos vorbeischießen", sagt er weiter.

"Früher haben die Autos auch auf der Wiese geparkt, aber da hat die Stadt mittlerweile aus Verzweiflung heraus Baumstämme aufgestellt", meint Jacob außerdem.

Besonders viel Nutzen bringe das nach Ansicht der beiden Anwohner für die Sicherheit der Fußgänger aber nicht. "Schön, dass die Wiese geschont wird, aber das löst das Problem nicht, dass wir kaum über die Straße kommen. Es gibt nämlich noch weitere Faktoren, die uns diese so alltäglich erscheinende Aktivität erschweren", so Peker.
"Bei Regen kommt man gar nicht über die Straße"
Zur Häuserfront hin, die Peker und Jacob bewohnen, ist die Straße nämlich leicht abfallend. "Das bedeutet, dass sich das Regenwasser auf unserer Seite sammelt. Wegen der dortigen Baumwurzeln kann es aber nicht anständig versickern und hinterlässt knietiefe Pfützen", erklärt Peker. "Wenn es also regnet, kommt man fast gar nicht mehr rüber und wenn doch, muss man durch Schlamm und Wasser waten und dann an zu schnellem Pendlerverkehr vorbei."

Als Alternative, um die Eggensteiner Straße entlangzulaufen, ohne die Wiese zu überqueren, bleiben nur die gepflasterten Wege, die an den Häusern entlang führen. "Die ersetzen aber keine Gehwege, immerhin sind sie ja auch nicht mit der Straße verbunden, sondern - im Gegenteil - durch eine Mauer davon abgegrenzt", erklärt Peker.

"Und bei diesen Bedingungen soll meine Tochter in den Kinderhort die Straße hinunter kommen - meistens nachmittags, wenn der Feierabendverkehr beginnt. Mittlerweile sehe sich zu, dass ich sie nicht alleine über die Straße gehen lasse. Ich zeige Ihnen im Detail wieso", erklärt Peker weiter.
Autos fahren merklich zu schnell
Gegen 16.15 Uhr führt Peker nun also den Weg in den Schülerhort Am Brurain vor. Was sofort auffällt: Tatsächlich fahren viele Autos vorbei und die meisten überschreiten die vorgeschriebenen 30 Stundenkilometer merklich. Langsam gefahren wird nur, wenn sich zwei Vehikel auf dieser doch engen und zugeparkten aneinander vorbeidrängeln.

"Versuchsweise haben einige Nachbarn mal Geld zusammengelegt und ein paar orangene Männchen für die Straße gekauft, die die Autofahrer auf die Kinder aufmerksam machen sollen - wir wollten sie damit animieren, rücksichtsvoller zu fahren", so Peker.

Sieben solcher Männchen haben die Anwohner vor einem knappen Jahr aufgestellt. "Davon hat exakt einer überlebt", sagt Pekers. "Der Rest wurde von unvorsichtigen oder rücksichtslosen Autofahrern kaputt gefahren."

Gibt es also keine Möglichkeit, die Straße sicher zu überqueren? Nicht einmal einen Zebrastreifen? "Oh doch, den gibt es", beantwortet Jacob die Frage. "Leider beginnt da das nächste Problem."
"Der Zebrastreifen ist unerreichbar"
Besagter Zebrastreifen befinde sich nämlich hinter der Kreuzung zur Pionierstraße. Man müsste dorthin also eine weitere Straße überqueren. "Das wäre ja auch überhaupt nicht schlimm, doch leider enden jedwede Fußgängerwege vor dem Übergang über den Pionierweg", sagt Jacob. "Unmittelbar vor dem Übergang befinden sich Parkplätze, die nur wenig Raum für Fußgänger lassen, falls sie nicht auf der Straße gehen wollen."

Nun sei es eine Sache, einen Erwachsenen an den Autos vorbei, über den Pionierweg und zum Zebrastreifen hinzuschicken. "Für ein Kind ist der Zebrastreifen so aber fast unerreichbar. Der nutzt ihm also auch nichts, um sicher über die Straße zu kommen", meint Jacob. Um die Straße sicher zu überqueren, bleibe also kaum eine andere Möglichkeit, als Lücken im Verkehrsfluss abzuwarten. Augen auf und durch, lautet die Devise.
"Wir wünschen uns eine Übergangslösung"
Ist die Straße einmal überquert, ist der Schülerhort Am Brurain gefahrlos und bequem zu erreichen. Peker begrüßt sogar einige seiner Nachbarn auf dem Weg dorthin - ebenfalls Eltern. "Die Neubauten in der Eggensteiner Straße sind natürlich sehr attraktiv für junge Familien. Entsprechend schicken viele Anwohner ihre Kinder hier in den Hort - und fast alle beklagen dasselbe Problem", sagt er, während er seine Tochter abholt.

Genau genommen habe dieses Problem einige Nachbarn schon 2019 bewogen, sich zu einem Verwaltungsbeirat zusammenzuschließen und die Stadt Karlsruhe um eine Lösung zu bitten. "Wir haben eine Antwort von Baubürgermeister Fluhrer erhalten, der meinte, dass ein ordentlicher Gehweg 2024 thematisiert wird", so Peker. "Und das verstehen wir. Bauprojekte brauchen ihre Zeit. Aber wir würden uns wenigstens eine Übergangslösung wünschen."
Stadt bestätigt die Informationen
Die Stadt selbst bestätigt diese Aussage auf Nachfrage von ka-news.de: "Uns ist die beschriebene Problematik bekannt. Als Lösung sollen ein neuer Bordstein und Straßeneinläufe mit Anschluss an den Kanal eingebaut werden", erklärt eine Sprecherin.

"In diesem Zuge soll auch die Eggensteiner Straße neu gestaltet werden. Die gewählte Variante wird danach für den nächsten Doppelhaushalt 2024 / 2025 angemeldet und kann, sofern die Gelder dafür bereitgestellt werden, ab 2024 zur Umsetzung kommen", sagt wie außerdem. Doch wie steht es um sonstige Übergangslösungen?
Kein Zebrastreifen ohne Bürgersteig
"Ein Zebrastreifen, eine temporäre Ampel oder ähnliche Lösung. Etwas, das den Kindern mehr Sicherheit bietet - den Erwachsenen natürlich auch. Ich verstehe nicht, warum die Stadt es nicht schafft, solche Maßnahmen zu ergreifen", so Peker. Auch das erfragt ka-news.de bei der Stadtverwaltung.

"Voraussetzung für die Einrichtung einer Querungsstelle in Form einer Ampel oder eines Fußgängerüberwegs ist, dass sich auf beiden Straßenseiten angelegte Gehwege befinden. Da sich auf der Ostseite der Eggensteiner Straße im fraglichen Abschnitt kein Gehweg befindet, ist eine Führung des Fußverkehrs dorthin nicht möglich. Im Rahmen der oben genannten Planungen werden auch geeignete Querungen für den Fußverkehr berücksichtigt", erklärt die Sprecherin.
"Natürlich gibt es hier viele Kinder"
Ohne zweiten Gehsteig also keine Übergangslösung, doch mit dem Gehsteig sei eine Übergangslösung nicht mehr unbedingt nötig. An dieser Stelle beißt sich das Problem also in den eigenen Schwanz.
Nach Aussagen der Stadt sei auch die Geschwindigkeit der Fahrer in Summe nicht unzulässig: "Es finden dort auch regelmäßig Geschwindigkeitsmessungen statt. Die Ergebnisse sind vollkommen unauffällig. Es liegen keine gravierenden Geschwindigkeitsüberschreitungen vor."

Aussagen wie diese zeigten bei den Anwohnern der Eggensteiner Straße aber schon zuvor nur wenig Überzeugungskraft. "Diese Angaben kann ich nicht bestätigen", sagt Peker. "Natürlich haben wir Notiz von den Radarfallen genommen. Das waren riesige, fast unübersehbare Kästen. Da kann ich mir vorstellen, dass die Stadt kaum erhöhte Geschwindigkeitswerte aufgenommen hat."
Viel tiefgreifender als nicht übereinstimmende Messwerte sei eine mangelnde Planung, die Peker und Jacob bei der Eggensteiner Straße sehen. "Natürlich gibt es hier viele Kinder, es sollte ja attraktiv für junge Familien sein. Und dass es hier auch plötzlich sehr viel mehr Kinder gibt, hat auch jeder begriffen, außer der Stadt", sagt Jacob. "Die Stadt hat Familien hierhergeholt und bietet jetzt nicht die Infrastruktur, mit ihnen umzugehen."
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