Seit Jahren plädieren Umweltschützer für einen behutsamen Umgang mit Abfällen. Dennoch sammeln sich weiterhin Müllberge an. Um dem Problem aus dem Weg zu gehen, landen die Abfälle in Verbrennungsanlagen oder im Meer. So wird der Klimawandel verstärkt und Plastik gelangt in die Mägen von Meerestieren. Im Großen und Ganzen lässt sich sagen: Müll zerstört nach und nach die Natur.
Trotz der bekannten Auswirkungen auf die Umwelt scheinen viele Menschen nichts an ihrem Verhalten ändern zu wollen. Stattdessen verschreiben sie sich dem Motto "Leben im Wegwerfmodus". Wie schlagen sich die Karlsruher beim Thema Abfall?
Jeder Karlsruher produziert jährlich 262 Kilogramm Müll
Insgesamt wurden im Jahr 2017 262 Kilogramm Hausmüll pro Karlsruher erfasst, teilt das Amt für Abfallwirtschaft (AfA) auf Nachfrage von ka-news mit. Darin sind lediglich Restmüll (116 Kilogramm) und Wertstoffe (146 Kilogramm) enthalten. Zu Restmüll zählen stark verschmutzte Wertstoffe, benutzte Hygieneartikel und Geschirr. Wertstoffe sind in verschiedene Arten aufgeteilt:
Wertstoffart | Gewicht |
Pappe/ Papier | 68 Kilogramm |
Glas | 26 Kilogramm |
Leichtverpackungen | 26 Kilogramm |
Kunststoffe | 14,5 Kilogramm |
Metalle | 6,6 Kilogramm |
Elektrogeräte | 5,3 Kilogramm |
Zum Vergleich: In Stuttgart war das Müllaufkommen mit 278 Kilogramm ähnlich hoch. Die Freiburger dagegen erreichten mit 122 Kilogramm pro Einwohner deutlich weniger als die Hälfte an Müllaufkommen. Dies kann auch an der Freiburger Abfallpolitik liegen: Hier können Bürger, die Müll vermeiden, Geld sparen.
Fokus auf gewerbliche Abfälle lenken
Neben der Betrachtung des normalen Hausmülls ist laut Horst Babenhauserheide, Vorsitzender der Bürgerinitiative Müll und Umwelt Karlsruhe, jedoch vor allem die Betrachtung der gewerblichen Abfälle wichtig. Diese würden in der baden-württembergischen Abfallbilanz 2017 "außen vor gelassen" - und das, obwohl sie rund 75 Prozent des gesamten Müllaufkommens ausmachen, kritisiert Babenhauserheide. "Das ist wenig hilfreich, um auch Industrie und Gewerbe in Sachen Abfallvermeidung und Abfallverwertung nach vorne zu bringen!"
Ein Blick in die Abfallbilanz zeigt jedoch: Gewerbliche Abfälle werden in der Auswertung durchaus berücksichtigt - allerdings mit schlechten Ergebnissen. So soll sich die Menge der Gewerbeabfälle im vergangenen Jahr landesweit auf rund 200.000 Tonnen belaufen haben. Allein mehr als 158.000 Tonnen davon wurden in Müllverbrennungsanlagen (MVA) verbrannt, nur rund 11.000 Tonnen wurden recycelt.
Biokunststoffbeutel stören die Verwertung
Auch bei der Mülltrennung läuft in der Fächerstadt nicht alles rund. Das AfA äußert hier Kritik am Verhalten einiger Bürger.
Besonders Bioabfälle können oft nicht verwertet werden, wenn sich Kunststoff im Kompost findet. Plastik störe die Verwertung der Abfälle in der Vergärungsanlage. "Vielfach ist auch nicht bekannt, dass die sogenannten 'Kompostierbaren Biokunststoffbeutel' in Karlsruhe nicht verwendet werden dürfen", erklärt das Abfallamt weiter. Auch diese stören den Verarbeitungsprozess.

Zudem sei auch viel Papier und Restmüll in den Wertstofftonnen zu finden, dabei gehören hier nur Kunststoff, Metall und Holz hinein. Papier sollte stattdessen nur in der Papiertonne, die seit 2015 eingesetzt wird, landen. Stoffe in der falschen Tonne müssen mühsam aussortiert werden und sorgen für höhere Kosten. Daher fordert das AfA die Karlsruher auf, sich ihrer Verantwortung bewusst zu werden und auf eine sachgemäße Trennung zu achten.

Dennoch gibt es auch positive Nachrichten: "Grundsätzlich ist eine leichte Verbesserung der Abfalltrennung festzustellen", berichtet das Abfallamt. Die erfasste Papiermenge und die Qualität steigt. "Auch die gesammelte Menge an Bioabfällen aus der Biotonne nimmt stetig zu", führt das AfA aus.
"Aus den Augen, aus dem Sinn"
Doch nicht nur die Müllsammlung, auch die Verwertung muss von Seiten der Bürgerinitiative Kritik einstecken, denn: Die Fächerstadt besitzt keine eigene Müllverbrennungsanlage. Die Folge: Die Entsorgung entfällt auf andere Städte. So muss der Biomüll nach Flörsheim-Wicker in Hessen transportiert werden, der Restmüll in die MVA nach Mannheim und die Plastikabfälle ins Zementwerk nach Wössingen. Horst Babenhauserheide beschreibt die Karlsruher Abfallpolitik mit dem Sprichwort "Aus den Augen, aus dem Sinn".
"Moderne Müllverbrennungsanlagen müssen hohen technischen Anforderungen genügen und ihr Bau erfordert große Investitionen", begründet das AfA das Fehlen einer solchen Anlage in Karlsruhe. Deshalb müssen die Abfälle in andere Städte gebracht werden.
Verantwortlich handeln
Insbesondere die Wertstoffverwertung ist Babenhauserheide dabei ein Dorn im Auge: "Die Plastikabfälle werden überhaupt nicht recycelt, sondern einfach im Zementwerk in Wössingen verbrannt, von stofflicher Verwertung kann keine Rede sein", ärgert er sich. Lediglich Wertstoffe wie Metall und Glas werden laut der Bürgerinitiative recycelt. Oftmals seien die Stoffe aber nicht so sortiert, dass sie verwertet werden können. Laut dem AfA gibt es auch keine festgelegte Recyclingquote.

Deswegen fordert Babenhauserheide die Stadtverwaltung und die Kommunalpolitiker auf, verantwortlich zu handeln. Verschiedene Initiativen zur Abfallvermeidung und zum Recycling sollten laut der Bürgerinitiative nun gestartet werden. Zudem sei eine klare Quote zur stofflichen Verwertung, also dem Recycling, mit den Abfallentsorgungsfirmen erforderlich.
Die Stadt Karlsruhe allerdings wehrt sich gegen die Vorwürfe: Nach Aussage der Recycling-Firma Alba würden keine Kunststoffe in einfache Verbrennungsanlagen gelangen, so die Stadtverwaltung gegenüber ka-news. Die "ordnungsgemäße, schadlose und hochwertige Verwertung der Wertstoffe" sei sogar vertraglich festgelegt. "Alle sortierten Materialien werden nach Möglichkeit recycelt", erklärt die Stadt.
Allein stofflich nicht verwertbare Kunststoffe und sonstige Reststoffe würden als Ersatzbrennstoff in Kraft- und Zementwerken energetisch verwertet, sprich verbrannt.
Das muss geändert werden
"Die kommunale Abfallpolitik darf sich nicht auf's Einsammeln des Mülls beschränken", betont Host Babenhauserheide. Um die Umwelt in Zukunft zu entlasten, müsse vor allem an der Müllvermeidung gearbeitet werden.
Doch auch die Bürger können an ihrem Verhalten arbeiten. Weniger wegwerfen und stärker auf die Mülltrennung achten, lautet das Motto. Zum Beispiel sollte man beim Einkaufen darauf achten, dass nicht alles in Plastikverpackungen eingehüllt ist. Zudem können viele Dinge wiederverwertet werden und müssen nicht nach einmaligem Gebrauch in der Mülltonne landen.
Die Gemeinderatsfraktion der Karlsruher FDP hat zudem eine Anfrage in den Gemeinderat eingebracht, in dem sie die Erarbeitung eines Gesamtkonzepts für Wertstoffhöfe in Karlsruhe fordert. "Es ist notwendig, bei diesem Themengebiet die gesamte Stadt im Blick zu haben, bevor ohne Absicht ein Mülltourismus innerhalb Karlsruhes entsteht", begründen die Gemeinderäte ihre Anfrage. Wie die Stadt in ihrer Stellungnahme angibt, soll das Amt für Abfallwirtschaft nun ein solches Konzept erarbeiten, welches dann in den Gremien vorgestellt werden soll.
ka-news Hintergrund:
Karlsruhe hat vier Tonnen zur Müllentsorgung. In die Restmülltonne gehören unter anderem Geschirr, benutzte Hygieneartikel, Gummi und stark verschmutzte Wertstoffe. Holz, Kunststoffe, Metalle und Verpackungen mit dem "Grünen Punkt" kommen in die Wertstofftonne. In der Biotonne können Gemüse- und Obstabfälle, Speisereste, Kaffeefilter und Pflanzen entsorgt werden. Bücher, Zeitschriften, Papier, Pappe und Kartonagen gehören in die Papiertonne.
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