In Sachen Film hat Karlsruhe manch anderer Stadt so einiges voraus – der Award "Bambi" wurde 1955 erstmals in der Fächerstadt verliehen, seit 1998 finden jährlich die internationalen Filmfestspiele Independent Days statt und Medienhäuser wie der SWR sind hier ansässig.
"Das Potenzial von Karlsruhe als Film-Location hat über die Jahre definitiv zugenommen und wird in Zukunft auch weiter steigen", ist sich Oliver Langewitz sicher.

Experten in der Branche
Er ist geschäftsführender Vorstand des Filmboard Karlsruhe e.V. Der Verein mit Sitz im Alten Schlachthof steht nicht nur selbst seit 16 Jahren hinter eigenen Produktionen, sondern ist auch für regionale Filmkommissionen zuständig und nimmt dabei mögliche Drehorte genauer unter die Lupe.

Den Produktionsfirmen werden jedoch nicht nur die Locations vermittelt, sondern auch Personal, wie zum Beispiel Maskenbildner oder leitende Kräfte. "Der große Vorteil von uns als Ansprechpartner ist, dass wir genau Bescheid wissen, wie ein Filmdreh abläuft und den Workflow nachvollziehen können", erklärt Langewitz.
Eine kleine Reise für Film- und Serienliebhaber
Karlsruhe ist ein beliebter Ort zum Drehen – das zeigt das über die Jahre aufgebaute und stetig größer werdende Portfolio an Filmen, die in der Fächerstadt spielen. "Wir haben hierzu eine virtuelle Karte aufgebaut, die mittlerweile sehr voll ist", so Langewitz.
"Doch noch schöner ist es natürlich, die Orte den Leuten persönlich zu zeigen", ergänzt er. Daher veranstaltet der Verein zusammen mit KA Tourismus GmbH die Filmlocation Fahrradtour. Um zu zeigen, was Karlsruhe alles zu bieten hat, beginnt diese am Alten Schlachthof und zieht sich quer durch die Innenstadt."

Insgesamt gibt es zwei bis drei Touren über das Jahr verteilt, die Teilnehmerzahl erstreckt sich von mindestens drei bis maximal 15 Personen. Auf Anfrage können sich zirka ab acht Personen auch private Gruppen exklusive Termine buchen.
Bekannte Schauspieler waren bereits zu Gast in der Fächerstadt
"Aktuell dauert die Rundfahrt etwa drei Stunden", meint Langewitz. Die abgefahrene Route beinhaltet einige ausgewählte Orte, die bereits für Hollywood-Produktionen, Kinofilme und TV-Serien zum Einsatz gekommen sind.

So wurden zum Beispiel zahlreiche Szenen der bekannten Produktion "Army Go Home! (Buffalo Soldiers) im Jahr 2001 auf einem ehemaligen Kasernengelände in Knielingen oder im Tullabad gedreht.
Die Hirschbrücke funktionierte man für die Militär-Satire in eine Partymeile um und in der Kaiserpassage und dem angrenzenden Passagehof stand Eva Löbau für "Der Wald vor lauter Bäumen" vor der Kamera.

Schauspielerin Marianne Faithfull fuhr im 1968 ausgestrahlten Film "Nackt unter Leder" auf ihrem Motorrad durch die Kaiserstraße, der Festplatz hatte damals als Stadt Heidelberg hergehalten.
Dies ist keine Seltenheit – auch der Film "Die Moral der Ruth Halbfass" mit Senta Berger spielt eigentlich Frankfurt, zu sehen ist jedoch die Fächerstadt.

Der Kinofilm "Big Manni" basiert auf der wahren Begebenheit des FlowTex-Skandal unter Manfred Brenner. Natürlich wurde hier in ganz realitätsgetreuen Karlsruher Schauplätzen gedreht: Das historische Finanzgebäude am Schlossplatz oder ein Anwesen auf dem Turmberg stellten die Originalmotive.
Einige Tatorte spielen in Karlsruhe
Auf der Reise durch die Geschichte des Films sind laut Langewitz alle Altersgruppen vertreten: "Von Studis bis Pensionäre haben wir querbeet alles dabei. Was die Zielgruppe verbindet, ist die Film- und TV-Affinität." Vor allem die Kultserie "Tatort" steht im Fokus der Interessierten.
Die Fächerstadt selbst kann zwar keinen stadteigenen vorweisen, war aber immer wieder auf der Leinwand des Erfolgsformats zu sehen, wie zum Beispiel in "Miese Tricks (1985)" und "Gefährliche Wanzen (1974)" wo Hauptkommissar Eugen Lutz die Jagd nach dem Verbrechen auf sich nimmt.

In diesen Folgen kann man beispielsweise eine Ankunftsszene am Hauptbahnhof, eine Verfolgungsjagd im Auto durch Teile der Innenstadt, diverse Polizeireviere und das Gebiet um den Rhein wiedererkennen.

Und wer erst kürzlich den Stuttgarter Tatort mit den Kommissaren Bootz und Langert angeschaut hat, dem ist vielleicht das American Diner in Durlach aufgefallen.
Ein Einblick hinter die Kamera
Zusätzlich zum Ausflug versorgt Langewitz die Teilnehmer mit Details, historischen Background-Infos und Insider-Wissen aus der Branche.
"Damit eine Produktion ein Erfolg wird, muss so viel im Hintergrund passieren und im Vorfeld abgeklärt werden – das sind Sachen, über die man vielleicht nicht unbedingt nachdenkt, wenn man sich einen Film einfach nur anschaut", erklärt Langewitz.

Worauf Produzenten besonders bei der Auswahl ihrer Drehorte achten, könne man so nicht pauschal sagen, meint Langewitz. "Je nach Vorstellungen des Regisseurs und des Drehbuches verlangt jeder Film etwas anderes."
Karlsruhe ist zwar nicht Berlin oder Hamburg, doch man kann hier alles Mögliche finden und passend in Szene setzen – von klassischer Architektur in der Innenstadt bis zu den Plattenbauten in Neureut, Industriegebieten oder purer Natur - die Stadt kann mit ihrer Vielfalt bei der Branche sehr gut punkten.
Karlsruhe als Filmkulisse zum Nachschlagen
Im Buch "Karlsruhe als Filmkulisse", das 2022 in der zweiten Auflage erschienen ist, stellt Langewitz zusammen mit Schauspielerin und Regisseurin Nadine Knobloch in chronologischer Reihenfolge zum Teil in Karlsruhe entstandenen Produktionen vor – ab den Fünfzigerjahren bis in die heutige Zeit.

Die nächste Filmlocation-Fahrradtour findet bei gutem Wetter am 30. September um 15 Uhr statt, der Treffpunkt befindet sich am Filmhaus, Alter Schlachthof 17c. Tickets gibt es für 25 Euro, Teilnahme ab 12 Jahren.
Alle Informationen unter http://karlsruhe-erleben.de