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Karlsruhe: Karlsruhe Südstadt soll Milieuschutz bekommen: Segen für die Anwohner, Fluch und "Bürokratiemonster" für die Stadt?

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Karlsruhe Südstadt soll Milieuschutz bekommen: Segen für die Anwohner, Fluch und "Bürokratiemonster" für die Stadt?

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    Karlsruhe Südstadt soll Milieuschutz bekommen: Segen für die Anwohner, Fluch und "Bürokratiemonster" für die Stadt?
    Karlsruhe Südstadt soll Milieuschutz bekommen: Segen für die Anwohner, Fluch und "Bürokratiemonster" für die Stadt? Foto: Paul Needham

    Weniger hochmoderne Gebäude, kein Schnickschnack, dafür mehr Kultur und Nostalgie. Die Südstadt, gerne auch Karlsruher Kiez genannt, gilt als der wohl bunteste Stadtteil in Karlsruhe. Aber eben auch als einer der miet-günstigsten. Damit das so bleibt, haben die Bürger auf einen sogenannten Milieuschutz gepocht. Nun sind sie am Ziel.

    Panorama über die Südstadt, Baumeisterstraße Ecke Ettlinger Str.
    Panorama über die Südstadt, Baumeisterstraße Ecke Ettlinger Str. Foto: Carmele/TMC-Fotografie

    Im Jahr 2022 ist es soweit. Der Gemeinderat stimmt mehrheitlich der sozialen Erhaltungssatzung "alte Südstadt" zu, nachdem im Vorfeld diverse Untersuchungen und Umfragen in der Bevölkerung stattgefunden haben. 

    Die Satzung beinhaltet folgende Erhaltungsziele:

    • Sozialverträgliche Umsetzung von Modernisierungsvorhaben von Wohnraum im Rahmen der bauordnungsrechtlichen und energetischen Mindestanforderungen unter Wahrung der Anforderungen an die Herstellung eines zeitgemäßen Ausstattungsstandards.
    • Erhalt der gegenwärtigen Struktur des Wohnraumangebots, um existierende Wohnformen und Haushaltsstrukturen zu sichern, durch Versagung von baulichen Änderungen wie Wohnungsteilungen, Wohnungszusammenlegungen und Grundrissänderungen, Nutzungsänderungen von Wohnen in andere Nutzungsarten sowie Untersagung des Rückbaus von Wohngebäuden.
    • Erhalt des Mietwohnungsangebots durch Reglementierung von Umwandlungen von Miet- in Eigentumswohnungen oder Zweckentfremdung von Wohnraum.
    • Erhalt der auf die Bewohner des Gebiets "Alte Südstadt“ abgestimmten (sozialen) Infrastruktur.

    Mehr bürokratischer Aufwand vorprogrammiert?

    Allerdings gibt es unter den Fraktionen einige Bedenken. Natürlich soll der Verdrängungsprozess gestoppt werden, aber mit dem Inkrafttreten der Satzung würde wiederum ein anderes Problem auftreten: Ein bürokratisches, um genau zu sein.

    Ihr Beruf hält vielfältige Aufgaben bereit: Als Anlagenmechanikerin SHK kümmert sich Madita Brauer zum Beispiel auch um die Armaturen in Badezimmern.
    Ihr Beruf hält vielfältige Aufgaben bereit: Als Anlagenmechanikerin SHK kümmert sich Madita Brauer zum Beispiel auch um die Armaturen in Badezimmern. Foto: Kirsten Neumann/dpa-tmn

    Denn: Künftige Änderungen in den Wohnungen - Sanierungen und so weiter -  müssten haargenau zusammengefügt und in einem Antrag an die Stadt gestellt werden. Speziell Eigentümer würde das vor einen bürokratischen Mehraufwand stellen, der eigentlich gar nicht sein müsste.

    Aus diesem Grund stellten die Fraktionen Freie Wähler / Für Karlsruhe und CDU jeweils einen Ergänzungsantrag, die vor allem darauf abzielen, so klar und transparent wie möglich zu versinnbildlichen, welche baulichen Maßnahmen einem Genehmigungsvorbehalt unterliegen. Des Weiteren solle nach drei Jahren eine Evaluierung über die Auswirkungen der Satzung Auskunft geben.

    So heißt es in dem Ergänzungsantrag der Fraktion Freie Wähler / Für Karlsruhe: "Es werden neue bürokratische Hürden aufgebaut und bürokratischer Aufwand aufseiten der Stadt eingeführt, ohne den Stadtteil nachhaltig zu entwickeln. Dies ist auch ein Kostenpunkt."

    Hoher Beratungsbedarf bei den Bürgern erwartet

    "Die Bürger werden Schwierigkeiten damit haben, Änderungen an ihren Wohnungen vorzunehmen", prognostiziert CDU-Stadtrat Tilman Pfannkuch. "Es gibt in der Südstadt sehr hohen Beratungsbedarf, aber die soziale Erhaltungssatzung ist dafür nicht das richtige Mittel, um der Situation Herr zu werden." 

    Tilman Pfannkuch, Fraktionsvorsitzender der CDU Karlsruhe
    Tilman Pfannkuch, Fraktionsvorsitzender der CDU Karlsruhe Foto: Roland Fränkle

    Etwas heftiger drückt es Friedemann Kalmbach, Stadtrat für die Freien Wähler/ Für Karlsruhe, aus: "es kann nicht sein, dass die Bevölkerung wegen eines neuen Teppichs einen Antrag stellen muss. Diese Satzung sorgt eher dafür, dass Familien durch dieses Bürokratiemonster aus der Südstadt vertrieben werden. Doch genau diese Mischung der verschiedenen Menschen macht die Südstadt doch aus."

    Karin Binder von den Linken ist hingegen der Ansicht, dass die Erhaltungssatzung zwar "wichtig und richtig" sei, aber die Notwendigkeit bestehe, nach ein paar Jahren eine Evaluation durchzuführen.

    Luxussanierungen gegen maßvolle Änderungen

    Nach den Reden der Stadträte meldet sich anschließend Oberbürgermeister Frank Mentrup zu Wort. Er weist den Vorwurf, dass es sich bei der Erhaltungssatzung um ein "Bürokratiemonster" handle, zurück, gibt jedoch zu, dass das Konzept für Eigentümer einen "Kollateraleffekt" mit sich bringe.

    Oberbürgermeister Frank Mentrup.
    Oberbürgermeister Frank Mentrup. Foto: Carsten Kitter

    "Wenn jemand ein zweites Waschbecken einbauen will, dann wird das nicht zu einer Luxussanierung führen. Eine Luxussanierung wäre, wenn er gleichzeitig einen hochwertigen Bodenbelag einziehen würde und aus dem Kinderzimmer noch ein zweites Badezimmer macht. Ich bin überzeugt, dass die Satzung diese Luxussanierungen unterbinden kann. Das hat aber den Kollateraleffekt, dass viele Umbauten, die jemand in seiner eigenen Wohnung oder im Sinne seiner Mieter vornehmen möchte, eingeschränkt sind. Da müssen wir in der Verwaltungspraxis einfach feststellen, ob sich das in die richtige Richtung entwickelt", so der Rathaus-Chef.

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    Foto: Thomas Riedel

    So geht es mit der Erhaltungssatzung weiter

    Kurzum: Ein maßvolles Sanieren, darunter auch nötige energetische Sanierungen, sollen laut der Beschlussvorlage der Stadt weiterhin möglich sein. Dazu seien aber entsprechende Prüfungen der jeweiligen Anträge nötig. Aus diesem Grund hat der Gemeinderat auch beschlossen, dass die Entwicklungen dieser Satzung nach drei Jahren evaluiert und erneut dem Gemeinderat vorgelegt werden müssen.

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    Foto: Thomas Riedel

    Die Voraussetzungen für den weiterhin bestehenden Bedarf einer Sozialen Erhaltungssatzung solle laut Beschlussvorlage dann spätestens nach fünf Jahren erneut überprüft werden. Darüber hinaus sollen Broschüren, Veranstaltungen und sonstige Informationsmaterialien für die nötige Transparenz bei den Bürgern sorgen und seien auch schon in Planung.

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