Startseite
Icon Pfeil nach unten
Karlsruhe
Icon Pfeil nach unten

Karlsruhe: Mangel an Pflegekräften: Die Hütte brennt - auch in der Region

Karlsruhe

Mangel an Pflegekräften: Die Hütte brennt - auch in der Region

    • |
    • |
    Bereits heute fehlen im Pflegebereich viele Fachkräfte.
    Bereits heute fehlen im Pflegebereich viele Fachkräfte. Foto: (dpa)

    Die Angst vor dem demografischen Wandel geht um. Künftig wird es in Deutschland immer mehr alte und auch pflegebedürftige Menschen geben, während gleichzeitig die Zahl junger Menschen abnimmt.

    Laut einer aktuellen Studie des Statistischen Bundesamts zeigt sich das am deutlichsten bei den unter 20-Jährigen. Im Jahr 2030 werden voraussichtlich 17 Prozent weniger Kinder und Jugendliche in Deutschland leben als heute. Statt 15,6 Millionen heute werden es nur noch 12,9 Millionen unter 20-Jährige sein. Die Altersgruppe der 65-Jährigen und Älteren wird bis dahin um rund ein Drittel auf 22,3 Millionen Personen ansteigen.

    400.000 Fachkräfte werden fehlen

    Heime und soziale Dienste schlagen daher Alarm: Immer weniger Pflegende müssten immer mehr Pflegebedürftige betreuen. Christel Amann, Heimleiterin der Karlsruher Seniorenresidenz "Acabelle de Fleur", befürchtet, dass auch sie bald kein geeignetes Personal mehr finden könnte: "Bis jetzt haben wir noch keine Probleme. Aber ich kenne einige Einrichtungen in der Region, die händeringend qualifiziertes Pflegepersonal suchen," so die Heimleiterin. Derzeit betreuen in ihrer Einrichtung 50 Angestellte 73 Heimbewohner.

    "Der demografische Wandel schlägt gerade im Pflegebereich mit doppelter Wucht zu", warnt Stefan Kraft, Landesbeauftragter des Bundesverbands privater Anbieter sozialer Dienste (bpa), im Gespräch mit ka-news. Um die Versorgung in der Pflege im Jahr 2050 zu gewährleisten, müsste daher jeder dritte Schulabgänger einen Pflegeberuf ergreifen. "Einfach illusorisch", so Kraft. Daher fordert der Verband die Politik auf, die Zuwanderung ausländischer Pflegefachkräfte zu erleichtern, um einen Kollaps bei der Versorgung zu verhindern. Bereits heute würden 140.000 Fachkräfte fehlen.

    "Die Hütte brennt"

    "In etwa 40 Jahren werden rund 400.000 Fachkräfte im Pflegebereich fehlen", prognostiziert Susanne Pletowski, Vize-Präsidentin des bpa. Der Pflegebereich in Deutschland sei Wachstumsmotor Nummer eins - noch vor der Automobilindustrie. Dennoch würde sich die Politik nicht ausreichend Gedanken darüber machen, wie einem drohenden Fachkräftemangel entgegengewirkt werden könnte. "Pflege ist kein Aushängeschild für Deutschland, daher bemühen sich die Politiker eher um Maschinenbauer. Die Pflege ist das Stiefkind der Nation", kritisiert Pletowski, die selbst eine privaten Pflegedienst in Karlsruhe betreibt.

    Derzeit gibt es im Pflegebereich eine gesetzliche Fachkräftequote von 50 Prozent. Jeder zweite Angestellte in einer Einrichtung muss daher eine dreijährige Pflegeausbildung absolviert haben. Diese Quote sei durch den drohenden Fachkräftemangel in Zukunft kaum noch einzuhalten. "Die Versorgung ist auf Dauer akut gefährdet. Die Hütte brennt", betont Pletowski. Sie fordert eine Greencard für ausländische Pflegekräfte. Die gab es bereits beim Pflege-Engpass der 70er Jahre für philippinische Krankenschwestern.

    AWO Karlsruhe: Greencard löst Probleme nicht

    Auch in den Seniorenzentren der AWO Karlsruhe ist der Fachkräftemangel deutlich zu spüren. "Es fehlen heute qualifizierte Pflegefachkräfte, die die geforderte und gewünschte Qualität einschließlich einer Qualitätssicherung erbringen können", teilte Clarissa Simon, Abteilungsleiterin Gesundheit und Pflege, auf ka-news-Anfrage mit. Die Forderung nach einer Greencard für Menschen aus Ländern außerhalb Europas, wie sie derzeit verstärkt von den privaten Pflegeheimbetreibern und deren Interessenvertretungen gefordert werde, löse langfristig nicht das Fachkräfteproblem, so Simon.

    Hier gehe es in erster Linie um die Einsparung von Personalkosten durch noch niedrigere Gehälter, eine Verbesserung der Pflegequalität werde nicht erreicht. Um dem Fachkräftemangel in der Pflege zu begegnen sei insbesondere die Politik gefordert, unverzüglich für bessere Rahmenbedingungen zu sorgen, fordert die Abteilungsleiterin.

    Die Politik ist gefragt

    Kürzlich hat die schwarz-gelbe Bundesregierung ein neues Fachkräfte-Konzept beschlossen. Demnach können ausländische Ingenieure und Ärzte künftig leichter einen Arbeitsplatz bei deutschen Unternehmen bekommen. Die sogenannte Vorrangprüfung wurde aufgehoben. Die Regelung besagt, dass eine Stelle nur mit einem Nicht-EU-Bürger besetzt werden kann, wenn dafür keine deutsche Arbeitskraft zu finden ist. "Warum wird diese Regel nicht auch bei Pflegeberufen ausgesetzt", fragt sich der Landesbeauftragte Kraft. Die Politik traue sich an das Thema nicht heran, so seine Meinung.

    Der Karlsruher FDP-Bundestagsabgeordnete Heinz Golombeck, der sich kürzlich mit den Betroffenen über den Fachkräftemangel austauschte, versteht die Sorgen der Pflegeeinrichtungen: "Das Problem ist da und wir brauchen eine einheitliche bundesweite Lösung, um diesen Fachkräftemangel abzuwenden." Doch wie diese Lösung aussehen könnte, weiß Golombeck derzeit auch nicht. "Ich werde mich der Sache annehmen", versprach er bei einem Besuch der Seniorenresidenz in Karlsruhe.

    Mehr zum Thema:

    Fachkräftemangel in Karlsruhe: Kampf um die Köpfe

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden