Graffiti – das Wort kommt aus dem italienischen und bedeutet so viel wie in die Wand gekratzte geritzte Zeichnungen. Das gab es schon in der Steinzeit. Doch die moderne Form dieser Kunst, wie die meisten sie heutzutage kennen, entstand erst in den 1960er-Jahren.
In New York City hinterließen damals Künstler bunte Schriftzüge und Botschaften an Wänden. Der Trend des "Writings" wurde immer bekannter und breitete sich ab den 80ern Richtung Europa und Deutschland aus. Auch in Karlsruhe spielt diese künstlerische Ausdrucksform schon seit Jahrzehnten eine bedeutende Rolle.
Bunte Wände rund um die Fächerstadt
Karlsruhe hat sein Stadtbild bereits an mehreren Orten durch die Integration von Street-Art verändert. An vielen Unterführungen, Mauern und Brücken wurden Kunstwerke aus der Dose gezaubert, welche die einst kahlen Stellen inzwischen bunter machen.

Ob auf dem KIT-Campus, im Kulturraum KOHI in der Südstadt oder beim Zoo in der Ettlinger Straße – verschiedene lebhafte Wandmalereien kann man an allen möglichen Orten entdecken, betrachten und bestaunen.
Am Bahnhof Mühlburg wurde zum Beispiel 2020 in Zusammenarbeit mit der Deutschen Bahn die Fußgängerunterführung für Graffitis freigegeben.

Sieben Künstler hatten hier innerhalb von drei Wochen mit insgesamt 900 Dosen ein Kunstwerk erschaffen, der Fokus der Darstellung lag hierbei auf Vielfalt der Mühlburger Natur.
Graffiti-Aktionen fanden positiven Anklang
Außerdem hat es einige Kooperationen mit den Karlsruher Verkehrsbetrieben gegeben. Unter anderem wurde im Rahmen einer Klimaschutzaktion ein alter Zug der Tram-Linie 5 gestaltet. Ein weiterer Schwerpunkt in den letzten Jahren waren die Bemalung der Haltestellen Kurt-Schuhmacher-Straße und Haus Betlehem in der Nordweststadt.

"Wir haben zu diesen Aktionen stets positive Rückmeldungen von der Stadt und den Bürgern bekommen", erwähnt KVV-Pressesprecher Nicolas Lutterbach in diesem Zusammenhang. Neue Projekte seien jedoch derzeit nicht geplant.
Viele Free Walls gibt es nicht mehr
Für alle, die sich der Graffiti-Kunst widmen möchten, finden sich in der Stadt verschiedene Möglichkeiten, an denen es erlaubt ist, zu malen. Diese sind als Free Walls oder Halls of Fame bekannt.
"Die ersten entstanden Anfang der Neunziger, zum Beispiel am Jugendzentrum in der Südstadt, an der alten Kirche in Oberreut und beim Seubertpark in der Oststadt", erzählt das Karlsruher Graffiti-Urgestein Baske ToBeTrue, der bereits seit 30 Jahren in der Szene aktiv ist.

Die zum heutigen Stand von der Stadt freigegebenen Flächen findet man zum Beispiel nahe der Günther-Klotz-Anlage entlang der Alb auf der Höhe des Entenfangs oder auch am Messplatz in der Oststadt.

Dort wurde 2019 der größte Teil der Graffiti-Mauern abgerissen, bis 2022 war nur noch ein kleiner Rest in der Nähe des Tollhaus übrig. Mittlerweile gibt es die alte Länge der Fläche zwar wieder, sie ist allerdings durch die aktuelle Bauweise und andere Umstände nicht mehr so attraktiv wie früher.
Die Möglichkeiten sind für den Ansturm von sprühwilligen Künstlern nicht ausreichend. So sieht es die Stadtpolitik, die sich schon seit geraumer Zeit mit diesem Thema befasst.
Mehr Platz soll her
Am 27.10. wurde nun ein neuer Antrag der CDU-Gemeinderatsfraktion öffentlich im Kulturausschuss verhandelt. Es ging unter anderem um die Frage, wie sich Nachfrage und Angebot von Flächen zur legalen Gestaltung mit Graffiti und Street-Art in den vergangenen Jahren entwickelt haben.
Bereits im Jahr 2017 hat die Stadt zugestimmt, weitere Unterführungen, Brücken, Mauern oder Plätze auf ihre Geeignetheit zum Graffiti sprühen zu prüfen. In der Stellungnahme zum Antrag wird das Thema begrüßt: "Die Graffitis tragen deutlich zu einer Aufwertung und zu positivem Erleben des öffentlichen Raums bei."

So wurden in den vergangenen Jahren unter anderem eine Unterführung an der Untermühlstraße in Durlach, sowie an der Franz-Lust-Straße in der Nordweststadt freigegeben, wo in Absprache mit dem Kulturzentrum Combo gesprayt werden darf. Laut Kulturausschuss hätte dies viel positive Resonanz ausgelöst.
Doch es soll mehr getan werden: "Der Bedarf an Flächen zur Graffiti-Gestaltung in Karlsruhe ist nach Einschätzung des Combo Hip-Hop Kulturzentrums noch nicht gedeckt und eine weitergehende Förderung von Graffiti und Street Art wird angestrebt", so äußert sich der Kulturausschuss.
Temporäre Flächen als Möglichkeit für Neulinge
Eine andere Möglichkeit für das Schaffen von weiteren Graffiti-Flächen seien zudem temporäre Freigaben, zum Beispiel bei Sanierungen von Gebäudefassaden. Künstler hätten hier die Möglichkeit, die Wände für einen vorgegebenen Zeitraum zu nutzen.
Hier nimmt der Kulturausschuss folgende Stellungnahme ein: "Es wäre denkbar, Bauzäune mit geschlossenen Flächen zur Verfügung zu stellen. Hierbei würden nur geringe Mehrkosten anfallen." Außerdem wird sich für temporäre Flächen im Zuge von Gebäudemodernisierungen ausgesprochen. Ausgenommen seien Orte, die unter Denkmalschutz stehen.

Diese Idee wäre insbesondere für Unerfahrene, in der Szene auch Rookies genannt, eine gute Chance, sich in das Thema Graffiti einzufinden und durch Übung mehr Erfahrung zu sammeln. Auf vergangenen Jugendkonferenzen bemängelten nämlich vor allem diese den fehlenden Raum zur Entwicklung.
"Es müssen mehr Wände her"
Das Problem: "Man traut sich einfach nicht, ein besseres Kunstwerk zu übermalen", so schildert es ein anonymer Sprayer gegenüber ka-news.de, der bisher noch nicht oft gesprüht hat. "Deshalb müssen mehr Wände her."
Spezifische Orte für neue dauerhafte Flächen seien laut Kulturausschuss die neu gebaute Parcourshalle in der Nordstadt neben dem NCO-Club, verschiedene Betonelemente an Durlacher Schulen, eine Mauer entlang der Festhalle in Durlach, sowie ein öffentlicher Durchgang an der Kita in der Marienstraße.

Die Kunst soll sichtbarer gemacht werden
Nicht nur die Anzahl der erlaubten Flächen soll im Allgemeinen erhöht werden, auch die bereits bestehenden Orte sollen außerdem sichtbarer gemacht werden. Der Vorschlag hierzu lehnt sich an das österreichische Projekt "WienerWand", welches unter anderem mit einer Kenntlichmachung durch Reliefplatten und interaktive Karten arbeitet.

Solch ein Vorgehen könnte laut CDU-Fraktion auch auf der städtischen Homepage umgesetzt werden. In der Stellungnahme verweist der Kulturausschuss hier auf der Website "Kunst im öffentlichen Raum". Hier seien bereits einige der Graffiti-Auftragsarbeiten, sowie eine interaktive Map-Funktion vertreten. Dies könnte jedoch weiter ergänzt und ausgebaut werden.
"Graffiti Art Karlsruhe"
Ausgangspunkt für die Diskussion ist das Konzept "Graffiti Art Karlsruhe" aus dem Jahr 2016, initiiert von der Kunstkommission Karlsruhe in enger Zusammenarbeit mit dem Combo. Hieraus sind einige der Auftragsarbeiten entstanden. Ziel ist es, den Künstlern die Möglichkeit der freien Entfaltung ihrer Graffiti-Kunst zu geben.

Dies kann auch mitunter als Anstoß für Wege aus der Illegalität wirken. Gleichzeitig soll hiermit die Chance zu genutzt werden, den urbanen Raum zu verschönern. Für die Zukunft soll angestrebt werden, eine Arbeitsgruppe zu diesem Thema zu bilden.
Erster Graffiti Guide für Karlsruhe
Graffiti in Karlsruhe soll sichtbarer werden. Vor allem die "Pieces", wie die Werke in der Szene genannt werden, rund um die Alb sind bereits bei vielen Menschen bekannt. Verschiedene Malereien verzieren die eigentlich grauen Betonwände nahe der Günther-Klotz-Anlage.
Erschaffen wurden sie von Künstlern, bei denen das Talent nicht zu übersehen ist. Das ist auch Daniela Christ bei ihren Spaziergängen dort aufgefallen, weshalb sie auf die Idee gekommen ist, einen Graffiti-Guide zu schreiben. In diesem Stadtführer werden verschiedene Werke der "Halls of Fame" vorgestellt.
Den „Graffiti Guide Karlsruhe“ kann man bei der Autorin direkt anfragen. Die Mail-Adresse lautet: dachs9@arcor.de .
Alternativ dazu kann man Daniela Christ über das Instagram-Profil www.instagram.com/wertvolleAugenblicke erreichen.
Für 3 Euro pro Stück lässt sich ein Exemplar auch im Reisebuchladen in der Herrenstraße 33 kaufen.
Dies ist Teil Zwei unserer dreiteiligen Graffiti-Serie. Der nächste Teil folgt kommende Woche!
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