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Karlsruhe/Walldorf: Künftige Walldorferin Christiane Staab über Ikea: "Was wollen die Menschen?"

Karlsruhe/Walldorf

Künftige Walldorferin Christiane Staab über Ikea: "Was wollen die Menschen?"

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    Christiane Staab: Bald Bürgermeisterin in Walldorf?
    Christiane Staab: Bald Bürgermeisterin in Walldorf?

    Staab, Mutter von vier Kindern, und die zuletzt vor allem bekannt wurde durch ihre Tätigkeit als Vorsitzende im Landeselternbeirat, ist seit 1999 Mitglied im Karlsruher Gemeinderat. Schon seit Jahren verfolgte sie die Auseinandersetzungen um die Ansiedlung einer neuen Ikea-Filiale im Raum Karlsruhe/Rastatt.

    Die Stadt Karlsruhe hatte die Anfrage der schwedischen Möbelhauskette Anfang der 2000er Jahre abgelehnt, das benachbarte Rastatt prozessiert seit dem Jahr 2007 gegen Auflagen des Regierungspräsidiums, welches den zusätzlichen großflächigen Einzelhandel in der Großen Kreisstadt (im ausgewiesenen Mittelzentrum) mehrfach ablehnte. Die Nachbarstadt Karlsruhe hatte sich dann später im Regionalverband auf bestehendes Planungsrecht zurückgezogen. Böse Zungen könnten durchaus zu dem Urteil kommen: "Wenn wir nicht, dann auch andere nicht". ka-news Mitarbeiter Stefan Jehle unterhielt sich mit Walldorfs künftiger Bürgermeisterin - seit Jahren schon Standort einer viel frequentierten Ikea-Filiale.

    Frau Staab, am Oberrhein, in Rastatt und Karlsruhe, wird seit Jahren um einen neuen Ikea-Standort gerungen. "Wenn Ikea nicht zu mir kommt, dann gehe ich eben zu Ikea", sagten Sie - scherzhaft - wenige Wochen vor Ihrer Wahl zur Bürgermeisterin am Ikea-Standort Walldorf.Braucht der moderne Großstadtmensch unbedingt eine Ikea-Filiale vor der Haustür?

    (Staab lacht) Also ich denke, die Firma Ikea weiß strategisch wie sie sich zu positionieren hat. Und ich glaube auch nicht, dass es ins Konzept passt vor jeder Haustür eine Ikea-Filiale aufzumachen. Aber Ikea ist gerade für viele jüngere Familien eine Form von Lebensstil, eine gefragte Einrichtungsmöglichkeit, modern und trotzdem preisgünstig, hat pfiffige Ideen. Ein Einrichtungskonzept das gerade jüngere Menschen besonders anspricht - aber auch ältere.

    Ikea hat Möbelhäuser in Walldorf und Mannheim, in Sindelfingen und Ludwigsburg, in Straßburg und in Freiburg - und im schweizerischen Aargau. Das sind ja fast so viele Standorte wie es am Oberrhein auch Flughäfen gibt. Reicht das - in Sachen Ikea - nicht für den Oberrhein?

    Wie gesagt: das muss eigentlich Ikea selbst entscheiden. In diesen Strategieprozess kann man sich als Außenstehender nicht einmischen. Wenn Ikea sagt, von der Kaufkraft her wäre ein weiteres Geschäft interessant, dann glaube ich wäre es - auch im Interesse der Bevölkerung - schön noch einmal eins aufzumachen...

    Das Regierungspräsidium lehnte den Ikea-Standort Rastatt aufgrund der Richtlinien im Landesplanungsgesetz ab, die Innenstädte vor Einkaufszentren auf der Grünen Wiese schützen sollen, und wurde von mehreren Verwaltungsgerichtsinstanzen bestätigt. Kämpft Rastatt hier den Kampf gegen Windmühlen?

    An den Urteilen kommt Rastatt nicht vorbei. Aber ich glaube, dass man sich wirklich auch überlegen muss, wie man mit der derzeitigen Rechtslage umgeht. Die Konsequenz im Moment heißt ja, dass die Leute sich ins Auto setzen und dann 40 oder 50 Kilometer weit fahren. Inwieweit man sagt, wir muten das der Bevölkerung auch langfristig zu, oder wir finden das ökologisch sinnvoll: alles das muss die Politik letztlich entscheiden. Ich persönlich halte es für ökologisch verrückt, wenn die Karlsruher  oder Menschen aus Rastatt nach Walldorf fahren, um dort Handtücher oder Vasen einzukaufen.

    Welchen Eindruck hatten Sie von den Diskussionen in der Verbandsversammlung des Regionalverbands, dem Sie als eines von 33 CDU-Mitgliedern angehören?

    Ich bin ja nicht im Planungsausschuss des Regionalverbands, dort werden die Details diskutiert. Ich habe die Diskussion vor allem in der Karlsruher CDU-Fraktion erlebt als es um eine mögliche Ansiedelung in Karlsruhe ging. Und da war einfach die Situation bei vielen, die nicht mit Ikea groß geworden sind, dass wenig Verständnis dafür vorherrschte, warum Menschen dort unbedingt einkaufen wollen. Damals gab es Befürworter bei den jungen Stadträten und eine gewisse Zurückhaltung bei den eher älteren Stadträten. Mangels geeigneter Gewerbeflächen scheiterte eine mögliche Ansiedlung in Karlsruhe. Bei der Diskussion um den Standort in Rastatt hat sich die Fraktion auf die Rechtslage zurückgezogen und gesagt, rechtlich nicht möglich, um die bestehenden Strukturen des Mittelzentrums zu schützen.

    Was würden Sie Karlsruhe - das ja auch schon als Standort im Gespräch war - und vor allem aber Rastatt beim Umgang mit den Wünschen von Ikea raten, nachdem Sie ja selbst dann voraussichtlich ab März am Ikea-Standort Walldorf als Bürgermeisterin amtieren werden?

    Was für mich als Bürgermeisterin von Walldorf nicht gut wäre, ist es, wenn dann Käuferscharen abgezogen würden. Das kann ich mir aber nicht wirklich vorstellen, weil auch Ikea ein Interesse daran hat, dass alle ihre Filialgeschäfte gut laufen. Von daher denke ich, dass man bei der Firmenleitung schon darauf achtet, dass die jeweiligen Ikea-Standorte sich nicht gegenseitig Konkurrenz machen. Man sollte durch Ikea das vorhandene Sortiment an Möbel- und Einrichtungshäusern an einem Ort ergänzen und zwar so, dass ein gesunder Wettbewerb stattfindet und keine gefährliche Konkurrenz. Karlsruhe hat Käuferpotenzial, aber eine Ansiedelung etwas weiter im Süden wäre für Walldorf natürlich besser.

    Sehen Sie Änderungsbedarf beim Landesplanungsgesetz und dem Ziel zur Verhinderung von Kaufhausansiedlungen auf der "Grünen Wiese"?

    Ich habe ganz offen gesagt das Gefühl, dass das Thema "Grüne Wiese" in vielen Bereichen sowieso zugunsten der Konversion in Innenstädten kein großes Thema mehr ist. Es ist zunehmend zu beobachten, dass die Kommunen versuchen innerstädtische Lagen wieder attraktiver zu gestalten um eben genau dieses Thema "Grüne Wiese" nicht mehr angehen zu müssen. Das ist ein ganz großes Thema, und das ist etwas worauf die Städte auch setzen können. Es nehmen auch zurecht Proteste der Bevölkerung gegen den weiteren Flächenfraß zu. Das muss auch der Weg der Zukunft sein: wir können nicht so weitermachen wie wir bislang mit unseren Flächen umgegangen sind.

    In Abwandlung eines Ikea-Spruches hieß es vor ein paar Tagen, bezogen auf die Auseinandersetzung um Rastatt in den Medien: "Baust Du schon, oder klagst Du noch". Das kann dabei wohl nicht das neue Leitmotto sein?

    Meinen Bürgermeisterwahlkampf in Walldorf habe ich unter das für mich besonders wichtige Motto - ich nenne es den Mega-Aspekt - gestellt, und das heißt Bürgerbeteiligung. Vielleicht sollte man einfach mal fragen, was denn die Menschen wollen. Dann kann man sich überlegen, ob es Sinn macht, sich weiter auf die Gesetzeslage zu versteifen, oder anfängt, wirklich zu schauen, was wollen die Menschen. Und wie kriegen wir das dann bestmöglich hin.

    Und das sagt eine studierte Juristin...

    Ja, das sagt eine Juristin. Gesetze können durchaus abgeändert werden, Gesetze sind nicht einmal geschaffen und dann für immer gültig. Gesetze, vor allem aber auch die rechtliche Auslegung, haben sich immer auch ein Stück weit den Realitäten anzupassen.                                        

    Die Fragen stellte Stefan Jehle
     

    Weitere Informationen:

    Ikea Standorte Deutschland

    Ikea Standorte Frankreich

    Ikea Standorte Schweiz

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