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Die Fronten zwischen dem blau-weißen Verein und der Stadt Karlsruhe sind verhärtet, die Stimmung angespannt. Seit zwei Wochen ist bekannt, dass der KSC vier einstweilige Verfügungen gegen die Stadt eingereicht hat. Er wirft ihr "vertragswidriges Verhalten" im Zusammenhang mit dem Stadionneubau vor. Der Streit ging am vergangenen Montag vor das Landgericht - und blieb bislang ohne Ergebnis. Das Urteil soll nun am Freitag, 27. September, um 15 Uhr verkündet werden.

So hat das Gericht entschieden

Der Karlsruher SC fasst das Urteil des Gerichtes in einer Pressemeldung wie folgt zusammen:

  • 1. Einsicht in den Vertrag mit dem "Totalunternehmer"
    Die Vorsitzende Richterin Karin Mauch hat einen „umfassenden Informationsanspruch“ des KSC bestätigt und die Stadt Karlsruhe verurteilt, einen Großteil der geforderten Unterlagen, insbesondere den Totalunternehmervertrag zwischen der Stadt Karlsruhe und dem Bauunternehmen BAM Sports GmbH, dem KSC herauszugeben. Das Gericht führte weiter aus, dass der KSC die Herausgabe dieser Unterlagen zurecht verlangt hat, weil diese Informationen für die Vertragsabwicklung unabdingbar sind. Nur dadurch kann der KSC seinerseits seine vertraglichen Mitwirkungspflichten gegenüber der Stadt erfüllen. Ebenso ist der KSC nur auf Grund der nun von der Stadt zu übergebenden Informationen in der Lage, seriöse Prüfungen der Nachtragsangebote des Bauunternehmens BAM Sports durchzuführen.
  • 2. Ergänzungsvereinbarungen zu Sonderleistungen
    Durch das Urteil des Landgerichts wurde der Stadt untersagt, den Abschluss von Ergänzungsvereinbarungen von unzulässigen Bedingungen abhängig zu machen, die nach dem Entwicklungsvertrag zwischen Stadt und KSC nicht vereinbart waren. Die Stadt war nicht berechtigt, Blankozusagen des KSC über Kosten der Zusatzleistungen zu verlangen, ohne dem KSC die Chance zu geben, nachzuprüfen, ob die Kosten dem Grunde und der Höhe nach berechtigt sind. So wird es dem KSC künftig möglich sein, gewünschte Sonderleistungen wie beispielsweise die Festverkabelung der Kamerapositionen oder die Klimatisierung des Fanshops und der Clubgaststätte sowie die Optimierung der Raumaufteilung der Clubgaststätte anzuordnen und ausführen zu lassen.
  • 3. Betonstützen im Businessbereich
    Das Landgericht hat in der Verhandlung am 23.09.2019 festgehalten, dass der Business-Bereich entgegen der seinerzeit vertraglich vereinbarten technischen und funktionalen Merkmale für den Stadionneubau keine freie Sicht von allen Plätzen auf die Bühne vorsieht. Ebenso wurde in der Verhandlung dargelegt, dass der Kompromiss des KSC, lediglich 4 der 48 Stützen entfallen zu lassen, konstruktiv und statisch machbar ist. Jedoch hat das Landgericht Karlsruhe dem KSC – wie in der mündlichen Verhandlung angekündigt - einen Erfüllungsanspruch auf Beseitigung der Stützen im Businessraum im Wege der einstweiligen Verfügung nicht zuerkannt. Am Montag wurde der KSC aber bereits auf mögliche Schadensersatzansprüche gegen die Stadt verwiesen.
  • 4. Umsetzung des Gastronomiekonzeptes
    Der Stadt Karlsruhe wurde vom Gericht untersagt, eine Planung der Kioske im Stadion durchzusetzen, die von der Planung des KSC abweicht. Das Gericht hat festgestellt, dass der KSC die Ausbauplanung der Kioske durchsetzen darf und dass der KSC seine Planungen nicht verspätet vorgelegt hat. Somit kann ein erster Teil des Betriebskonzepts des KSC umgesetzt und eine angemessene gastronomische Versorgung von über 90 Prozent der Fans sichergestellt werden.

Was will der KSC?

  1. Einsicht in den Vertrag mit dem "Totalunternehmer", also dem Vertrag zwischen Stadt und BAM Sports GmbH. Die Begründung: Der KSC benötigt die Unterlagen, um Nachtragsangebote des Totalunternehmers zu prüfen, die vom KSC bezahlt werden sollen.
  2. Ergänzungsvereinbarungen zum Bauablauf von Sonderleistungen, die der KSC zahlen muss. Hier handelt es sich zum Beispiel Festverkabelung der Kamerapositionen, Erweiterung sanitäre Anlagen der Heimkabine, Klimatisierung des Fanshops und der Gaststätte.
  3. Keine Betonstützen im Businessbereich. Die freie Sicht auf den Bühnenbereich sei vertraglich festgelegt.
  4. Die Umsetzung des vom KSC entwickelten Gastronomiekonzepts für 21 Kioske.
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Was bewirken die Verfügungen? 

Laut Stadt verbindet der KSC die Anträge auf einstweilige Verfügung bis zur rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidungen mit sechs Forderungen: 

  1. Ruhen des laufenden Baugenehmigungsprozesses 
  2. Unterbrechung des Planungsprozesses mit dem Totalunternehmer, soweit Antragsbestandteile betroffen sind 
  3. Erklärung gegenüber dem Bauordnungsamt, dass das laufende Baugenehmigungsverfahren einstweilen nicht fortgesetzt wird 
  4. Anordnung gegenüber dem Totalunternehmer, mit der Ausführungsplanung nicht zu beginnen 
  5. Untersagung, Anfragen des Bauordnungsamtes zum laufenden Baugenehmigungsverfahren zu beantworten 
  6. Ordnungsgeld je Verfügung in Höhe von 250.000 Euro, hilfsweise Ordnungshaft gegen Oberbürgermeister Frank Mentrup bis zu sechs Monate
Oberbürgermeister Frank Mentrup (2.v.r.) | Bild: ka-news

Das sagt die Stadt dazu

Nachdem sich die Stadt zuerst nur zurückhaltend zu den Vorwürfen des KSC geäußert hatte, luden Oberbürgermeister Frank Mentrup werden Bürgermeister Daniel Fluhrer, Werner Merkel (Leiter Eigenbetrieb "Fußballstadion im Wildpark") und Frank Nenninger (technischer Geschäftsführer Karlsruher Schieneninfrastruktur-Gesellschaft) am vergangenen Freitag zur Eil-Pressekonferenz ins Karlsruher Rathaus.

Streit um Stadionneubau

Der Tenor darin: Die Stadt ist sichtlich verärgert über das Verhalten des Vereins, die Kommunikation sei bereits seit März eine "wütende". "Es ist klar, dass wir und der Verein jetzt ein Problem miteinander haben", sagte Mentrup. Auch im Video-Interview mit ka-news.de äußert der OB sein Unverständnis über die Haltung des Vertragspartners aus dem Wildpark: Eine außergerichtliche Einigung sei seiner Meinung nach nun nicht mehr denkbar.

Betont wurde im Rahmen der Pressekonferenz am Freitag ebenfalls: Zwischen Dezember 2018 und Ende Januar 2019 wurden insgesamt 152 Veränderungswünsche und Themen diskutiert, 147 davon seien abgearbeitet.

Das sagt der KSC dazu

Nach der rund fünfstündigen Verhandlung am Montag äußerte sich der Karlsruher SC in einer Pressemeldung wie folgt: "Im Rahmen der heutigen Verhandlung teilte das Gericht den beiden Parteien eine vorläufige Rechtsauffassung mit. Das Gericht stellte fest: Im Sinne einer vertraglich vereinbarten, gemeinschaftlichen Zusammenarbeit zum Stadionprojekt sei die bisherige Einbindung des KSC bei weitem nicht ausreichend genug", so der Verein.

Präsident Ingo Wellenreuther
Präsident Ingo Wellenreuther | Bild: Hammer Photographie

"Der Verein werde nicht ausreichend mit relevanten Informationen versorgt, zudem seien dem KSC wichtige Unterlagen zu relevanten Entscheidungszeitpunkten vorenthalten worden", heißt es.

Nachdem das Urteil gefallen war, äußert sich der Verein wie folgt: "Der KSC bedauert es außerordentlich, dass der Verein aufgrund des vertragswidrigen Verhaltens der Stadt Karlsruhe gezwungen war, gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Jedoch wurde die Rechtsauffassung des KSC zu großen Teilen von der Kammer bestätigt und zeigt, dass dieser Schritt notwendig und unumgänglich war."

 


Live-Ticker

15.02 Uhr

Die Urteilsverkündung im Karlsruher Landgericht beginnt.

Urteilsverkündung Stadion-Streit
Bild: Melissa Betsch

Die Verantwortlichen des KSC und ihr Anwalt, sowie die Stadt mit ihrem Rechtsvertreter sind anwesend.

Urteilsverkündung Stadion-Streit
Bild: Melissa Betsch

15.19 Uhr: Der KSC erhält Einsicht in den Vertrag mit dem "Totalunternehmer"

Erste einstweilige Verfügung: Der KSC darf den Vertrag der Stadt mit dem Totalunternehmer BAM Sports GmbH einsehen. Zudem kann der Verein Sonderwünsche geltend machen.

Die Kammer hat dem umfassenden Informationsanspruch des Karlsruher SC zugestimmt. Diese Informationen beinhalten den Planungsstand sowie die Kalkulation zu Nachträgen.   

Außerdem ist laut Kammer ein Vertrag zur Durchsetzung der Rechte des KSC erforderlich.
In die Urkalkulation darf nicht eingesehen werden. 

15.26 Uhr: Der vom Verein beantragte Baustopp wurde abgewiesen

Der Antrag vom Karlsruher SC zum Baustopp wurde von der Kammer abgewiesen, da dem KSC als Pächter ein so umfassendes Recht nicht zusteht. 

15.31 Uhr: Kammer: Keine Kioskplanung die von der Bisherigen abweicht

Die Forderung vom Karlsruher SC, dass im Businessbereich keine Stützen angebracht werden, wurde abgewiesen. Der Grund: Der KSC hat zwar Anspruch darauf, dass der Businessbereich so umgesetzt wird wie vertraglich vereinbart, allerdings keinen Anspruch auf die geforderte freie Sicht durch ein Wegfall der Stützen. Diese Forderung des Vereins hätte laut Kammer schon früher kommen sollen.

Punkt vier der Forderungen des KSC: Die Umsetzung des entwickelten Gastronomiekonzepts. Dazu sagt das Gericht, dass die Stadt keine Kioskplanung vorlegen darf, die von der bisherigen Planung des KSC abweicht. Auch hier hätte es vorher Absprachen geben müssen. 

Ein Verzug der Planungen könnte laut Kammer nicht hingenommen werden. Der KSC ist mit der Vorlage der Planungen derzeit nicht in Verzug.

Die Urteilsverkündung ist abgeschlossen.

16.12 Uhr

KSC-Präsident Ingo Wellenreuther sagt im Anschluss an die Urteilsverkündung: "Wir sind in Summe sehr zufrieden. Wir bedauern zutiefst, dass es notwendig war, dass wir vor Gericht ziehen mussten." 

"Wir bekommen endlich Einsicht in den Bauvertrag, darum kämpfen wir schon seit Monaten. Erst dadurch können wir überhaupt verschiedene Bereiche unserer Rechte wahrnehmen", so Wellenreuther.

Ingo Wellenreuther (KSC Präsident)
Ingo Wellenreuther (KSC Präsident) | Bild: Tim Carmele | TMC-Fotografie

"So ein Projekt kann man nur auf Vertrauensbasis bewerkstelligen. Wir hoffen, dass wir mit der Stadt in Zukunft besser kooperieren. Das war in der Vergangenheit leider nicht der Fall", so Wellenreuther.

Zudem sagt der 59-Jährige: "Kein Mensch beim KSC hat auch nur eine Sekunde einen Baustopp gewollt. Das war nur so formuliert worden, um die berechtigten Ansprüche, die uns das Gericht jetzt zugesprochen hat, durchzusetzen. Jeder Tag, an dem das Stadion früher fertig wird, ist ein guter Tag für den KSC". 

 

 17.30 Uhr: OB Mentrup nimmt Stellung, Ende des Live-Tickers

Auch Oberbürgermeister Frank Mentrup äußert sich nach der Urteilsverkündung. "Für den Verein und das Präsidium eine peinliche Klatsche, ansonsten ist das Urteil ein sensationeller Erfolg", sagte Mentrup am Freitagabend gegenüber der Presse. 

Auch Oberbürgermeister Frank Mentrup äußert sich zum Urteil des Landgerichts.
Auch Oberbürgermeister Frank Mentrup äußert sich zum Urteil des Landgerichts. | Bild: Melissa Betsch

Ein Hauptpunkt der Verhandlung sei die Rollenverteilung zwischen dem Karlsruher SC und der Stadt gewesen. "Jetzt ist klar: Der Verein kann keinen Baustopp erzwingen", so Oberbürgermeister Mentrup weiter. 

Wie geht es nun weiter? Können nach der Urteilsverkündung der Verein und die Stadt wieder zusammenfinden? "Der KSC riskiert natürlich die Gesprächskultur", sagt Mentrup. "Ich hoffe, dass wir in den nächsten Wochen und Monaten in einen etwas mehr vernunftgesteuerten Gesprächsfluss kommen und das Stadion gemeinsam entwickeln."

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