"Es ist natürlich nicht erfreulich, dass wir bei den Inzidenzen gerade ein Plateau, zum Teil sogar leicht steigende Zahlen haben", eröffnet Michael Geißler, Geschäftsführer des Städtischen Klinikums Karlsruhe, die Pressekonferenz am Freitagvormittag. Für Geißler seien vor allem die aktuellen Entwicklungen rund um den R-Wert und der steigende Anteil der Virusmutationen kritisch zu sehen.
R-Wert und Mutation sind Grund für Sorge
"Der R-Wert liegt um eins und der Anteil der Mutationen nimmt auch in der Region weiter zu", so der Klinik-Chef. Vor zwei Wochen hätten die Mutationen einen Anteil von zirka zehn Prozent der positiven Corona-Befunde ausgemacht, mittlerweile sei dieser auf 25 Prozent gestiegen und wird in den nächsten Wochen auf 40 bis 50 Prozent ansteigen. "Die Mutationen werden ohne Zweifel das Kommando übernehmen", so Geißler.

Diese führe auch dazu, dass man aktuell weit entfernt sei von dem Ziel, eine Inzidenz von 35 zu erreichen und das Klinikum nicht - wie eigentlich geplant - am Montag in die Pandemiestufe eins für den Normalbetrieb wechseln könne.
Geißler: "Wir sehen auch bei uns, dass es nicht wirklich vorangeht. Die Zahlen bei uns spiegeln das wider, was der R-Wert und die Inzidenzen aussagen." In Karlsruhe lag die Sieben-Tage-Inzidenz am Donnerstag bei 47,7 für den Stadtkreis, im Landkreis bei 62,5.
Konkret bedeutet dies, dass sich im Städtischen Klinikum aktuell 18 Personen auf der Covid-Allgemeinstation befinden, hinzu kommen vier Quarantäne- oder Verdachtsfälle. Auf der Covid-Intensivstation sind aktuell neun Menschen in Behandlung, von denen vier beatmet werden müssen.
Geißler für deutlich verlängerten Lockdown
Auch Mutationsfälle würden aktuell im Klinikum behandelt: vier Personen mit der britischen und drei mit der südafrikanischen Variante. Aufgrund der aktuellen Stagnation warnt Geißler vor zu verfrühten Lockerungen. Zwar sei auch beim Klinik-Chef die Sehnsucht nach Lockerung und Normalität groß, doch diese "wären in der aktuellen Phase unverantwortlich".

"Auch ich will wieder Freunde treffen oder einfach essen gehen und ich kann verstehen, dass die Menschen das nun fordern, doch die andere Seite, der Schutz vor der Pandemie, ist aktuell wichtiger", meint Geißler. Deswegen fordert er mit Blick auf die nächsten Bund-Länder-Beratungen in der kommenden Woche den Mut, den Lockdown weitere vier Wochen aufrechtzuerhalten.
"Das Klinik-Personal arbeitet am Limit"
Einzig für Kinder, Schulen und Kitas könnten Ausnahmen gemacht werden. "Aber das restliche Leben muss sich weiter gedulden, sonst sind wir ganz schnell wieder in der Situation der ersten Januar-Woche. Das wäre katastrophal."
Allen voran den Klinik-Mitarbeitern könne man einen Rückschlag bei zu frühen Lockerungen nicht zumuten. "Unser Personal arbeitet seit einem Jahr am physischen und psychischen Limit und ist weichgekocht", sagt Geißler. "Wir befinden uns gerade in einer entscheidenden Phase."
Gründe für eine weitere Lockdown-Verlängerung seien laut Geißler unter anderem der "fehlende Mut" für einen kompletten Lockdown im November. "Das hätte und die jetzige Situation sicher deutlich vereinfacht." Und auch die aktuell geringe Impfquote spiele eine Rolle.

"Wenn die Quote ähnlich wäre wie in Großbritannien oder Israel, könnte man langsam über Lockerungen nachdenken, aktuell ist das aber leider nicht der Fall", erklärt Geißler. "Die Zahl der Impfungen ist noch zu gering, damit sie eine Auswirkung auf den Verlauf der Pandemie haben könnten. Das einzig richtige Mittel sind die aktuellen Maßnahmen."
Trotz der geringen Impfzahl sei doch eine Veränderung bei den Infektionen zu erkennen, wie Klinikdirektor Martin Benz ergänzt. "Die Infektionen bei den über 80-Jährigen nimmt deutlich ab, dafür haben wir nun mehr 50 bis 70 Jahre alte Menschen, die sich infizieren." Im Klinikum selbst sei inzwischen ein Viertel aller Mitarbeiter geimpft.
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