Nachdem am gestrigen Dienstag viele der größeren Themen wie Klima, Soziales und Bildung innerhalb des neuen Haushaltes durchgesprochen wurden, ist der heutige Verhandlungstag geprägt von Steuer- und Finanzfragen. Während am Dienstag von einer leeren Stadtkasse gesprochen wurde, herrscht erneut Uneinigkeit, wie Finanzen eingenommen, eingespart und ausgegeben werden sollen.
"Wer so einen Antrag stellt ist realitätsfern"
So ist es beispielsweise ein Antrag der Linken, die insgesamt auch die meisten Anträge dieser Sitzung gestellt haben, die Parkgebühren zu erhöhen. Ein Anliegen, das von mehreren Seiten auf heftige Gegenwehr trifft. "Wir haben die Parkgebühren gerade erst erhöht", sagt Stadträtin Petra Lorenz der Freien Wähler. "Wir würden damit nicht nur die Einzelhändler treffen, sondern auch sozial schwächere Autofahrer."

Auch die CDU-Fraktion steht einer Erhöhung der Parkgebühren kritisch gegenüber. "Gerade in Corona-Zeiten, wo der öffentliche Verkehr weniger genutzt wird, wäre das ein Fehler", so der Stadtrat Thorsten Ehlgötz. "Wer diesen Antrag stellt ist realitätsfern." Umgekehrt kritisiere Die Linke auch gewisse Einstellungen der Christdemokraten.
"Die CDU spricht immer von sparen"
"Wir hören immer, wie die CDU vom Sparen spricht. Aber das ist schwer ernst zu nehmen, wenn man bedenkt, welche Summen für Bauprojekte ausgegeben werden, deren Hauptzweck in Ästhetik oder Prestige liegt", sagt Stadträtin Mathilde Göttel. Bei der mit Natursteinen gepflasterten Flaniermeile in der Kaiserstraße spricht sie von einer "Vergoldung".

"Dabei haben wir genügend andere Probleme mit Bildung, Umwelt und Sozialaspekten." Dem widerspricht der Oberbürgermeister: "Bei den Maßnahmen in der Kaiserstraße geht es am wenigsten um Schönheitsreparaturen. Wir nutzen dort die Gelegenheit, die die Kombilösung uns bietet um beispielsweise teils 100 Jahre alte Rohrleitungen auszutauschen", sagt Frank Mentrup.

Die Baumaßnahmen in der Kaiserstraße sei allerdings nicht das einzige Thema zum Stadtbild, das innerhalb der Fächerstadt Kontroversen erzeugt.
Zur Stadthalle: "Es ist katastrophal gelaufen. Wir stimmen zu."
Eines der empfindlichsten Sorgenkinder des Gemeinderates sei noch immer die Stadthalle und dennoch herrschte bei der Entscheidung, ob sie im aktuellen Kostenumfang von 135 Millionen Euro dennoch saniert werden solle Einstimmigkeit. Die Halle müsse saniert werden. "Ich danke Ihnen, dass Sie noch einmal klargestellt haben, dass ein Neubau deutlich teurer wäre, als auch diese Sanierung", sagt Stadtrat Aljoscha Löffler zum Oberbürgermeister.

Das sei auch der Hauptgrund für die Einigkeit innerhalb des Gemeinderates. Auch wenn von den meisten Fraktionen die Rückschläge anerkannt werden. "Wir haben große Fehler gemacht und viel Vertrauen bei den Bürgern eingebüßt", sagt FDP-Stadtrat Tom Høyem. "Das sieht man beispielsweise an der Kommentarfunktion bei ka-news.de."

Nichtsdestotrotz räume er ein, dass "die Sanierung alternativlos ist. Es ist katastrophal gelaufen. Wir stimmen zu." Einzig und alleine Lüppo Cramer von der Karlsruher Liste suche keine Schuld beim Gemeinderat: "Wir haben uns an die Fachausschüsse und vorgeschlagenen Unternehmer gehalten. Der Gemeinderat selbst hat keine derart gravierenden Fehler gemacht."
"Lebensqualität kostet natürlich"
Um derartige Kosten wie die der Stadthalle zu decken, müsse die Stadt zunächst einmal finanzielle Mittel. Steuererhöhungen waren dabei ein Vorschlag, der verhandelt wurde. Während die Stadtverwaltung eine Grund- und Gewerbesteuererhöhung vorschlägt, beantragt die Linksfraktion eine Vergnügungs-, Übernachtungs-, Wettbüro-, Tourismus- und Zweitwohnungssteuer. Vorschläge, die auf heftige Gegenwehr der CDU, AfD, FDP, Freie Wähler und auch der Karlsruher Liste trafen.

"Wir sind der Ansicht, dass es der Stadt gut geht", sagt Cramer. "Nur zu oft haben wir erlebt, dass die Stadt zwar von furchtbaren Engpässen spricht, am Ende des Doppelhaushalts aber sogar Gewinne gemacht hat. Dagegen halte die SPD: "Karlsruhe hat eine hohe Lebensqualität und Lebensqualität. Und Lebensqualität kostet natürlich auch." Eine Grund- und Gewerbesteuererhöhung stimme die SPD-Fraktion also zu. Dazu äußere sich auch Grüne und Linke.

"Es ist falsch und unterkomplex zu behaupten, dass die Gewerbesteuer Unternehmen aus Karlsruhe fernhält. Fläche und Lebensqualität sind nachgewiesenermaßen relevanter", sagt der Stadtrat der Linken Lukas Bimmerle. "Es wäre sinnvoll, Grund- und Gewerbesteuer jetzt zu erhöhen und sie in den nächsten fünf Jahren stabil zu halten. Doch wenn man sich die Defizite in der Stadtkasse ansehen brauchen wir mindestens diese zwei Erhöhungen."
Der Steuererhöhung wurde zugestimmt.
Letzten Endes entscheidet sich der Gemeinderat für eine Erhöhung der Gewerbesteuer um einen Hebesatz von 20 Prozentpunkten sowie eine Erhöhung der Grundsteuer. Die ergänzenden Steueranträge der Linken wurden abgelehnt. "Das war zu erwarten. Und grundsätzlich sind wir zufrieden, dass die beiden Steuern der Stadt bewilligt wurden, aber ich bin sicher, dass die Zusatzsteuern in zwei Jahren noch einmal relevant werden", meint Bimmerle dazu.

Generell wurde auch an diesem Tag der größere Teil der Anträge abgelehnt, einige Entscheidungen sind unten zusammengefasst. Auch diese Entscheidungsliste des zweiten Tages erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, der Liveticker der Stadt (externer Link) wurde jedoch weiterhin aktualisiert. Dort sind auch alle Unterlagen abrufbar. Die jeweilige Ordnungsziffer (OZ) zum Antrag steht jeweils in Klammer.
Die Entscheidungen des zweiten Tages:
- Antrag der Für Karlsruhe und Freie Wähler-Fraktion die Wassertemperatur der Hallenbäder in Karlsruhe um ein Grad senken. Abgelehnt (OZ 142)
- Antrag der AfD den Zuschuss für das Fahrradleihsystem in Karlsruhe ersatzlos streichen. Antrag zurückgezogen (OZ 144).
- Antrag der Linken, das Projekt Öffentlicher Raum und Mobilität Innenstadt (ÖRMI) mit 300.000 Euro unterstützen. Abgelehnt (OZ 146).
- Antrag der Linken für Reallabore in Karlsruhe, wie autofreie Bereiche und Radfahrzonen eingerichtet werden könnten. Abgelehnt (OZ 147).
- Antrag der Grünen und der Linken auf mehr Flexibilität zur Karlsruher Wohnraumförderung (KaWoF). Zurückgezogen ((OZ 149).
- Antrag der Linken die Parkgebühren in Karlsruhe zu erhöhen. Zurückgezogen (OZ 150).
- Antrag der Linken die Investitionen in die Straßeninfrastrukturen zu reduzieren. Zurückgezogen (OZ 151).
- Antrag der Linken die Neubeschienung und Neupflasterung der Kaiserstraße zu verschieben und an den 35 Millionen Euro Baukosten zu sparen. Abgelehnt (OZ 153).
- Antrag der Grünen und der SPD das Personal des Gartenbauamtes zu erhöhen und aufzustocken. Angenommen (OZ 155).
- Antrag der Freien Wähler und FÜR Karlsruhe zur Umstellung von saisonaler zu Dauerbepflanzung. Abgelehnt (OZ 157).
- Antrag der Grünen zur Erhöhung des Budgets für Dachflächenbegrünung. Angenommen (OZ 158).
- Antrag der Karlsruher Liste und der Partei für ein Karlsruher Lichterfest im Zweijahresrhythmus. Abgelehnt (OZ 159).
- Antrag der CDU zu Wohnraum an der Stuttgarter Straße schaffen. Abgelehnt (OZ 161).
- Antrag verschiedener Fraktionen zur Sanierung des Bolzplatzes in der Albert-Braun-Straße Oberreut. Einstimmig angenommen (OZ 162).
- Antrag der Karlsruher Liste und der Partei zu Einsparungen bei der Graffiti-Entfernung. Abgelehnt (OZ 163).
- Antrag der Linken zu dauerhaftem Winterbetrieb auf allen Karlsruher Hauptfahrradrouten. Entscheidung verschoben (OZ 164).
- Antrag der Grünen auf jährlich 15.000 Euro Budget für die Umsetzung eines Naturparkkonzepts. Entscheidung verschoben (OZ 167).
- Antrag der Grünen, Linken und SPD Personalaufstockung für die Gebäudestrategie Karlsruhe (Ziel: Bis in die 2040 alle Gebäude klimaneutral werden zu lassen). Angenommen (OZ 168).
- Antrag der Grünen und der SPD für die Modernisierung der Turnhalle der Ernst-Reuter-Schule. Angenommen (OZ 172).
- Antrag der Linken zu einem Abbau der Gehälter auf der Leitungsebene in städtischen Gesellschaften. Abgelehnt (OZ 14).
- Antrag der Grünen um eine Erhöhung der Mittel (bis zu 500.000 Euro) für die Sanierung des Stadtklinikums. Abgelehnt (OZ 16).
- Antrag der Linken einmaliger finanzieller Zuschlag für Mitarbeiter am Städtischen Klinikum. Abgelehnt (OZ 17)
- Antrag der Freien Wähler und der CDU einer Gewinnabführung der Volkswohnungen an die Stadt. Abgelehnt (OZ 18).
- Antrag der AfD zur Finanzierung der Karlsruher Energie- und Klimaschutzagentur einzuschränken. Abgelehnt (OZ 20).
- Antrag der Partei und der Karlsruher Liste auf eine globale Minderausgabe. Abgelehnt (OZ 1).
- Antrag der AfD zur Verhinderung der Verpackungssteuer. Abgelehnt (OZ 173).
- Tagesordnungspunkt 3: Eine Erhöhung der Grund- und Gewerbesteuer. Angenommen.
- Tagesordnungspunkt 5: Aufgaben des Citymarketings in die Karlsruher Marketing und Event GmbH integrieren. Einstimmig angenommen.
- Tagesordnungspunkt 9: 200.000 Euro in den KI-Innovationspark Baden-Württemberg investieren. Angenommen.
- Tagesordnungspunkt 10: 420.000 Euro Eigenanteil der Stadt Karlsruhe am Förderprogramm "Zukunftsfähige Innenstädte". Angenommen.
- Tagesordnungspunkt 13: Fortsetzung der Sanierung der Stadthalle (inklusive der 60 Millionen Euro Mehrkosten). Angenommen.