Einig ist man sich zumindest über eines: Der jetzige Busbahnhof muss weg - zu klein und zu unansehnlich. "Das Erscheinungsbild des gegenwärtigen Standorts am Südausgang des Hauptbahnhofs erinnert eher an eine größere Bushaltestelle als an das Fernbusterminal einer modernen Großstadt", sagte Karlsruhes Oberbürgermeister Frank Mentrup bei der Veranstaltung. "Man muss bedenken: es nicht das erste, was ein Ettlinger oder Rüppurer zu sehen bekommt, wenn er in Karlsruhe aussteigt, sondern vielleicht jemand aus London oder Paris". Auch Peter Ottermann vom Stadtplanungsamt bezeichnete den Busbahnhof als eine "Art Visitenkarte der Stadt". Deshalb sei nicht nur mehr Kapazität, sondern auch eine bessere Qualität das Ziel jedes neuen Terminals.
Ebenfalls als unstrittig gilt, dass der Busbahnhof weiterhin nahe am Hauptbahnhof liegen soll. Hier bieten ÖPNV und die Südtangente eine fast optimale Verkehrsanbindung. Konkret hatte der Planungsausschuss über drei Standortvarianten für das neue Terminal beraten. Eine davon wurde bereits verworfen: In der Victor-Gollancz-Straße gibt es zu wenig Platz und vor allem zu viele Anwohner in unmittelbarer Nachbarschaft, die durch mehr Lärm und Abgase belastet würden, so die einhellige Meinung. Im Rennen sind jetzt noch der Standort direkt neben dem (südlichen) Bahnhofsplatz - also fast der gleiche Ort wie bisher -, sowie eine Stelle weiter östlich zwischen heutiger Güterbahn- und Fautenbruchstraße, etwa auf Höhe der Ettlinger Straße.
Kurze Wege - oder mehr Platz
Beide Standorte haben verschiedene Vor- und Nachteile: der eine liegt näher am Südausgang des Hauptbahnhofs, bietet also kürzere Wege zum Nahverkehr. Außerdem könnte das neue Busterminal hier ebenerdig und damit auch barrierefrei angelegt werden. "Rein funktional betrachtet ist dieser Standort deshalb meiner Meinung nach am besten geeignet", so Architekt und Stadtplaner Werner Gerhardt.
Die östliche Variante dagegen wäre fast einen halben Kilometer vom Bahnhof entfernt. Dabei müsste auf dem Weg zum Hauptbahnhof mindestens eine Straße über- oder unterquert werden. Dafür gibt es hier eine bessere Anbindung an den Straßenverkehr und vor allem mehr Platz: 14 Bussteige wären möglich - im Vergleich zu 11 bei der westlichen Variante am Hauptbahnhof. Das größere Platzangebot böte auch mehr Flexibilität für spätere Um- oder Ausbauten.
Hochhäuser am Bahnhofsplatz?
Allen Varianten gemein ist die Integration des neuen Busbahnhofs in größere Gebäudekomplexe: geplant sind stets eine Tiefgarage für PKW unter dem Terminal und mehr oder weniger starke Bebauung direkt darüber. Hier liegt dann auch der eigentliche Knackpunkt bei der Diskussion um den Fernbusstandort: auf dem Areal südlich des Hauptbahnhofs sollen Neubauten vor allem für Büros, aber auch Läden, Gastronomie und ein Hotel entstehen. Hochhäuser mit 13 bis 20 Stockwerken könnten dann den Bahnhofsplatz einrahmen.
Der westliche Standort des Busbahnhofs läge direkt unter, beziehungsweise in einem jener Gebäude, wo die Stadt die hochwertigsten Büroflächen des Projekts ansiedeln möchte. Michael Kaiser von der Karlsruher Wirtschaftsförderung sieht ein "adäquates Arbeiten" in solchen Büros mit integriertem Busbahnhof durchaus als Herausforderung an. Oberbürgermeister Mentrup nannte Nürnberg als negatives Beispiel, wo sich Fernbusterminal und ein hochwertiger Bürokomplex "gegenseitig im Weg stehen". Außerdem seien es selbst vom näheren Standort des neuen Busterminals immer noch rund 240 Meter bis zum Hauptbahnhof, der Unterschied zur westlichen Variante also nicht sehr groß.
Hauptbahnhof Süd oder "gordischen Knoten" von Karlsruhe
"Es geht nicht nur um ein paar Meter mehr oder weniger, sondern auch um die Qualität der Wege - ob ich erst noch über eine Kreuzung oder durch eine Unterführung muss", hält Stadtrat Johannes Honné von den Grünen dagegen. Seine Fraktion werde sich für den westlichen Standort einsetzen. Auch Rita Fromm von der Karlsruher FDP sprach sich für diese Variante aus. Seit 1989 beschäftige sich die Stadt schon mit dem Gebiet südlich des Hauptbahnhofs, nun müsse dieser "gordische Knoten" in Karlsruhe endlich gelöst werden. "Und egal wie sich der Fernbusverkehr in Zukunft entwickelt - der jetzige Busbahnhof muss verbessert werden", betont Fromm.
"Warum ist denn der 'Bahnhof-Süd' noch nicht bebaut? Sehen sie sich das Areal einmal an: da sind überall Parkplätze. Es ist eine Verkehrsdrehscheibe. Wir haben eigentlich Investoren dafür, aber die wollen nicht direkt über einer Verkehrsdrehscheibe sitzen und bevorzugen dann eben die Ludwig-Erhard-Allee", so Karlsruhes erste Bürgermeisterin Margret Mergen. Ein neuer Fernbusbahnhof verschärfe diese Problematik. Auch Thomas Müller von CDU-Fraktion im Gemeinderat will den östlichen Standort noch nicht abschreiben.
Tendenz zum Standpunkt nahe Hauptbahnhof - Entscheidung beim Gemeinderat
Und was denken die Karlsruher Bürger? Über 50 von ihnen saßen bei der Veranstaltung im Publikum. Nach einer ersten Präsentation konnten sie ihre Meinungen, Fragen und Anregungen auf Karteikarten schreiben und an eine eigene Pinnwand für jede Standortvariante heften.
Das (nicht repräsentative) Ergebnis zeigte relativ eindeutig, dass sie den westlichen Standort näher am Hauptbahnhof bevorzugten. Ob dieses Trends versprachen auch Befürworter der östlichen Variante, das Meinungsbild der Bürger in ihre Überlegungen mit einfließen zu lassen. Letztendlich entscheidet aber der Gemeinderat, wo der neue Busbahnhof stehen wird. Anke Karmann-Woessman vom Stadtplanungsamt hofft auf einen Entschluss noch in diesem Jahr, spätestestens aber Januar oder Februar 2014: "Wir werden die Entscheidung auf keinen Fall auf die lange Bank schieben".
Mehr zum Thema Fernbusse:
Fernbusse kommen: Karlsruher Online-Portal sagt wann und wo
Stinkekäse und Sprüchle: Mit dem Fernbus von Karlsruhe nach Berlin
Hinweis: Kommentare geben nicht die Meinung von ka-news wieder. Der Kommentarbereich wird 7 Tage nach Publikationsdatum geschlossen. Bitte beachten Sie die Kommentarregeln und unsere Netiquette!