Um die Hochwassergefahr am Rhein zu reduzieren, wurde vor über 30 Jahren das integrierte Rheinprogramm (IRP) vom Land Baden-Württemberg verabschiedet. Das Projekt sieht vor, 13 Hochwasserrückräume zu erschaffen, die die Auen am Oberrhein weitestgehend erhalten oder wiederherstellen sollen.
Der geplante Polder am Bellenkopf /Rappenwörth ist einer von ihnen. Auf einer Fläche von 510 Hektar soll das Becken als "gesteuerter Hochwasserrückhalteraum" angelegt werden und künftig bis zu 14 Millionen Kubikmeter Rheinwasser aufnehmen können.

Damit würde der Polder zum Beispiel die Rückhaltebecken an der Rheinschanzinsel zwischen Philippsburg und Oberhausen-Rheinhausen und das Elisabethenwört bei Dettenheim ergänzen. Doch seit Anbeginn gibt es bei diesem sehr komplexen Projekt Unstimmigkeiten.
"Hochwasserschutz ist eine gemeinsame Verantwortung"
Die mehrheitliche Zustimmung erhielt der Polder bereits im Jahr 2012 im Gemeinderat. Ein Jahr nachdem das Regierungspräsidium seinen Antrag zur "Durchführung des Planungsfeststellungsverfahrens" beim Landratsamt in Karlsruhe eingereicht hatte.
Darin wird unter anderem über die "Sanierung, Neubau und Ertüchtigung" vorhandener Hochwasserschutzdämme und über die "Errichtung der Ein- und Auslassbauwerke und die Durchführung ökologischer Fluten" verhandelt. Erst am 23. Dezember 2020 wurde der Beschluss an das Regierungspräsidium zurückgeschickt.

Doch genau hier legt das Problem: Um ökologischen Flutungen zu gewährleisten, müssten massive Einschnitte in die Umwelt hingenommen werden.
Darunter: Die Versetzung der Straße L566, die Höherlegung der Hermann-Schneider-Allee, der Wegfall des Wildgeheges und der Bau einer vier Meter hohen Spundwand. Vielen, auch einigen Gemeinderatsmitgliedern, sind diese Umwelteinschnitte zu extrem - und zu teuer. Rund 186 Millionen Euro soll das Becken letztendlich kosten.
Einen weiteren Schritt in Richtung Abschluss wurde während der Gemeinderatssitzung am 22. Dezember unternommen. Denn da stimmten alle Fraktionen einstimmig für den Vertrag zwischen dem Land Baden-Württemberg und der Stadt Karlsruhe zu, der unter anderem den Grundstücksbesitz der beiden Parteien regelt.

Doch wieso dieses einstimmige Ergebnis, wenn so Viele dagegen sind?
"Letztendlich ist Hochwasserschutz eine gemeinsame Verantwortung - nicht nur gegenüber Karlsruhe, sondern auch gegenüber anderen Gemeinden. Da hat man letztendlich keine Wahl", so das Fazit.
Ist der Polder wirklich nötig?
Laut Experten wie Manfred Bremicker, Leiter des Referats Hydrologie und Hochwasservorhersage der Landesanstalt für Umwelt Baden Württemberg (LUBW), zufolge, ja.
Denn: Der Polder Bellenkopf/Rappenwört ist als Bestandteil eines großen Hochwasserschutzkonzeptes dem IRP, zu verstehen - mit dem Zweck, der Hochwasserverschärfung entgegenzuwirken, die infolge des Oberrheinausbaus zustande kam.
"Durch den Polder Bellenkopf/Rappenwört kann im Verbund mit den übrigen vorhandenen und geplanten Hochwasserrückhalteräumen am Oberrhein eine Hochwasserschutzwirkung vor einem etwa 200-jährlichen Ereignis erreicht werden", erklärt der Experte auf Anfrage von ka-news.de.
"Ohne diesen Schutz wäre die Hochwassergefahr ganz erheblich."
Selbst die massiven baulichen Eingriffe sind für die Reduzierung der Hochwassergefahr als notwendig zu betrachten, so Bremicker.
Der Beschluss ist da - Wann geht es los?
Bleibt die Frage, ab wann geht der Baubetrieb denn los? Schließlich steht dem Bau des Polders im Grunde nichts mehr im Wege - so zumindest die Aussage des Landratsamtes Karlsruhe. Doch wie sieht es das Regierungspräsidium?
Dieses hat nach eigenen Angaben großes Interesse daran, möglichst bald mit einer "rechtlich zulässigen Umsetzung" des Projektes zu beginnen. Die Leitung wird Planungsingenieur Thorsten Daum übernehmen.

Wann das jedoch sein wird, lässt sich derzeit nicht sagen.
"Es muss erst abgewartet werden, ob Rechtsmittel eingelegt werden. Danach erst folgen die planerischen und sonstigen Vorarbeiten. Darunter fallen Vermessungsarbeiten und Baugrunderkundungen sowie insbesondere Beauftragungen der Planer und Erstellung der Ausführungsplanungen", so das Regierungspräsidium auf Anfrage von ka-news.de.
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