18:09Gemeinderat stimmt einstimmig zu
Der Gemeinderat hat am Dienstagnachmittag einstimmig entschieden: Mit 41 Ja-Stimmen werden die 85 Maßnahmen der "Klimaanpassungsstrategie 2021" künftig umgesetzt. Mehrheitlich abgelehnt haben die Karlsruher Stadträte lediglich einen Änderungsantrag, den KAL/Die Partei-Fraktionsvorsitzender Lüppo Cramer während der Sitzung gestellt hatte.
Darin hatte er gefordert, die Öffentlichkeit nicht - wie ursprünglich angedacht - alle zwei Jahre, sondern jährlich über den Fortschritt der Maßnahmen-Umsetzung zu informieren. Sowohl die Verwaltung als auch 37 Stadträte sehen das allerdings als zu aufwendig an und haben den Antrag daher abgelehnt.
12:33Diese Maßnahmen sind geplant
Der Klimawandel ist im vollen Gange - und wird auch immer mehr in der Fächerstadt spürbar. Während die letzten Jahre von sehr heißen Sommer geprägt waren und außergewöhnlich wenig Regen fiel, schlägt der diesjährige Sommer mit enormen Unwettern und Niederschlagsmengen zu Buche.

Darauf will die Stadt jetzt reagieren. Durch eine "Klimaanpassungsstrategie 2021" sollen Maßnahmen unternommen werden, um die Stadt zukünftig besser auf derartige Extreme vorzubereiten. Aber was genau soll diesbezüglich eigentlich unternommen werden?
16 Handlungsfelder, 85 Maßnahmen
Der Entwurf jener Anpassungsstrategie, die eine Fortführung einer bereits vorangegangenen Strategie aus dem Jahr 2013 darstellt, besteht aus 85 Maßnahmen. Viele dieser Maßnahmen wurden bereits durchgeführt, werden aktuell durchgeführt oder kamen neu hinzu.
Dateiname | : | Klimaanpassungsstrategie 2021 Kurzfassung |
Dateigröße | : | 3389481 |
Datum | : | 26.07.2021 |
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"In der Strategie 2013 waren 55 Maßnahmen vorgesehen. Damit sind in der neuen Strategie 30 Maßnahmen hinzugekommen. Von diesen sind 20 Maßnahmen bereits zwischen 2013 und 2020 in die Umsetzung gekommen. Das heißt, mit diesen Maßnahmen wurde auf neue Herausforderungen oder Bedarfe reagiert", heißt seitens der Stadt Karlsruhe.
Diese Maßnahmen sind wiederum in 16 Handlungsfelder unterteilt:
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ÜbergreifendesIm ersten Punkt geht es primär darum, die Öffentlichkeitsarbeit verstärkt in dieses Themengebiet miteinzubinden.
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GesundheitDue Stadt möchte ein besonderes Augenmerk auf die Vermittlung von Verhaltensempfehlungen bei Hitzesommern legen, indem zum Beispiel der Ausbau von Hitzewarnsystemen vorangetrieben werden soll. Auch die Bekämpfung von Tieren (zum Beispiel die Tigermücke) und Pflanzen, die die Gesundheit der Bürger gefährden können sind in diesem Handlungsfeld verankert
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LandwirtschaftDa die Landwirtschaft besonders unter den Auswirkungen des Wetters zu leiden hat, sollen hier Anbaustrategien vorgenommen werden, um flexibler auf Klimaveränderungen reagieren zu können. Dazu sind Anpassungen bei Aussaatterminen und Neuerungen im Sortenspektrum vonnöten.
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WaldAuch der Wald leidet unter den Trockenmonaten, weshalb hier eine Nachforstung durch hitzebeständigere Baumsorten im Fokus steht. Ebenso soll in diesem handlungsfeld überlegt werden, wie gegen die Ausbreitung von Neophyten vorgegangen werden soll.
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BodenLanganhaltende Trockenheit und Hitze und plötzliche Starkregenereignisse: Den Böden sind die Auswirkungen des Klimawandels an der Oberfläche anzusehen. Mit den Veränderungen des Bodenwasserhaushalts und der Bodentemperatur werden die bodenbildenden und bodenentstehenden Prozesse verändert. Die Maßnahmen zur Klimaanpassung haben die Ziele, den Boden vor Versiegelung und Verdichtung sowie vor Veränderungen wie Humusabbau und Erosion zu schützen.
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Stadtplanung und StadtbauDa Karlsruhe eine wachsende Stadt ist, müssen auch bei den weiteren Bauplanungen und Konzepten Klimaanpassende Vorkehrungen getroffen werden. Dazu gehören zum Beispiel die Begrünung von Dächern, Fassaden und Freiflächen und die Versickerung und Zwischenspeicherung von Regenwasser.
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Gebäudehohe Temperaturen beeinflussen den Wohnkomfort der Bewohner sowie die Arbeitsqualität in Bürogebäuden.Konventionelle Klimaanlagen zur Abkühlung stehen wegen des notwendigen Energiebedarfs allerdings in Konflikt mit den Klimaschutzzielen. In städtischen Gebäuden sollen deshalb intelligente Lüftungssysteme eingesetzt werden, die an den Witterungsverlauf angepasst das Öffnen und Schließen der Gebäudeöffnungen steuern.
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StadtgrünGrünflächen sorgen für "kühle Inseln" im Stadtgebiet, doch die Trockenperioden machen den Pflanzen zu schaffen. Darum sollen in Zukunft ein verstärkter Einsatz von innovativen, technischen Lösungen im Bestandsgrün sowie stadtplanerische Instrumente zum Einsatz kommen, um die Grünflächen besser an zukünftige Klimabedingungen anzupassen.
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Naturschutz und Erhalt und Förderung der Biologischen VielfaltDieses Handlungsfeld beschäftigt sich mit der dauerhaften Sicherung und Förderung der Biologischen Vielfalt. Darunter fällt zum Beispiel auch die Erarbeitung eines kommunalen Artenschutzkonzepts.
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OberflächengewässerMit der Veränderung des Klimas ändert sich der Wasserhaushalt. Es werden mehr Starkregenereignisse erwartet, aber auch mehr Hitzeperioden und Trockenphasen. Ebenso wirkt sich der Klimawandel auf die Lebensgemeinschaften in den Gewässern aus. Darum behandelt dieses Handlungsfeld vor allem den Hochwasserschutz der Stadt Karlsruhe. So soll zum Beispiel an der Alb des 100-jährliche Hochwasserschutz wiederhergestellt werden. Auch die Nutzung des landesweiten Flutinformations- und Warnsystems FLIWAS ist in Planung.
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Grundwasserbewirtschaftung und TrinkwasserversorgungDieses Handlungsfeld prüft die Sicherstellung der langfristigen Trinkwasserversorgung und die Grundwasserbilanzen der Stadt
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StadtentwässerungAufgabe der Stadtentwässerung ist es, Abwasser aller Art aus den Siedlungsbereichen einer Abwasserbehandlungsanlage oder einem Vorfluter (Fließgewässer) zuzuleiten. Hinsichtlich des Klimawandels, stellt für die Stadtentwässerung der Umgang mit extremen Starkregenereignissen die größte Herausforderung dar. Ein zentraler Ansatz für die Klimaanpassung ist es, die Überflutungsvorsorge und Regenwasserretention systematisch in neue Planungen einzubringen, um die Überflutungsgefahr im bebauten Gebiet auf ein tolerierbares Maß zu reduzieren
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EnergieBei diesem Handlungsfeld beschäftigt sich die Stadt mit der Ausweitung von energieeffizienten, klimafreundlichen Lösungen zur Energieerzeugung.
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VerkehrStraßen und Schienenverkehr sind stets dem Extremwetter ausgesetzt. Auch der Komfort der Fahrgäste wird dadurch beeinflusst. Hier sollen vor allem technische Lösungen eingesetzt werden, um eine Anpassung an den Klimawandel zu erreichen. Darüber hinaus können über die Gestaltung von Verkehrsflächen grüne Elemente und Grün- und Freiräume im öffentlichen Raum geschaffen werden, die vor allem bei Hitzeperioden eine günstige Wirkung auf das Lokalklima haben.
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Wirtschaft und ArbeitslebenUnter diesem Punkt will die Stadt prüfen, inwiefern Mitarbeiter unter den hohen Temperaturen leiden und welche Vorkehrungen dagegen getroffen werden können (Verschattung oder Lüftung von Büroräumen und durch organisatorische Anpassungsmaßnahmen wie der Verschiebung der Arbeitszeiten im Rahmen von Gleitzeitregelungen und der Bereitstellung von Getränken.)
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BevölkerungsschutzDie steigende Wahrscheinlichkeit des Eintretens von wetterbedingten Großschadensereignissen erfordert im Bereich des Bevölkerungsschutzes die Vorbereitung auf diverse Katastrophenszenarien sowie deren Bewältigung. Aus diesem Grund sollen regelmäßig Übungen mit den Akteuren des Bevölkerungsschutzes durchgeführt werden. Damit werden Technik und Taktik für mögliche neue Einsatzszenarien überprüft und können an künftige Herausforderungen angepasst werden. Hinzu kommt, dass die Branddirektion in ihrer Öffentlichkeitsarbeit die Bevölkerung regelmäßig über Selbstschutzmaßnahmen unterrichten soll.
Kurzum: Zehn Maßnahmenpakete sind bei der Klimaanpassungsstrategie 2021 neu hinzugekommen. Dazu zählen:
- Ü-5: Neue Informationsformate zu Themen der Klimaanpassung vor Ort (Handlungsfeld Übergreifendes)
- GE-3: Hitzebewältigung: Bedarfserhebung, Angebotsabfrage und Vernetzung mit Multiplikatoren (Handlungsfeld Gesundheit)
- GE-8: Konzeption und Aufstellung eines Hitzeaktionsplans (Handlungsfeld Gesundheit) – 3 –
- SG-7: Brachflächenmanagement und Zwischennutzung innerstädtischer Flächen (Handlungsfeld Stadtgrün)
- SG-9: Anpassung der Förderprogramme für städtisches Grün unter klimatischen Gesichtspunkten (Handlungsfeld Stadtgrün)
- V-3: Pilotprojekt zur Bewässerung von Rasengleisen (Handlungsfeld Verkehr)
- V-5: Klimaangepasste Straßenraumgestaltung und Verschattung von Verkehrswegen (Handlungsfeld Verkehr)
- V-6: Besserer Sonnenschutz an Haltestellenwartehäuschen (Handlungsfeld Verkehr)
- V-7: Pilotstrecke mit hellem Asphalt zur Vermeidung von Hitzeschäden (Handlungsfeld Verkehr)
- V-8: Informationsverbreitung bei Hitzeereignissen über den ÖPNV (Handlungsfeld Verkehr)
Hinsichtlich der Finanzierung dieser neuen Maßnahmen schreibt die Stadt in ihrem Monitoringbericht: "Sofern für die Umsetzung der einzelnen Maßnahmen (zusätzliche) Finanzmittel benötigt werden, werden diese im Zuge der Aufstellung des Haushaltsplanes von den umsetzenden Stellen angemeldet."
Ergänzungs- und Änderungsanträge von CDU und FW/FÜR
Nicht gänzlich zufrieden scheinen jedoch die Fraktionen Freie Wähler/FÜR Karlsruhe und die CDU mit dem Vorschlag der Stadt zu sein. Alleine die FW/FÜR Fraktion hat zu dem Klimastrategie-Konzept noch vier Anträge zusätzlich eingereicht.
Hierbei geht es ihnen zum einen um die Entsiegelung von Oberflächen (Landwirtschaft, Parkplätze) zum anderen um die Einbindung der Warn-Apps KATWARN und NINA in die städtische App digital@KA sowie die Website karlsruhe.de. Außerdem fordert die Fraktion die Etablierung eines regelmäßigen Verwaltungsstabs, der "in der Form eines regelmäßigen Arbeitstreffens mehrerer Dienststellen und Akteure Maßnahmen für einen Hitzeplan ausarbeitet."

Deutlich unzufriedener zeigt sich hier wiederum die CDU. zwar begrüße sie die Fortschreibung der Strategie, doch erachte sie vor allem einen Punkt im "Handlungsfeld Stadtentwässerung" als "unzureichend": Das Maßnahmenpaket EW-4, "Stadtweite Ermittlung der potenziellen Überflutungsgefährdung im Falle extremer Starkniederschläge“, welches sich, laut dem Maßnahmenkatalog der Klimaanpassungsstrategie, bereits in der Umsetzung befindet.
Der Grund: Die Stadt verweise unter diesem Punkt nur auf ein "kommunales Starkregenrisikomanagement in Baden-Württemberg“, bei dem Zeit- und Kostenhorizont "noch nicht abschätzbar" seien. Angesichts der jüngsten Hochwasserkatastrophen empfindet die CDU das als zu wenig.

So schreibt die Fraktion in ihrem Antrag: "Wir erachten es als unverzichtbar, dass die Stadtverwaltung die neuesten Erkenntnisse aus der Flutkatastrophe in die weitere Planung einbezieht und in einer offenen Bürgerveranstaltung, präsentiert. Zudem fordern wir, dass die Anstrengungen im Bereich des Starkregenrisikomanagements signifikant erhöht und die Koordination der Katastrophenvorsorge noch stärker institutionalisiert werden."
Ob und inwiefern die übrigen Fraktionen der Klimaanpassungsstrategie und den Ergänzungsanträgen im Gemeinderat am Dienstag zustimmen werden, wird hier zu gegebener Zeit ergänzt.
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