Seit Wochen sorgt die Idee von Markus Lüpertz und dem ehemaligen Majolika-Chef Anton Goll in Karlsruhe für Diskussionen. Das Konzept von "Genesis - die sieben Tage des Herrn" sieht vor, in den unterirdischen Haltestellen der Kombilösung pro Bahnsteig auf Flächen von zwei Metern Höhe und 4,30 Metern Breite mit Keramik der Majolika nach der Schöpfungsgeschichte zu gestalten. Insgesamt 14 Kunstwerke, so der Plan, sollen dann für eine Dauer von sechs Jahren in den unterirdischen Haltestellen gezeigt werden. Am Dienstagabend macht der Karlsruher Gemeinderat den Weg für das Projekt frei. Zuvor gab es allerdings ordentlich Streit. 

Lüpertz-Kunst soll keine Rettungsaktion für Majolika werden

Oberbürgermeister Frank Mentrup (SPD) versuchte im Vorfeld, die Wogen etwas zu glätten. "Es geht nicht darum, über eine neue Haltestellenkonzeption nachzudenken, sondern darum, ob man eine solche Initiative ermöglicht", betonte das Karlsruher Stadtoberhaupt. Die Lüpertz-Kunstwerke sollen nicht dauerhaft in den Haltestellen ausgestellt werden, zudem will die Stadt keine finanziellen Mittel beisteuern.

Lüpertz-Streit in Karlsruhe

"Es handelt sich hier um eine Initiative, die von außen an die Stadt herangetreten ist und der Gemeinderat muss nun entscheiden, ob man das zulässt oder nicht", erklärte Mentrup - und stellte weiter klar: "Ob das am Ende klappt oder nicht, das ist heute nicht unsere Entscheidung, sondern das muss sich aus der Initiative heraus ergeben." Einen kleinen Seitenhieb auf den Initiator gab es vonseiten des Oberbürgermeisters für den Initiator: Mentrup bezeichnete die Initiative hinter dem "Genesis"-Projekt als semiprofessionell. 

Richtig sei auch, dass die Verkehrsbetriebe Karlsruhe (VBK) in sechs Jahren Ausstellungszeit auf 30.000 Euro jährlich verzichten müssen. Diese Summe hält Mentrup für verkraftbar. Auch zu anderen Kritikpunkten äußert er sich: "Ich habe Verständnis dafür, dass jemand die Lüpertzsche Kunst, das Motiv und das Verfahren schwierig findet. Ich kann aber die Tiefe der Kritik, die hier aufgebaut wird, nicht nachvollziehen. Ich habe das Gefühl, dass mit kunsthistorischen Kanonen auf Spatzen geschossen wird." Auch sei das Projekt keine Rettungsaktion für die angeschlagene Majolika. 

"Ein großer Künstler unserer Zeit und aus unserer Stadt"

CDU-Stadtrat Albert Käuflein konnte die Aufregung nicht nachvollziehen. "Der Stadt Karlsruhe werden immer wieder Kunstwerke angeboten und wir entscheiden, ob wir es annehmen wollen oder nicht." Die Idee von Starkünstler Lüpertz stehe nicht im Widerspruch zum bestehenden Architekturkonzept. Die Frage, ob nicht auch andere Künstler die Haltestellen ausgestalten könnten, stelle sich nicht. "Wir müssen entscheiden, ob wir den Vorschlag annehmen", so Käuflein. Die CDU wollte das Geschenk annehmen- unter den genannten Bedingungen. 

Auch SPD-Stadträtin Elke Ernemann stellte sich hinter die Initiative. Lüpertz sei durchaus ein Künstler, der in der Vergangenheit für Diskussionen gesorgt habe, "aber er ist eben auch ein großer Künstler unserer Zeit mit Wurzeln in unserer Stadt." Zur Kritik am Verfahren erkläre Ernemann: "Eine Ausschreibung ist bereits erfolgt und die Stadt kann daher nicht neu ausschreiben." Wichtig war ihr aber auch, dass das Projekt rein privat finanziert werden soll: "Es darf keinen Cent finanziellen Zuschuss der Stadt geben. Werden die Summen nicht erreicht, ist das Projekt gescheitert." 

Die FPD-Fraktion, die Wählergemeinschaft "Gemeinsam für Karlsruhe" (GfK), die AfD  und die Freien Wähler zeigten sich ebenfalls von der "Genesis"-Idee überzeugt. "Ich sehe darin eine große Chance", so GfK-Stadtrat Friedemann Kalmbach, "es ist Kunst von einer großen Persönlichkeit." Ganz ähnlich sah das auch Stadtrat Jürgen Wenzel von den Freien Wählern: "Es wäre traurig,wenn wir so kleinlich sind, dieses Geschenk nicht annehmen zu wollen." AfD-Stadtrat Paul Schmidt freute sich darüber, dass Lüpertz das Motiv der Schöpfung gewählt habe. FDP-Stadtrat Tom Høyem wiederum verwies darauf, dass das Thema auch in den Aufsichtsräten der VBK und der Kasig sowie der Kunstkommission Thema war. 

"Realsatire" und "Gemauschel statt Transparenz"

Doch es gab auch -teils lautstarken- Widerstand gegen die Lüpertzsche Kunst im Karlsruher Gemeinderat. Für Renate Rastätter von den Karlsruher Grünen stellte sich hier vielmehr die Frage, wie Karlsruhe mit Kunst im öffentlichen Raum umgehen wolle. Es gebe ganz klare Regeln, an die sich alle halten müssten. "Der Gemeinderat kann sich nicht zum obersten Gestalter aufschwingen, sondern muss sich an den festgelegten Kriterien orientieren", kritisierte Rastätter. Neben der religiösen Thematik bemängelte sie aber vor allem das bislang noch fehlende Konzept. "Wir haben bislang nur Projektskizzen", so die Grünen-Stadträtin. Zu diesen hatte sie auch eine klare Meinung: "Das liest sich wie Realsatire!" 

Kult-Stadtrat Erik Wohlfeil schilderte, dass seine Fraktion zahlreiche Protestschreiben aus der Kunstszene erhalten habe. Er ärgerte sich, dass zugunsten des Kunst-Projekts Werbeflächen aufgegeben werden sollen: "Es gab kein öffentliches transparentes Verfahren, sondern Gemauschel", kritisierte er. "Dieses Werk wird die Karlsruher Gesellschaft spalten." Auch der Majolika tue man damit keinen Gefallen. "Ich kann nicht verstehen, wie es der Vorschlag überhaupt zur Gemeinderatsvorlage schaffen konnte", so Wohlfeil. 

Linken-Stadträtin Sabine Zürn bedauerte, "dass in keinster Weise so diskutiert wurde, wie wir uns das gewünscht haben." Die beiden Linken-Stadträte kündigten daher Ablehnung an. Der parteilose Stefan Schmitt sparte ebenfalls nicht an Kritik an Lüpertz und dem Vorhabe. "Es ist schon sehr bemerkenswert, dass man versucht, Lüpertz hier in der Stadt ein Denkmal zu setzen, ohne sich mit dem Kontext auseinanderzusetzen." Er kritisierte, dass die Majolika-Tafeln mit den biblischen Motiven präsent im Stadtbild seien. "In einem Museum kann ich entscheiden, ob ich das sehen will, im öffentlichen Raum kann ich das nicht. Eine private Initiative sollte nicht entscheiden, was Zehntausende jeden Tag sehen müssen."

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