Die Maßnahmen, einen Drogenkonsumraum sowie einen alkoholakzeptierenden Aufenthaltsraum einzurichten, standen schon im März auf der Tagesordnung des Gemeinderates. Doch kurzfristig wurde das Thema wieder von der Agenda gestrichen, denn die CDU hatte Bedenken. In der April-Sitzung der Karlsruher Stadträte steht das Thema Werderplatz sowie Drogen- und Alkoholraum wieder auf der Liste. Mit einer Ergänzung der CDU-Fraktion. Die Gemeinderäte der Union fordern von der Stadt, dass der ausgesuchte Standort in der Schützenstraße 2 überprüft wird, denn in unmittelbarer Nähe sei eine Kinderarztpraxis untergebracht. Die Stadt verneint das. Das Thema Drogenkonsumraum bietet also Stoff für eine Diskussion. 

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Das sagen die Gemeinderäte: 

Der Tagesordnungspunkt 14 wird nun aufgerufen. Da es sich um zwei verschiedene Angebote handelt, wird auch getrennt beraten und abgestimmt, sagt Oberbürgermeister Frank Mentrup in der Einführung zum Thema. Ein eventuelles Alkoholverbot, wie es die CDU fordert, könnte sofort umgesetzt werden. Der Drogenkonsumraum ist erst für das nächste Jahr, also den nächsten Doppelhaushalt, angedacht. "Es fehlt auch noch eine gesetzliche Vorgabe vom Land", so das Stadtoberhaupt weiter. 

"Ich bin sehr dankbar, dass es einen Träger gibt, der das umsetzen will, auch einen Ort gibt es schon", sagt Mentrup. Karlsruhe sei schon immer eine Stadt mit Vorreiterrolle gewesen, gerade wenn es um Substitution oder andere Hilfsangebote gehe. 

Die Belastung für die Anwohner rund um den Werderplatz sei nicht mehr tragbar, sagt der Gemeinderat der Union, Thomas Müller. "Eine Arbeitsgruppe hat verschiedene Lösungen erarbeitet, etwa einen alkoholakzeptierenden Raum, der ein niederschwelliges Angebot darstellt." Er findet vor allem das Vertrauensverhältnis zwischen Betreuern und "Kunden" wichtig, jedoch sei ein reiner "Trinkraum" ohne Hilfsangebote nicht sinnvoll. "Wir sehen in diesem Angebot die Chance, die Situation am Werderplatz zu entschärfen, allerdings in Verbindung mit einen Alkoholverbot!", forder Müller. 

Der Werderplatz ist das Sorgenkind in der Stadt

"Die Situation am Werderplatz bereitet vielen Sorgen, das ist allgemein bekannt. Mit dem "A hoch 3" wird sich zeigen, ob er zur Verbesserung der Situation in der Südstadt beiträgt", führt Yvette Melchien von der SPD aus. "Lassen Sie uns heute handeln und dieses wichtige Hilfsangebot schaffen - das sind wir den Menschen schuldig!" 

Die Fragen, wie man die Bürger in der Südstadt schützt und wie man die Menschen erreicht, die betroffen sind, müssen beantwortet werden, erklärt Verena Anlauf von den Grünen. "Nirgendwo sonst als in der Schützenstraße 2 kann ein Hilfsangebot so schnell eingerichtet werden." Hier gibt es Schutz vor Regen und Kälte, die Diakonie bringe viel Erfahrung mit und "um den alkoholkranken Menschen zu helfen, müssen wir uns auch mal in Neuland begeben."

Für den alkoholakzeptierenden Aufenthaltsraum spricht sich auch die KULT-Fraktion aus. "Es gehe hier um Prävention und Suchtbekämpfung, schließlich ist Alkohol die Top-Droge Nummer 1", sagt Max Braun von der KULT. "Karlsruhe hat bereits viele niederschwellige Angebote die auch akzeptiert sind, jedoch hat sich noch keine Besserung eingestellt, daher müssen wir neue Wege gehen!" Der Stadtrat fordert jedoch, dass die Öffnungszeiten bis in den Abend hinein gelegt werden sollen. Auch stellt er die Frage in den Raum, was im Sommer passiert, wenn andere Plätze attraktiver erscheinen. 

Zustimmung in allen Parteien

"Nachdem wir die Wut der Südstädter erlebt haben, haben wir nun die Möglichkeit, etwas zu bewegen, dass sind wir den Bürgern in der Südstadt schuldig, die lange genug unter den Zuständen gelitten haben", führt der FDP-Gemeinderat Karl-Heinz Jooß aus. Damit meint er nicht nur Anwohner, sondern auch die ansässige Gastronomie und Hausbesitzer, denn "die Immobilienpreise rauschen seit Jahren in den Keller."

Paul Schmidt von der AfD stimmt seinen Vorrednern zu: "Wir sind bereit, den Versuch eines alkoholakzeptierenden Aufenthaltraumes mitzutragen, doch wir sehen die Gefahr, dass sich die Szene von einem Platz auf einen anderen an der Ettlinger Straße nur verlagert!" Er fordert, den Versuch genau zu beobachten. ob sich ein Erfolg einstellt und sich die Problematik am Werderplatz verbessert. Sollte sich das Problem auf einen zweiten Platz ausweiten, so hätte die Stadt nichts gewonnen. 

Für Friedemann Kalmbach von der GfK ist das Ziel klar: "Der Werderplatz muss wieder an alle zurückgegeben werden. Es ist aber ein komplexes Problem, das seit über 30 Jahren besteht!" Umso erfreulicher für den Gemeinsam für Karlsruhe-Stadtrat, dass das Thema nun auch komplex angegangen wird. Er sei zuversichtlich, dass die Fächerstadt Erfolg haben wird. 

Ein Alkoholverbot am Werderplatz wird geprüft

Auch Jürgen Wenzel von den Freien Wählern weiß, dass der Zustand auf dem Platz in der Südstadt unerträglich ist. "Für mich steht daher außer Frage, dass die Einrichtung eines alkoholakzeptierenden Raumes der richtige Schritt in die richtige Richtung ist!" Der Werderplatz muss sein Herz wieder zurück erhalten, so der Stadtrat abschließen. 

Tilman Pfannkuch von der CDU fordert nachgiebig ein Alkoholverbot auf dem Werderplatz. Und Lüppo Cramer von der KULT-Fraktion sieht die Situation gerade vor dem Kohi kritisch. "Das sei nicht jedem zuzumuten, sich gegen Betrunkene durchzusetzen, daher werde ich das Vorhaben unterstützen - auch wenn ich sehr skeptisch bin!" Daher will er dem alkoholakzeptierenden Aufenthaltsraum zustimmen, obwohl er - in Hinblick auf einen früheren Versuch am Tivoli - dem immer noch kritisch gegenüber steht. 

Die Gemeinderäte haben abgestimmt: 45 Stimmen entfallen auf Ja, dabei gibt es keine Enthaltung und kein Nein. Nach den Redebeiträgen der Stadträte zum Thema des alkoholakzeptierenden Aufenthaltsraums geht es nun um den Drogenkonsumraum. Es wäre der erste dieser Art in Baden-Württemberg. 

Saubere Utensilien für den Konsum von Drogen liegen in einem Drogenkonsumraum in Hamburg.
Saubere Utensilien für den Konsum von Drogen liegen in einem Drogenkonsumraum in Hamburg. | Bild: Christophe Gateau/Archiv

Drogenkonsumraum in Karlsruhe soll der erste im Land werden 

"Wir haben uns lange mit der Thematik Drogenkonsumraum beschäftigt, sehen darin aber eine Chance", sagt Dirk Müller von der CDU. Er soll Entlastung in der Südstadt bringen, denn "wir stehen seit Jahren vor einen offenen Drogenszene auf dem Platz!" Achtlos weggeworfenen Spritzen auf Spielplätzen sollen damit der Vergangenheit angehören, wenn die Fächerstadt den ersten Drogenkonsumraum in Baden-Württemberg bekommt. Die CDU will daher dem Beschluss der Stadt zustimmen. 

Jede Großstadt ist mit dem Problem der Drogenabhängigkeit konfrontiert, weiß Yvette Melchien von der SPD. "Hier ist sozialpolitisches Handeln gefordert, auch zum Schutz der Öffentlichkeit. Der Exkurs nach Bochum hat mir gezeigt, wie ein Drogenkonsumraum die Situation verbessern kann, beispielsweise wenn es um die Frage der Hygiene geht!" Die Voraussetzungen in Karlsruhe einen Drogenkonsumraum einzurichten seien gegeben, daher will die SPD-Fraktion für die Einrichtung stimmen. 

Drogenkonsumraum nicht in der Südstadt

Auch die Grünen-Fraktion will dem Beschluss zustimmen. "Der Raum sollte als bald als möglich eingerichtet werden", führt Verena Anlauf von den Grünen aus. Karlsruhe geht keinen neuen Weg, immerhin gebe es 26 Drogenkonsumräume in 16 Städten. Man könne jedoch von den Erfahrungen anderer Städte profitieren. "Der Raum sollte aber nicht in der Südstadt befinden, denn die Südstadt ist schon genug belastet", so die Gemeinderätin in ihrem Wortbeitrag abschließend. 

Auch die KULT-Fraktion stimmt der Einrichtung zu, steht voll dahinter. "Dabei haben wir schon solch einen Drogenkonsumraum: die Toiletten am Werderplatz. Deshalb lässt jeder, der die Einrichtung in Frage stellt, die Bürger am Werderplatz im Stich", sagt Max Braun von KULT. "Und dieser sichere Raum rettet außerdem Leben!" Er weiß zudem, dass manche Menschen ohne Hilfe nicht aus der Abhängigkeit entkommen können. "Daher ist es richtig, den Raum und den Kontaktladen dort anzugliedern, wo er gebraucht wird!" Sein Fazit: "Es ist eine Win-Win-Situation: Wir entschärfen die Situation für Anwohner in der Südstadt und helfen den betroffenen Suchtkranken, wenn wir einen Drogenkonsumraum einrichten!" 

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Suchtkranke brauchen Hilfe

Karl-Heinz Jooß von der FDP stimmt seinen Vorrednern zu, der Beschluss sei gut ausgearbeitet, daher stimmt auch seine Fraktion der Einrichtung eines Drogenkonsumraumes zu. 

Für Paul Schmidt von der AfD ist es Fakt, dass ein Drogenkonsumraum nicht hilft, von den Drogen wegzukommen. "Daher ist das nur die zweitbeste Wahl in unseren Augen. Wir werden zwar zustimmen, aber wir erwarten von der Verwaltung ganz genau darauf zu achten, wie das ausgeht und wie sich die Situation entwickelt!" 

Mit dem Drogenkonsumraum wird die Abhängigkeit an sich nicht abgeschafft, meint Friedemann Kalmbach von der GfK-Fraktion. "Ich halte jedoch diesen Raum für richtig und wichtig. Ich bin froh, dass einer eingerichtet wird, denn das ist eine gute Maßnahme!" 

Kranke brauchen Hilfe, weiß Freie Wähler-Stadtrat Jürgen Wenzel. "Doch Krankheit heißt nicht, dass man nur Hilfe braucht, denn man kann eine Krankheit auch bekämpfen. Man kann den Drogenhandel unterbinden und bekämpfen!" Er hat Vertrauen, dass das Konzept - die Zusammenarbeit mit Polizei und Ordnungsdienst - Wirkung zeigt. 

Nach knapp einer Stunde hat der Gemeinderat der Einrichtung eines Drogenkonsumraumes in Karlsruhe zugestimmt. Mit 48 Ja-Stimmen, keiner Gegenstimme und keiner Enthaltung ging der Beschluss einstimmig durch. 

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