Bereits im Herbst 2016 wurde eine Arbeitsgruppe eingerichtet, um die teilweise angespannte Situation am Werderplatz zu entschärfen. Deren Aufgabe: Maßnahmen auszuarbeiten, um den Problemen Abhilfe zu schaffen. Die Empfehlung der "AG Werderplatz": die Einrichtung eines Drogenkonsumraums in Kombination mit einem Kontaktladen. Ein weiterer Vorschlag: Einen alkoholakzeptierenden Aufenthalts- und Beratungsraum zu etablieren. Diese beiden Vorschläge werden nun im Karlsruher Gemeinderat diskutiert und stehen zum Beschluss (ka-news wird berichten).

Die beiden Maßnahmen seien laut Stadt eine Ergänzung zu den bereits bestehenden Einrichtungen in der Fächerstadt. "Niedrigschwellige Hilfen dienen der Sofort- und Überlebenshilfe. Sie erreichen die Menschen vor Ort und dienen auch der Entlastung des öffentlichen Raumes", schreibt die Stadtverwaltung in ihrer Beschlussvorlage an den Gemeinderat. Heißt: Der Werderplatz soll wieder "sauberer" werden. Das Gefühl der Sicherheit für Anwohner wieder steigen. Auch für Suchtkranke soll sich die Situation verbessern. "Ein Drogenkonsumeraum bietet Drogenabhängigen die Möglichkeit, mitgebrachte Substanzen unter Einhaltung bestimmter Regeln unter hygienischen Bedingungen einzunehmen", so die Stadt weiter. 

(Symbolbild)
(Symbolbild) | Bild: pixabay.de/rebcenter-moscow

Ergänzung zum bestehenden Kontaktladen

In Karlsruhe gibt es bereits eine Anlaufstelle für Drogenkonsumenten: das "get IN" in der Kriegsstraße, der von der Arbeiterwohlfahrt Karlsruhe (AWO) betrieben wird. Hier können suchtkranke Menschen kostenlose Hilfe und Beratung bekommen, günstig essen und vor allem alte, gebrauchte Spritzen gegen neue tauschen. Das Angebot wurde in den vergangenen Jahren gut angenommen, die Zahl der getauschten Spritzen stieg kontinuierlich auf 37.124 im Jahr 2017. So werden Infektionen und Folgeerkrankungen vermieden. Das ist nur eines der Ziele des geplanten Drogenkonsumraumes am Werderplatz, der eine Erweiterung zum "get IN" werden soll.

Auch Überdosierungen oder Todesfälle durch Drogen sollen so verhindert werden.Von einem Drogenkonsumraum erhofft sich die Stadt eine gesundheitliche Stabilisierung der Suchtkranken. Wer beispielsweise Hilfe sucht, um aus der Drogenszene auszusteigen, soll hier ebenfalls eine Anlaufstelle finden. "In Kombination mit einem Kontaktladen werden auch hier Möglichkeiten des Aufenthaltes, der Unterstützung sowie Arbeitsgelegenheiten vorgehalten", schreibt die Stadt Karlsruhe weiter in der Beschlussvorlage für den Gemeinderat. 

(Symbolbild)
(Symbolbild) | Bild: fotolia/lovegtr35

Stadt sieht den Bedarf

Um sich ein besseres Bild zu machen, und um Erfahrungen auszutauschen, besuchte Bürgermeister Martin Lenz vor wenigen Wochen einen etablierten Drogenkonsumraum in Bochum. Denn für die Stadtverwaltung ist klar, dass in der Fächerstadt Bedarf für diese Art der Einrichtung besteht. "Schon lange werden nicht nur die Toilette am Werderplatz, sondern auch die umliegenden Grünanlagen und der Werderplatz selbst zum Drogenkonsum genutzt", weiß die Stadt. 

2017 lagen die Besuchszahlen bei knapp über 12.000 - der bereits bestehende Kontaktladen "get IN" wird gut angenommen. Jedoch konnte auch diese Anlaufstelle nicht verhindern, dass 2017 die Zahl der Drogentoten in der Fächerstadt erneut gestiegen ist.  Im Stadtkreis Karlsruhe kamen im vergangenen Jahr zehn Menschen durch eine Überdosis ums Leben. 2016 waren es neun, 2015 waren es vier Drogentote. Mögliche Ursachen: neue, hochpotente Wirkstoffe und sinkende Preise. "Auch diese Entwicklungen sprechen für einen Drogenkonsumraum", so die Stadt weiter in ihrer Beschlussvorlage die nun im Gemeinderat diskutiert werden soll. 

Die Kosten hat die Stadt Karlsruhe bereits im Blick: Etwa 197.000 sind pro Jahr für den Drogenkonsumraum erforderlich und sollen im Doppelhaushalt 2019/2020 eingestellt werden. Wo dieser Raum entstehen soll, steht derzeit noch nicht fest.

Der Werderplatz in der Südstadt gilt als Brennpunkt. Die Stadt sieht hier klaren Handlungsbedarf. | Bild: Thomas Riedel

Nicht nur Drogen, auch Alkohol sind Problem

Ähnlich verhält es sich mit dem alkoholakzeptierenden Aufenthaltsraum: "Das Angebot stellt einen Raum zur Verfügung, in dem selbst mitgebrachter, niedrigprozentiger Alkohol konsumiert werden kann und Menschen sich aufhalten und soziale Kontakte pflegen können", heißt es in der Beschlussvorlage der Stadt Karlsruhe. "Es muss attraktiver sein, als der dauerhafte Aufenthalt an öffentlichen Plätzen!" So will man seitens der Stadtverwaltung die teils angespannte Lage auf dem Werderplatz und anderen öffentlichen Plätzen entspannen. Alkoholkranke Menschen, die Hilfe suchen, finden hier außerdem eine Anlaufstelle. 

Der Raum ist ebenfalls eine Ergänzung der Straßensozialarbeit des Diakonischen Werks (DWK) und soll in der Schützenstraße 2 angesiedelt werden. Auch der Alkohol Akzeptierende Aufenthaltsraum ("A hoch 3") kann noch dieses Jahr eröffnet werden, wenn sich der Gemeinderat in seiner Sitzung für die Einrichtung ausspricht. Auch diese Idee ist aus der Arbeit der "AG Werderplatz" entstanden. 

"A hoch 3" in der Schützenstraße

Die Eröffnung des "A hoch 3" wäre laut Stadt eine "sinnvolle Verknüpfung mit einem zeitlich begrenztem Alkoholkonsumverbot auf dem Werderplatz." Inwiefern sich das Projekt auf den Platz in der Südstadt auswirkt, kann noch nicht abgeschätzt werden. "Deshalb soll das Angebot auf drei Jahre befristet und immer wieder bewertet werden!" 

Für das Jahr 2018 stehen 110.000 Euro zur Verfügung, für die Jahre danach rechnet die Stadt Karlsruhe mit jährlichen Kosten von über 151.000 Euro. Auch diese Gelder werden im Rahmen der Genehmigung des Doppelhaushalts bereitgestellt. 

Mehr zum Thema:

Situation am Werderplatz: Drogenkonsumraum auch für Karlsruhe?

Drogenkonsumraum in Karlsruhe: Sozialminister Jucha unterstützt Vorschlag

Ergebnisse der Bürgerbeteiligung: Wie geht es weiter am Werderplatz?

Drogenraum und Alkohol-Verbot: Stadt will am Werderplatz eingreifen

Problemzone Werderplatz: Wie kann man die Situation verbessern?