Nicht ganz eine halbe Stunde mit dem Auto von Karlsruhe entfernt liegt die beschauliche Siedlung Karlsbad-Fischweier. Rund 200 Menschen nennen Fischweier ihr Zuhause - darunter auch 20 Männer aus Gambia, Syrien, Somalia, Pakistan, Serbien, Nigera, Kamerun oder dem Kosovo. Sie alle sind als Flüchtlinge nach Deutschland gekommen und sind seither in der Gemeinschaftsunterkunft Karlsbad-Fischweier untergebracht.
"Wir haben händeringend nach einer Unterkunft gesucht"
Ursprünglich war die Unterkunft für bis zu 40 Menschen ausgelegt. Inzwischen leben nur noch 20 Personen in der Asyl-Unterkunft am Rande von Fischweier - und einer von ihnen ist Yamen. Seit Ende 2014 lebt der junge Mann aus Syrien nahe der Siedlung an der Moosalb. Nachdem er im September in Karlsruhe ankam, führte ihn sein Weg kurzzeitig nach Mannheim und Waldbronn, bevor er seine vorläufig letzte Station erreichte.
Wirklich im Geschehen ist Yamen nicht gelandet. Durchgangsverkehr und eine Bahnhaltestelle gegenüber - viel mehr gibt es nicht. "Es ist mitten im Nirgendwo", lacht Yamen. Eine Internetverbindung sucht man in der Unterkunft vergebens. Will er Kontakt mit seiner Familie und seiner Frau aufnehmen, muss Yamen die Unterkunft verlassen.
Sein Glück: Zur nächsten Haltestelle hat er es nicht weit. Eine Zeit lang war Yamen auch mit dem Rad unterwegs. "Dann wurde mir leider mein Rad geklaut. Aber wenigstens den Helm habe ich noch." Rund zwei Wochen nach unserem Besuch wird das Rad auf mysteriöse Weise wieder in der Unterkunft auftauchen.
Dass das etwas in die Jahre gekommene Gebäude bei Karlsbad nicht optimal ist, weiß auch Frank Noe vom Karlsruher Landratsamt. "Die Unterbringung wurde aus der Not heraus geboren", erzählt er im Gespräch mit ka-news. Als viele Flüchtlinge nach Karlsruhe kamen, standen die Behörden vor dem großen Problem, alle Personen unterbringen zu müssen. "Wir haben händeringend gesucht", so Noe. Von einem Gastronom pachtete das Karlsruher Landratsamt den Gasthof - eine Dauerlösung soll das aber nicht werden. "Das Gebäude soll zeitnah abgestoßen werden."

Zwischen Einsamkeit und schmutzigen Töpfen
Viel Zeit verbringt Yamen nicht in seinem neuen Zuhause. Mit seiner Unterkunft ist er grundsätzlich zufrieden. Zusammen mit einem anderen Syrer, den er in der Landeserstaufnahmestelle (LEA) in Karlsruhe kennenlernte, teilt er sich ein Zimmer. Neben zwei Einzelbetten stehen dort ein kleiner Esstisch, zwei Spinde und ein Kühlschrank. Auch ein kleiner Fernseher hat Platz in dem Zimmer - ein Relikt aus der Zeit, als die Unterkunft noch als Gaststätte geführt wurde. Ebenfalls vorhanden: eine Nasszelle, die sich Yamen und sein Freund teilen.
Es habe etwas gedauert, bis die beiden sich eingelebt hätten. Die Größe sei nicht das Problem gewesen - sondern eher der Zustand des Zimmers. "Die Bewohner vor uns haben das Zimmer leider dreckig hinterlassen", erinnert sich Yamen. Die beiden Männer beschlossen daraufhin, die Sache selbst in die Hand zu nehmen. "Wir sind zum nächsten Supermarkt und haben erst einmal ordentlich geputzt."

Bei der Gemeinschaftsküche hat Yamen allerdings alle Hoffnung aufgegeben. Hier können die Flüchtlinge ihre Speisen zubereiten, denn für ihre Verpflegung sind sie selbst zuständig. "Ich kann da nicht kochen", meint Yamen - und zeigt auch warum: Kachelatmosphäre, zwei eingebrannte Töpfe und leicht klebriger Boden prägen den ersten Eindruck, wenn man die Küche betritt. "Und heute ist es noch recht sauber", erklärt Yamen. Etwas an dem Zustand zu ändern, liegt allerdings im Aufgabenbereich der Bewohner.

"Es gibt in der Unterkunft keinen Sicherheits- und Putzdienst", so Noe. Man wolle den Bürgern nicht vermitteln, dass man die Flüchtlinge bemuttern oder bewachen müsse. Die Bewohner würden daher zu Putzschichten eingeteilt. Yamen zieht vor, mit der Bahn nach Baden-Baden oder Karlsruhe zu fahren und dort etwas zu essen. Abgesehen vom Thema Sauberkeit, gebe es aber keine Probleme unter den 20 in Fischweier lebenden Männern. "Wir kommen miteinander aus, es gibt keinen Streit", so Yamen.
Nur eines macht ihm zu schaffen: Einsamkeit. "Wir sind hier allein, es kommt kaum jemand vorbei", meint er im Gespräch mit ka-news. Zu Beginn haben Ehrenamtliche die Unterkunft besucht, und dabei unter anderem Sprachunterricht gegeben - "das ist aber inzwischen etwas eingeschlafen", gesteht Noe.
Wie geht es für Yamen weiter? ka-news begleitet den syrischen Flüchtling im Rahmen der Serie "Gestrandet in Karlsruhe: Ein Flüchtling erzählt seine Geschichte" bei seinem Weg in der Fächerstadt. Im nächsten Artikel: Yamen hat es geschafft - er ist endlich in Deutschland. In Karlsruhe hat er mit Problemen zu kämpfen. Wir begleiten Yamen bei seinem Weg in der Fächerstadt.
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