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Karlsruhe: Bürokratiemonster Impfpflicht? In Karlsruhe droht 5.000 medizinischen Beschäftigten ein Berufsverbot

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Bürokratiemonster Impfpflicht? In Karlsruhe droht 5.000 medizinischen Beschäftigten ein Berufsverbot

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    Bürokratiemonster Impfpflicht? In Karlsruhe droht 5.000 medizinischen Beschäftigten ein Berufsverbot
    Bürokratiemonster Impfpflicht? In Karlsruhe droht 5.000 medizinischen Beschäftigten ein Berufsverbot Foto: Thomas Riedel

    Bis zum 15. März hatten Beschäftigte im Gesundheitssektor Zeit, ihren gültigen Impfnachweis gegen das Corona-Virus beim Arbeitgeber vorzulegen. Wurde dieser nicht bis Mitternacht vorgelegt, müssen Arbeitgeber nun die ungeimpfte Person an das zuständige Gesundheitsamt melden. Beim Blick auf Leitfäden der Bundes- und Landesregierung Baden-Württemberg wird klar, wie groß der Aufwand für alle Beteiligten ist.

    Umfangreiche Regeln von Bund und Land

    Die "Handreichung zum Gesetz zur Stärkung der Impfprävention gegen Covid-19 für die Einrichtungen und Unternehmen in Baden-Württemberg umfasst 15 DIN A4-Seiten. Eine Handreichung für die Gesundheitsämter sogar 22 Seiten.

    Oberbürgermeister Frank Mentrup.
    Oberbürgermeister Frank Mentrup. Foto: Carsten Kitter

    Karlsruhes Oberbürgermeister Frank Mentrup meinte in der vergangenen Woche, die einrichtungsbezogene Impfpflicht sei mit hohem bürokratischen Aufwand verbunden und "sehr auf den Erhalt des Systems ausgelegt." Laut dem Karlsruher Stadtoberhaupt seien beispielsweise Einzelpraxen von der Impfpflicht ausgenommen.

    Kommt auf Baden-Württemberg ein Bürokratie-Monster zu, welches am Ende gar keinen Effekt auf den Schutz in der Bevölkerung hat? Und: Welche Einrichtungen oder Berufe sind nun tatsächlich von der Impfpflicht ausgenommen? Die Antwort: Es kommt darauf an.

    "Schwer hier eine klare Abtrennung zu finden"

    Auf Nachfrage von ka-news.de erklärt ein Sprecher des baden-württembergischen Gesundheitsministeriums: "Es ist schwer hier eine klare und trennscharfe Abtrennung zu finden. Es kommt immer darauf an wo die betroffene Person arbeitet und welche Aufgaben sie im Einzelnen hat." Dabei seien die Regeln für medizinische Einrichtungen aber recht klar, bei beispielsweise Behinderteneinrichtungen würde die Sache schon deutlich komplizierter.

    Ein Mitarbeiterin im Impfzentrum hält eine Ampulle mit dem neuen Corona-Impfstoff von Novavax in der Hand.
    Ein Mitarbeiterin im Impfzentrum hält eine Ampulle mit dem neuen Corona-Impfstoff von Novavax in der Hand. Foto: Robert Michael/dpa-Zentralbild/dpa

    In einer Pressemitteilung erklärt das Gesundheitsministerium zur Frage, welche Einrichtungen betroffen seien und wer einen Nachweis vorlegen müsse: "Betroffen sind Einrichtungen und Unternehmen unter anderem aus dem Bereich der Gesundheitsversorgung (zum Beispiel Krankenhäuser und Arztpraxen), medizinische Reha-Einrichtungen, Praxen sonstiger Heilberufe (zum Beispiel Diätassistenten und Physiotherapeutinnen) und beispielsweise auch voll- und teilstationäre und ambulante Pflegeeinrichtungen."

    Weiter heißt es: "Bis zum 15. März müssen sich die Einrichtungen und Unternehmen von ihren Beschäftigten einen Impf- oder Genesenennachweis zeigen lassen. Ab dem 16. März sind die Einrichtungen und Unternehmen dann verpflichtet, jene Mitarbeiter an die Gesundheitsämter zu melden, die entweder keinen Impf-, Genesenen- oder Kontraindikationsnachweis vorgelegt haben oder bei denen Zweifel an der Echtheit oder Richtigkeit des Nachweises bestehen."

    Das sagt der Bund

    Auch das Bundesministerium für Gesundheit versucht in einem FAQ Licht ins Dunkel zu bringen. Auf der Website zusammengegencorona.de heißt es unter anderem: 

    • Welche Einrichtungen und Unternehmen aus dem Bereich der Gesundheitsversorgung sind betroffen? Krankenhäuser Einrichtungen für ambulantes Operieren Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen Dialyseeinrichtungen Tageskliniken Entbindungseinrichtungen Behandlungs- oder Versorgungseinrichtungen, die mit einer der oben genannten Einrichtungen vergleichbar sind. Dazu gehören u.a. Hospizdienste, spezialisierteambulante Palliativversorgung (SAPV) und Blutspendeeinrichtungen. Arztpraxen, Zahnarztpraxen (dazu gehören auch Betriebsärzte) Praxen sonstiger humanmedizinischer Heilberufe Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitsdienstes, in denen medizinische Untersuchungen, Präventionsmaßnahmen oder ambulante Behandlungen durchgeführt werden Rettungsdienste Sozialpädiatrische Zentren nach § 119 SGB V Medizinische Behandlungszentren für Erwachsene mit geistiger Behinderung oder schweren Mehrfachbehinderungen nach § 119c SGB V Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation nach § 51 SGB IX und Dienste der beruflichen Rehabilitation Begutachtungs- und Prüfdienste, die auf Grund der Vorschriften des SGB V oder SGB XI tätig werden. Apotheken gehören nicht zu den oben genannten Einrichtungen, auch dann nicht, wenn dort Impfungen durchgeführt werden. Sollten jedoch Apothekerinnen und Apotheker Impfungen in einer anderen Einrichtung oder in einem Unternehmen vornehmen, welches unter die Regelung des § 20a IfSG fällt, fallen sie unter die Impfpflicht. Impfzentren und Testzentren sind ebenfalls unter die Vorschrift zu fassen, sofern sie als Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitsdienstes betrieben werden.
    • Welche Praxen sonstiger humanmedizinscher Heilberufe sind von der einrichtungsbezogenen Impfpflicht betroffen? Unter einer Praxis sind die verschiedenen Räumlichkeiten einer einen Heilberuf ausübenden Person erfasst, in denen sie Patienten empfängt, berät, untersucht und therapiert. Bundesrechtlich geregelte humanmedizinische Heilberufe sind u. a: Diätassistentin und Diätassistent Ergotherapeutin und Ergotherapeut Hebamme und Entbindungspfleger Logopädin und Logopäde Masseurin und medizinische Bademeisterin und Masseur und medizinischer Bademeister Orthoptistin und Orthoptist Physiotherapeutin und Physiotherapeut und Podologin und Podologe sowie Psychotherapeutin und Psychotherapeut Unter § 20a Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe i IfSG fallen alle Praxen sowohl von Angehörigen der genannten Berufe sowie – obwohl sie nicht zu den o. g. reglementierten Berufen gehören – von Angehörigen von sonstigen Heilberufen, deren Tätigkeit die medizinisch-helfende Behandlung und Betreuung von Patienten mit sich bringt. Dazu gehören zum Beispiel Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker. Erfasst sind die Angehörigen dieser Berufe auch dann, wenn sie ihre Leistungen als selbständig tätige bzw. ambulant (z. B. in der räumlichen Umgebung bei Patientinnen und Patienten erbringen). Insbesondere sind Hebammen unabhängig von ihrem Leistungsumfang erfasst.

    Wie umfangreich der Aufwand durch diese lange Liste wird, wird auf Anfrage der Redaktion beim Karlsruher Gesundheitsamt deutlich. In einem schriftlichen Statement heißt es: "Aus der einrichtungsbezogenen Impfpflicht ergibt sich jetzt ein erheblicher Verwaltungsaufwand. Die einzelnen Verfahren müssen individuell geprüft werden und benötigen dementsprechend vor allem personelle Ressourcen."

    Gesundheitsamt in Karlsruhe rechnet mit 5.000 Meldungen

    Bedeutet konkret, dass man beim Karlsruher Gesundheitsamt mit rund 5.000 gemeldeten Personen ohne gültigen Nachweis in kurzer Zeit rechne.

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    Foto: Thomas Riedel

    Angesichts der gravierenden Infektionszahlen in den vergangenen Wochen gehe das Gesundheitsamt  davon aus, dass viele ungeimpfte Personen die Erkrankung relativ frisch durchgemacht hätten, sodass diese erst nach Ende des Genesenenstatus in die Meldepflicht rutschen würden. Auch müssten Soloselbstständige nach den Vorgaben des Bundes fehlende Nachweise nicht aktiv melden, allerdings auf Verlangen vorweisen können.

    "Beides dürfte die Zahl der gemeldeten Personen jedenfalls anfangs reduzieren. Außerdem hat das Sozialministerium den betroffenen Einrichtungen eine Nachfrist von zwei Wochen eingeräumt, damit gegebenenfalls die Voraussetzungen für die Nutzung des elektronischen Meldeportals des Landes noch geschaffen werden können. Aus den bereits genannten Gründen verschiebt sich die endgültige Erfassung, eine konkretere und aussagekräftige Zahl liegt uns daher noch nicht vor", erklärt das Amt gegenüber ka-news.de.

    Es drohen Bußgeld und Berufsverbot

    Bei der Umsetzung richte sich das Amt nach den Vorgaben des Bundes und des Landes. Eine Wertung des Vorgehens möchte das Gesundheitsamt nicht vornehmen und verweist auf die Handreichungen der Gesundheitsministerien.

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    Foto: Thomas Riedel

    Bedeutet auch: Sofern die Leiter der betroffenen Einrichtungen und Unternehmen ihren gesetzlichen Meldepflichten nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig nachkommen, kann gegen sie ein Bußgeld von bis zu 2.500 Euro verhängt werden.

    Das Gesundheitsamt kann in nächster Konsequenz  dann ein einzelfallbezogenes Verwaltungsverfahren einleiten. "Dabei werden auch die gesetzlich vorgegebenen Beteiligungsrechte (zum Beispiel Anhörungsrechte) gewährleistet. Am Ende kann dann das Gesundheitsamt ein Betätigungs- oder Betretungsverbot aussprechen", so ein Sprecher des Gesundheitsministeriums Baden-Württemberg abschließend.

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