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Karlsruhe/Mannheim: Badenia-Ermittlungen

Karlsruhe/Mannheim

Badenia-Ermittlungen

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    Die Dortmunder Ermittler verweisen auf die "gemeinschaftliche Begehungsweise" des Ex-Finanzvorstands mit den Geschäftsführern der Heinen & Biege-Gruppe. Die Mannheimer Anklagebehörde will nun, "stern.de" zufolge, das Verfahren gegen die Zahlung einer Geldbuße von 25.000 Euro einstellen. Die Mannheimer Staatsanwaltschaft konnte diese Aussage auf Anfrage von ka-news indes nicht bestätigen. Der Angeklagte A., gegen den seit rund fünf Jahren ermittelt wird, erklärte "stern.de", er habe sich nichts vorzuwerfen. Da er gesundheitlich angeschlagen sei und keinen langen Prozess wolle, würde er auf den Deal der Mannheimer Staatsanwaltschaft eingehen. Auch die Badenia wollte sich gegenüber ka-news nicht zum Thema äußern.

    Der Traum von "Wohnungseigentum ohne Eigenkapital"

    Nach Erkenntnissen der Dortmunder Ermittler waren Anfang der 90er Jahre die Erwerber von Wohnungen aus den 60er und 70er Jahren im nordrhein-westfälischen Schwelm über den Wert der von Badenia finanzierten Immobilien und über angeblich sichere Miet-Renditen getäuscht worden. Die Grundstücke stammten zum größten Teil aus dem Wohnungsprojekt "Neue Heimat". Im deutlich über dem Marktwert liegenden Kaufpreis hätten sich Provisionen bis zur halben Höhe des Verkaufpreises verborgen, die an die Dortmunder Firma Heinen & Biege und an die Karlsruher Bausparkasse weitergeleitet worden seien. Dies sei für die rund 5.000 Käufer, zum größten Teil Kleinanleger, nicht erkennbar gewesen. Kritiker behaupten, die "Schrottimmobilien" ließen sich heute weder vermieten noch zum Kaufpreis verkaufen, denn sie seien meist nur noch zehn bis zwanzig Prozent des Kaufpreises wert.

    Der Kaufpreis wurde meist durch ein Vorausdarlehen und zwei hintereinander geschaltete Bausparverträge der Badenia finanziert. Laut Anklageschrift habe von Anfang an die Absicht bestanden, durch unrealistische Mietpoolausschüttungen, die als Mieterträge behandelt wurden, überhöhte Rendite der Wohnungen vorzugaukeln. Der Mietpool, welcher alle Mieteinnahmen einer Wohnanlage bündelt, war Vorraussetzung für eine Auszahlung des Darlehens. Badenia gab den Grundstücken, die als Altersvorsorge dienen sollten, bei der Darlehensfinanzierung überhöhte Beleihungswerte. Die Eigentumswohnungen sollten sich nach dem Motto "Wohnungseigentum ohne Eigenkapital" durch Steuervorteile und Mieteinnahmen selbst finanzieren.

    Urteile fielen bisher meist positiv für Badenia aus

    Insgesamt gab es in Deutschland 300.000 Fälle, bei denen Kleinunternehmer von großen deutschen Geldhäusern finanziert wurden. Bei der Badenia, die mit rund 6.000 Mitarbeitern und etwa 1,5 Millionen Kunden die viertgrößte Bausparkasse Deutschlands ist und bilanzierte Baudarlehen von rund 3,5 Millionen Euro besitzt, sollen die Schaden um 340 Millionen D-Mark liegen (ka-news berichtete). Die Karlsruher Bausparkasse ist ein Tochterunternehmen des Finanzkonzerns AMB Generali Holding AG. Dieses ist mit fünfzig Prozent an der Deutschen Vermögensberatung AG (DVAG) beteiligt, welches Ex-Finanzminister Theo Waigel als Aufsichtsrat und Altbundeskanzler Helmut Kohl als Vorsitzenden des Beirats hatte.

    Bisher konnten zwei Kleinanleger vor dem Oberlandesgericht (OLG) Recht bekommen (ka-news berichtete). Zusammen erhielten sie 200.000 Euro, von denen ein Teil von der Badenia erbracht wurde, den anderen stellten unter anderen die Alteigentümer. Doch in den meisten Fällen fiel das Urteil positiv für Badenia aus. Herald H. aus Lüne bei Dortmund, von Beruf Müllwerker, und Helga S. aus Leipzig zählen zu den von Badenia finanziell ruinierten Käufern. Helga S. hatte wie viele andere Kläger kein Eigenkapital, kaufte sich aber eine Wohnung für 107.000 Mark. Herald H. erwarb 1996 eine 22 Quadratmeter große Wohnung in Wuppertal, die ihn 108.000 DM kostete.

    Vier Betroffene begingen aus finanzieller Not Selbstmord

    Neben Anja S., die sich als Letzte von vier Betroffenen im September 2004 das Leben nahm, begingen sowohl der Geschädigte Hans-Dieter W. aus Gütersloh als auch der Berliner Aldi-Filialleiter Bernd M., der anfangs monatlich 150 und später 1.500 Mark für sein Eigentum zahlte, Selbstmord. Die 28-jährige Krankenschwester hatte eine Immobilie in Chemnitz gekauft, für die sie kurz vor ihrem Tod einen Zwangsvollstreckungsbescheid der Badenia von etwa 20.000 Euro bekam. Der Vater von Anja S. kritisierte, dass es "kriminell und sittenwidrig" sei, beim Immobilienkauf nicht über Risiken aufzuklären und verurteilte darüber hinaus die Gerichte als "bankenfreundlich".

    In einem Interview mit der "Stuttgarter Zeitung" hat Dietrich Schroeder, Vorstandsvorsitzender der Badenia, nun angekündigt einen Ausgleich mit den Geschädigten anzustreben. Die Badenia habe bisher 900 Vergleichsangebote gemacht, 300 würden in Kürze folgen. Die Hälfte sei bereits angenommen, so Schroeder gegenüber der Tageszeitung. Man wolle so "die Dinge wieder ins Lot bringen und in Not geratenen Menschen helfen". Er sei sich bewusst, dass viele Betroffene "sehr unglücklich" seien. Zwar lehnt die Badenia weiterhin die Verantwortung für die Verkäufe ab, wolle laut Schroeder aber den "Weg der Verständigung" gehen. Im Rahmen der Jahrespressekonferenz der Bausparkasse hatte der Vorstandsvorsitzende noch am 13. März letzten Jahres die "Vergangenheitsbewältigung" als abgeschlossen bezeichnet.

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