"Die Streiks übers Wochenende hätte verhindert werden können", ist sich Brigitte Unger, AVG-Personalleiterin, sicher. Bereits am Freitagnachmittag habe die AVG der GDL ein neues Angebot per Fax zukommen lassen, um den Streik nicht in das Wochenende hinein zu ziehen. Die GDL habe darauf nicht reagiert. Die Gewerkschaft habe erst am Montagmorgen um 10 Uhr die Streikaktionen abgesagt, empört sich Unger.
Am Montag hatte die AVG wegen der Streiks zu einer Podiumsdiskussion geladen, "um die Position beider Seiten zu schildern und die Mitglieder dadurch ausreichend zu informieren, damit diese sich ein objektives Bild machen können." Eingeladen waren auch zwei Vertreter der GDL, sie waren jedoch nicht erschienen. "Wir finden es sehr schade, dass sich die GDL den Fragen ihrer Mitglieder nicht gestellt hat", so AVG-Personalleiterin Unger am Montagnachmittag in Ettlingen.
Wirtschaftlicher Verlust und Imageschaden
Dem Verkehrsunternehmen ist zudem ein wirtschaftlicher Verlust durch nicht beförderte Fahrgäste entstanden. "Die Höhe kann aber derzeit nicht beziffert werden. Besonders bedauerlich ist aber der Imageschaden, der durch nicht oder nur extrem kurz vorher angekündigte Streikaktionen in der Vorweihnachtszeit entstanden ist", teilte die AVG auf ka-news-Anfrage mit.
Auch das Weihnachtsgeschäft des Karlsruher Einzelhandels hat unter der Streikaktion gelitten, so Sascha Binoth, Citymanager der Stadt Karlsruhe, auf ka-news-Anfrage. "Ein solcher Streik am dritten Adventswochenende schadet natürlich dem Einzelhandel." Wie hoch der wirtschaftliche Schaden für den Einzelhandel sei, der durch den Streik entstanden ist, könne er allerdings nicht sagen.
Weihnachtsgeschäft leidet
Das Spielwarengeschäft Doering in der Karlsruher Innenstadt traf der Streik mit voller Wucht. "Der Streik hat unserem Geschäft erheblich geschadet", so Eduard Peltzer, Geschäftsführer des Ladens, gegenüber ka-news. Gerade eine Branche, wie die der Spielzeugwaren, die ihr Hauptgeschäft in der Weihnachtszeit habe, "trifft so ein Streik voll ins Kontor." Aufgrund des Streiks seien am Samstag weniger Kunden aus dem Umland in die Stadt gelangt. Das Geschäft sei nur zögerlich erst gegen 12 Uhr gestartet.
Derzeit sei Karlsruhe eine einzige Baustelle und man wolle doch erreichen, dass die Bürger ihre Autos stehen ließen und umweltfreundlich mit der Bahn in die Stadt kämen, so Peltzer. "Diese Bemühungen werden durch den Streik unterlaufen", beklagt er. Auch seien seine Angestellten wegen des Streiks nicht pünktlich zur Arbeit gekommen, Lieferungen konnten dadurch nicht rechtzeitig eingeräumt werden. Zudem habe der Geschäftsführer seinen Angestellten Taxis bezahlt, damit sie überhaupt zur Arbeit kommen konnten. "Das ist alles Geld, was uns jetzt fehlt. Den Verlust werden wir wohl nicht ausgleichen können."
AVG beklagt "unfaires Verhalten"
Am Freitag hatte die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) die Fahrer der AVG kurzfristig zu Streiks aufgerufen. Nach Angaben der AVG haben sich etwa 50 bis 60 Fahrer an dem Streik beteiligt. 67 Stunden kam es dadurch zu massiven Beeinträchtigungen im ÖPNV in Karlsruhe. Auf allen S-Bahnlinien - mit Ausnahme der S2 - kam es zu Zugausfällen und massiven Verspätungen. Besonders betroffen war die Linie S1/S11. Weder Richtung Albtal noch Richtung Hochstetten fuhren die Stadtbahnen nach Plan. Die AVG setzte Ersatzbusse vom RVS (Regionalbusverkehr SüdwestBus) ein.
"Ein derart unfaires Verhalten gegenüber allen Fahrgästen in der gesamten Region hat es in der Geschichte der Tarifauseinandersetzungen noch nicht gegeben", kommentierteBrigitte Unger, Personalleiterin der AVG, den Streik am Freitag.
GDL fordert "faire Löhne"
Die GDL hatte am Montag um 10 Uhr die Arbeitskämpfe beendet. Zuvor habe die AVG der GDL ein Angebot gemacht, das "den Wiedereinstieg in die unterbrochenen Verhandlungen zu den inhaltsgleichen Rahmenregelungen und zum Betreiberwechseltarifvertrag rechtfertigt", so die GDL.
Die Streit-Parteien treffen sich daher am Mittwoch, 14. Dezember, um 13.30 Uhr zu Tarifverhandlungen. "Beide Seiten sind bestrebt, eine zügige Lösung zu finden", so der GDL-Bundesvorsitzende Claus Weselsky. "Wenn möglich, möchten wir den Konflikt im Laufe dieser Gesprächsrunde beenden." AVG-Personalleiterin Unger: "Wir hoffen, dass sich nun die GDL auch bewegt und nicht immer nur diktiert."
Die GDL fordert "faire Löhne" für die Lokführer der AVG - laut GDL entlohnt AVG ihre Fahrer auf "Billiglohn des Eisenbahn-Tarifvertrags". Das Karlsruher Unternehmen ist in dem Tarifkonflikt der letzte Verkehrsbetrieb, mit denen sich die Gewerkschaft GDL noch um Tarifverträge streitet. Die GDL will langfristig bei allen Privatbahnen Tarifverträge auf dem Niveau der Deutschen Bahn AG erreichen. Bereits am Samstag, 3. Dezember, hatte ein überraschender Warnstreik der AVG die Region lahmgelegt.
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