Immer wieder sind Autofahrer in Stuttgart aufgefordert, auf die öffentlichen Verkehrsmittel umzusteigen. Alleine in den ersten drei Monaten diesen Jahres wurden die Tagesgrenzwerte von Feinstaub an der Station "Am Neckartor" 16 Mal überschritten. Als Ursache wird unter anderem die große Verkehrsbelastung, vor allem durch Dieselfahrzeuge, angenommen.
Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund wurde in der Politik über Fahrverbote für Diesel-Fahrzeuge diskutiert. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat jüngst in einem Gerichtsurteil den Weg für solche Fahrverbote grundsätzlich freigemacht.
Karlsruhe hat kein Problem mit schlechter Luft
Autofahrer in und um Karlsruhe müssen sich aber weniger Gedanken machen. Wie die Verantwortlichen auf Nachfrage von ka-news angeben, drohen in der Fächerstadt keine Fahrverbote. Die Feinstaub-Werte wurden in der jüngsten Vergangenheit schlicht nicht erreicht. Dieses Problem mit dem Feinstaub gibt es laut den Experten der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW), welche ihren Hauptsitz in Karlsruhe hat, ohnehin fast nur in Stuttgart. Dort wird die Luftbelastung aufgrund der Kessel-Lage noch begünstigt.

Die Landesregierung mit Sitz in Stuttgart will das Luft-Problem nun angehen. Daher werden in einem entsprechenden Gremium derzeit Ideenpapiere vorgestellt, wie man die Luftbelastung im Kessel senken kann. Eine Idee, die sogar auf Bundesebene diskutiert wird, besteht aus einem kostenlosen Nahverkehrs-Angebot. Offen ist hier allerdings derzeit noch die Frage der Finanzierung. Kostenlose Fahrräder, Home Office-Förderungen für Firmen und Rikscha-Taxen sind weitere Ideen, die in einem Papier, das ka-news vorliegt, beschrieben werden.
Ideenpapier stellt Alternativen vor
Auch für die Fächerstadt könnte das Papier aus Stuttgart konkrete Auswirkungen haben: Eine Idee sieht nämlich die Verlagerung von einzelnen Landesministerien nach Karlsruhe vor. Damit soll es den Ministern möglich sein, auch bei Fahrverboten weiterhin Termine mit dem Dienstfahrzeug wahrnehmen zu können. Dieser Vorschlag fußt dabei auf dem Fakt, dass die Luft in der Rheinebene um Karlsruhe, auch langfristig gesehen, reiner ist, als in Stuttgart.
Zusätzlich will man die räumliche Verlagerung einiger Ministerien dazu nutzen, die Freundschaft der beiden Städte zu fördern, das Gemeinschaftsgefühl in Baden-Württemberg auszubauen und das Selbstbewusstsein der Fächerstadt zu stärken.

Ein am Prozess beteiligter Mitarbeiter, der anonym bleiben möchte, beschreibt im Gespräch mit ka-news, dass diese Idee derzeit geprüft wird. "Im Raum standen Karlsruhe und Mannheim, wobei Karlsruhe als zweitgrößte Stadt im Land einfach repräsentativer ist", lässt er sich zitieren. Ein weiterer Pluspunkt sei die bessere und kürzere Bahnverbindung nach Stuttgart gewesen. Diese sei nötig, da die Mitarbeiter der Landesregierung zwischen den Standorten hin- und her reisen müssten.
Vorbild von Berlin und Bonn folgen
Denn: Nur einzelne Ministerien sollen nach Karlsruhe umziehen. Insgesamt sollen vier von elf Dienststellen verlagert werden. Zur Debatte stehen das Ministerium für Digitalisierung, Computersicherheit und Breitbandausbau, das Ministerium für Justiz, Gerichte und Strafsachen und das Ministerium für Landschaft und Kulturpflege.
Zuletzt sei der Umzug des Ministeriums für Hoch-, Tief- und Straßenbau in die Fächerstadt vorgesehen, da man in der Karlsruhe eine Expertise bei Groß-Baustellen erkannt hat - zuletzt kamen Vertreter aus Stuttgart nach Karlsruhe, um sich selbst ein Bild vom Karlsruher Tunnel zu machen.

Dass ein Konzept der dezentralen Ansiedlung von Behörden durchaus funktionieren kann, zeigt ein Blick auf die Bundes- und Europaebene. Sechs Bundesministerien haben weiterhin ihren ersten Dienstsitz in der ehemaligen Bundeshauptstadt Bonn. Alle weiteren Ministerien mit Sitz in Berlin haben auch heute noch einen zweiten Dienstsitz in der Stadt am Rhein. Und das europäische Parlament tagt abwechselnd in Straßburg und Brüssel...
Über einen konkreten Umzugstermin gibt die anonyme Quelle gegenüber ka-news noch keine Auskunft - wohl auch, weil derzeit die Gremiumsmitglieder noch mit der Suche nach geeigneten Räumlichkeiten in der Fächerstadt beschäftigt sind. "Aufgrund der vergleichsweise hohen Liquidität der Landesregierung dürfte es aber kein Problem sein, die Vermieter von den Vorzügen eines staatlichen Mieters zu überzeugen", so der Mitarbeiter gegenüber ka-news.