Ein Marathonlauf auf der Zielgeraden, ein Hausbau kurz vor Fertigstellung und die allseits bekannte Geschichte mit dem Teufel in Eichhörnchen-Gestalt - das sind nur drei von vielen Metaphern und Vergleichen, die die Verantwortlichen der Verkehrsbetriebe Karlsruhe (VBK), der Albtal-Verkehrs-Gesellschaft (AVG) und der Karlsruher-Schieneninfrastruktur-Gesellschaft (Kasig) für die zahlreichen Medienvertreter am späten Donnerstagabend parat hielten.

Eine Vielzahl von Pressevertretern nimmt am Stresstest der Kombilösung teil.
Eine Vielzahl von Pressevertretern nimmt am Stresstest der Kombilösung teil. | Bild: Carmele/TMC-Fotografie

Fünf Stunden Dauerbelastung für Mensch und Maschine

Grund hierfür war der erste große "Stresstest" im Stadtbahntunnel der Karlsruher Kombilösung. In der Nacht von Donnerstag und Freitag wurde von 22 Uhr bis 3 Uhr im neuen Tunnel der Nacht- und Wochenendbetrieb simuliert. Insgesamt 20 Bahnen schlängelten sich dabei durch das knapp 1,5 Milliarden Euro teure Bauprojekt. 

Stresstest deshalb, weil jetzt erstmals mehrere Bahnen gleichzeitig unterwegs sind, alles Verbaute auf Herz und Nieren getestet wird und der Tunnel nun vom Baubetrieb der Kasig an den Fahrbetrieb der VBK übergeben wird. 

Die Linie 2 fährt in die Haltestelle Marktplatz ein.
Die Linie 2 fährt in die Haltestelle Marktplatz ein. | Bild: Carmele/TMC-Fotografie

Bei bisherigen Tests waren Bahnen nur vereinzelt im Tunnel zu finden. In der Nacht von Freitag auf Samstag werden dann 32 Bahnen den Tagesbetrieb - den zehn Minuten-Takt - simulieren.

"Bauwerk bekommt seinen Nutzen - Fehler erlaubt"

Die Freude bei den Verantwortlichen war entsprechend groß. VBK-Geschäftsführer Alexander Pischon gegenüber ka-news.de: "Ich bin freudig und optimistisch gestimmt, ich denke, bei den Kollegen vom Bau ist die Anspannung deutlich größer. Die wissen nämlich im Detail, was theoretisch alles schief gehen könnte." 

Alexander Pischon im Interview zum ersten großen Stresstest der Kombilösung.
Alexander Pischon im Interview zum ersten großen Stresstest der Kombilösung. | Bild: Carmele/TMC-Fotografie

Doch auch beim technischen Geschäftsführer der Kasig, Frank Nenninger, überwiegt die Freude. "Das Bauwerk wird jetzt endlich seinem Nutzen zugeführt und wir sehen: 'Was kann die Anlage.' Da ist die Freude schon größer als die Anspannung."

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Fehler sind für Nenninger sogar ausdrücklich erlaubt. "Ich denke, es wird alles reibungslos funktionieren, aber es darf auch was schief gehen. Wir sind in der Testphase und testen heißt auch prüfen. So sehen wir, wo wir uns verbessern können."

Eine Straßenbahn fährt in die Haltestelle Marktplatz der Kombilösung
Eine Straßenbahn fährt in die Haltestelle Marktplatz der Kombilösung | Bild: Carmele/TMC-Fotografie

Die Baustellen der Kombilösung haben das Stadtbild der Fächerstadt nun insgesamt elf Jahre geprägt, am 12. Dezember, pünktlich zum Fahrplanwechsel sollen dann die ersten Fahrgäste durch den Tunnel gefahren werden. "Wir sind zu 99 Prozent fertig und der Termin steht", so Nenninger weiter. 

"Es fehlen nur noch Kleinigkeiten"

Und in der Tat, die für die Medien am Donnerstag zugänglichen unterirdischen Haltestellen Europaplatz, Marktplatz, Kronenplatz und Durlacher Tor wirken betriebsbereit. Nur vereinzelt sind an den Wänden noch Lücken für elektrische Werbetafeln oder die Tunnelkunst von Markus Lüpertz zu erkennen. "Es fehlen wirklich nur noch Kleinigkeiten", ergänzt Kasig-Pressesprecher Achim Winkel im Gespräch mit ka-news.de.

Blick aus dem Führerhaus einer Straßenbahn in der Kombilösung.
Blick aus dem Führerhaus einer Straßenbahn in der Kombilösung. | Bild: Carmele/TMC-Fotografie

Alle benötigte Technik und alle Sicherheitsmaßnahmen seien eingebaut und betriebsbereit. "Wäre das nicht der Fall, würden die Bahnen heute auch nicht fahren", erklärt er und sagt: "Wir warten nur noch auf die Fahrgäste."

von links: Ralf Messerschmidt (VBK), Alexander Pischon (VBK), Ascan Egerer (VBK), Achim Winkel (Kasig)
von links: Ralf Messerschmidt (VBK), Alexander Pischon (VBK), Ascan Egerer (VBK), Achim Winkel (Kasig) | Bild: Carmele/TMC-Fotografie

Gänge sind mit Licht geflutet

In Zukunft dürfen sich die Karlsruher auf sieben hochmoderne, hell erleuchtete und unterirdische Haltestellen freuen. Große Fenster in den Brücken, die über das Gleisbett führen, sorgen jederzeit für ausreichend Licht auch unter Tage und geben den Blick auf die Haltestellen frei.

Blick auf die Haltestelle Europaplatz
Blick auf die Haltestelle Europaplatz | Bild: Carmele/TMC-Fotografie

Generell sind alle Haltestellen, Verbindungsgänge und Treppen großzügig gestaltet und bieten viel Platz für Fußgänger, die das Gleis wechseln oder wieder an die Oberfläche wollen. Von oben lässt sich das Ausmaß der Kombilösung nicht erahnen. 

Verbindungsgänge in den Haltestellen.
Verbindungsgänge in den Haltestellen. | Bild: Carmele/TMC-Fotografie

Laut VBK und Kasig-Geschäftsführer Alexander Pischon muss sich die Kombilösung nicht einmal vor den U-Bahnen in Stuttgart oder München verstecken. "Für die dann doch überschaubare Größe von Karlsruhe haben wir ein ausgesprochen gutes ÖPNV-Netz und eine unheimlich gute Verbindung und Taktung gerade in der Innenstadt und können uns auch mit den großen Städten messen."

84 Bahnen pro Stunde an Durlacher Tor und Kronenplatz

Acht Linien  (S1/S11, S2, S5/S51, S4, S7, S8, 1 und 2) werden ab Dezember unterirdisch unterwegs sein. Der Großteil des Betriebs wird sich dann voraussichtlich an den Haltestellen Kronenplatz und Durlacher Tor abspielen. Hier halten insgesamt sieben Linien. Macht zu Stoßzeiten im zehn Minuten Takt, 42 Bahnen pro Richtung. Insgesamt also 84 Bahnen pro Stunde.

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"Auf jeden Fall ein neues Level für den ÖPNV in Karlsruhe und es ist auch noch Luft nach oben, um die Ziele der Landesregierung - die Verdopplung des ÖPNV bis 2030 - zu erreichen. Mit dem Tunnel sind wir für die Zukunft gut gerüstet", erklärt Pischon während der Probefahrt. Nach knapp 1,5 Stunden endet für die Medienvertreter dann der erste Stresstest, während es für die Fahrer unterirdisch noch weiter geht.

In einer Pressemitteilung am Freitag ziehen die VBK ein insgesamt positives Fazit der ersten Test-Nacht. "Nun sind wir natürlich auch gespannt, was die zweite Nacht an weiteren wichtigen Erkenntnissen liefern wird", wird Alexander Pischon zitiert. 

Noch mehr Bilder vom Stresstest gibt es hier: 

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