Meine Clubzeiten sind ja eigentlich vorbei, trotzdem ist man natürlich als Kulturschreiber immer noch mit dem Ohr nah an den nächtlichen Schienen. Zu meiner Primetime gab es kultige Läden wie das fantastisch-bunte und immer noch schwer vermisste "Carambolage", das rockige "Unverschämt", die musikalisch harte "Katakombe", der feine Techno-Laden "Karl Kinski".

Aber auch das alternative "K5" - allesamt (kultige) Clubs, die stets und teilweise über Jahrzehnte ihr treues Publikum hatten.
Zuletzt verkündete Culteum-Macher Ergin das "Aus" seines Clubs in einem Post auf Instagram. Es sei an der Zeit "einen neuen Schritt zu gehen", heißt es darin. Doch in der Szene gebe es "aktuell viele Probleme", wie Ergin im Gespräch mit ka-news.de erläutert.
Zu viele Veranstaltungen, zu viel Konkurrenz?
Ein großer Punkt sei, laut Ergin, das Verhalten der Gäste. Viele kämen bereits angetrunken in den Club, was den Getränkeumsatz erheblich mindere. "Seit der Pandemie kämpfen die Clubs mit deutlichen Umsatzrückgängen", so der Culteum-Chef. Zudem gebe es zu viele konkurrierende Veranstaltungen.

"Für uns als Clubbetreiber ist das schwierig, da wir uns an strenge Vorschriften halten müssen und eine umfassende Infrastruktur bereitstellen, während andere auf Spendenbasis im Hinterhof mit Bierbänken und einer Funktion-One-Anlage Partys feiern können", so Ergin weiter. Ebenso mangele es an finanzieller Unterstützung.
In eine ungewisse Zukunft geht es für den Clubbesitzer allerdings nicht. "Ja, wir haben bereits Pläne, aber dazu möchten wir momentan noch nichts Genaueres sagen", sagt Ergin.
"Es ist eine unsichere Branche"
Auch Gotec-Chef Andy Seidel gibt einige Einblicke in die durchaus problembehaftete Club-Welt. Das Nachtleben in Karlsruhe habe sich stark verändert, so Seidel. So habe die Stadt, seiner Meinung nach, im Vergleich zu früher ihre nächtliche Attraktivität verloren. Das Angebot habe sich von Jahr zu Jahr verringert, sodass der frühere Charme der Innenstadt Stück für Stück verloren gegangen sei.

Auf die Frage, warum es die Clubs im Moment so schwer haben, antwortet der Gotec-Macher wie folgt: Einen Club heutzutage zu führen, bedeute einen Full-Time-Job mit einem massiven Kostenapparat inklusive. "Es ist eine unsichere Branche, in der man ohne volle Hingabe und Leidenschaft finanziell nicht überleben kann", sagt Seidel.
Außerdem gebe es viele Auflagen (GEMA, Ausschank, Jugendschutz und Lärmschutz etc.), die, laut Seidel, seit Jahren unverändert und nicht zeitgemäß bestehen, aber in der Praxis fast unmöglich umzusetzen seien.

"Die Grundlagen und Gesetze zeitgemäß und individuell anzupassen sowie diese auch zu fördern, wäre ein Schlüssel, um das Aussterben der Clubkultur zu stoppen", so Seidel. Zudem haben Seidel und viele andere Kollegen den Eindruck, dass früher Clubs und das Nachtleben aktiv gefördert wurden, um das Stadtleben zu beleben. Sich Gehör zu verschaffen, erfordere enormen Willen und Kraft.
Weitere Clubs wie die ehemaligen Inhaber des "Unverschämt" wurden von der Redaktion angefragt. Bis zur Veröffentlichung des Artikels lagen noch keine Antworten vor.
Clubsterben ist kein "neues" Problem
Karlsruhe ist mit dem Problem nicht alleine. Schon in einem 2023 publizierten Positionspapier namens "Dance With Somebody" forderte der Verbund Clubkultur Baden-Württemberg e.V. die Politik dazu auf, den Erhalt und Ausbau der lebendigen Club- und Livemusikszene in Baden-Württemberg zu unterstützen.
Doch bürokratische Hürden und fehlende Förderformate erschweren den Ausbau und Erhalt der Clubkultur in Baden-Württemberg. Zudem haben steigende Kosten in allen Bereichen und die Auswirkungen der Corona-Pandemie die Clubszene hart getroffen und beeinträchtigen vielfältige Kulturprogramme und Angebote.

Das vorliegende Positionspapier diene dazu, die Anliegen der Mitgliedschaft als klare Forderungen an die Politik zu kommunizieren. Clubs und Livemusikspielstätten bildeten wichtige Experimentier- und Begegnungsräume in Baden-Württemberg. Sie seien nicht nur kulturelle Identifikationspunkte, sondern fördern auch Verständnis und Toleranz im Zusammenleben – sie förderten so die Demokratie.
Steigende Kosten, höhere Energiepreise...
"Das Clubsterben ist ein Thema, das uns wirklich beschäftigt", sagt der politische Sprecher des Clubkultur-Vereins, Justus Bartlewski. Die Schließungen von Clubs wie dem Culteum, Unverschämt und Karl Kinski zeigten ein Problem, das nicht nur in Karlsruhe, sondern in ganz Baden-Württemberg und bundesweit immer akuter werde.

"Unserer Erkenntnis nach ist das Clubsterben das Resultat eines sich verschärfenden wirtschaftlichen Drucks, der Clubs seit Jahren zunehmend belastet. Die Kosten steigen kontinuierlich, sei es durch höhere Energiepreise oder gestiegene Gagen für Künstler", sagt Bartlewski.
Hinzu komme ein verändertes Freizeitverhalten: Immer weniger Besucher, die aufgrund von Inflation und geringerer Kaufkraft auch weniger ausgeben, was wiederum die Umsätze im Gastronomiebereich der Clubs negativ beeinflusse.

In diesem Zusammenhang seien dringend Maßnahmen auf Landes- und Bundesebene erforderlich, um das kulturelle Erbe und die gesellschaftlichen Funktionen von Clubs zu sichern und sie als wichtige Orte des sozialen Austauschs, der Diversität und des kulturellen Schaffens zu erhalten.
Was tut die Stadt um die Clubs zu fördern?
Die Stadt Karlsruhe unterstützt Kulturveranstalter durch verschiedene Förderprogramme, die über das Kulturamt koordiniert werden. Ein Schwerpunkt liegt auf der sogenannten "Kommunalen Kulturförderung", die finanzielle Zuschüsse für Projekte, Institutionen und Einzelveranstaltungen bietet. Eine weitere Anlaufstelle ist zum Beispiel das K³ Kreativ und Wirtschaftsbüro Karlsruhe. Allerdings sind die Programme meist nicht auf Clubs zugeschnitten und an bestimmte Förderkriterien geknüpft.
Weitere Informationen unter: karlsruhe.de und unter https://k3-karlsruhe.de/index.php/foerdermoeglichkeiten