Bereits seit längerem steht die AVG wegen des Mangels an Fahrern in der Kritik. Die Folge: AVG-Fahrer häuften Überstunden und Urlaubstage an. Mit einer Kampagne hat das Karlsruher Unternehmen daher in der letzten Zeit verstärkt um neues Personal geworben. Mit Erfolg, wie der Geschäftsführer des Karlsruher Verkehrsverbunds (KVV), Alexander Pischon, am Donnerstag bei einem Pressegespräch angibt: "24 offene Stellen sind rechnerisch da, bis Ende des Jahres sollte die Lücke abgedeckt sein."
Schon jetzt habe sich die Situation deutlich entspannt: "Letztes Wochenende gab es beispielsweise gar keine Ausfälle", berichtet Pischon weiter. "Allgemein ist es in den letzten zwei, drei Wochen besser geworden." Wenn die nötige Personalstärke für den Betrieb erreicht sei, würde man dennoch weiter einstellen, "damit die Fahrer auch die Möglichkeit haben, ihre Überstunden auszugleichen", wie Pischon betont, "und um die demografische Entwicklung auszugleichen." Aber auch für Bahn-Pendler soll es Verbesserungen geben.
AVG will bundesweites Niveau erreichen
Um das Vertrauen der Fahrgäste zurückzugewinnen, führt der KVV daher am kommenden Montag eine neue "Mobilitäts- und Pünklichkeitsgarantie" ein. Damit wolle man Fahrgäste entschädigen die, wenn es doch zu Verspätungen oder Ausfällen komme, auf der Strecke bleiben, so die Erklärung beim Pressetermin. Bislang war man in diesem Bereich noch nicht so stark aufgestellt, gibt Pischon zu. Doch mit der neuen Regelung würde man sich auf einem bundesweit vergleichbaren Niveau bewegen.
Die bisher geltende "Mobilitäts- und Sauberkeitsgarantie" sah vor, dass KVV-Kunden mit Monats- oder Jahreskarten ab einer Verspätung von 30 Minuten auf das Taxi umsteigen konnten. Der KVV erstattete bei Fahrten innerhalb von Karlsruhe dann bis zu 25 Euro, bei Taxifahrten außerhalb des Stadtgebiets bis zu 50 Euro. Der Haken: Es musste nachgewiesen werden, dass die Karlsruher Verkehrsunternehmen oder ein kooperierendes Unternehmen für die Verspätung auch verantwortlich gemacht werden konnten.
Bislang wurden hier nach Angaben des Unternehmens jährlich 6.000 bis 8.000 Euro geltend gemacht. Wenn bei der Reklamation immer der höchstmögliche Betrag geltend gemacht wurde, wurden zwischen 180 und 240 Taxifahrten erstattet, wenn die Fahrgäste je zur Hälfte im Stadtgebiet und darüber hinaus unterwegs waren. Bei Jährlich rund 170 Millionen Fahrgästen stellt das nur einen verschwindend geringen Anteil dar.
KVV übernimmt auch für DB-Verspätungen die Verantwortung
Mit der Weiterentwicklung der Mobilitätsgarantie sollen nun deutlich mehr Fahrgäste eine Erstattung geltend machen können. Denn ab Montag gelte nicht mehr die Beschränkung auf Verspätungen von Unternehmen, die dem KVV angehören, vielmehr werde eine "verbundweit geltende Entschädigungsregelung" eingeführt, so Pischon.
Das bedeutet konkret: Künftig werden auch Fahrtausfälle entschädigt, die beispielsweise mit der Deutschen Bahn ausgeführt werden. Die Voraussetzung ist allerdings, dass eine KVV Monats- oder Jahreskarte für die Fahrt genutzt wird. Nutzer von Einzelfahrscheinen sind auch weiterhin außen vor. Neu dabei ist dafür die bislang ausgeschlossene Scool-Card.
Ab Montag können Fahrgäste, die ihr Fahrtziel mit 30 Minuten Verspätung erreichen, eine Fahrpreisentschädigung von 1,50 Euro geltend machen. Dabei kann im Geltungsbereich maximal die Hälfte des Ticketpreises erstattet werden.
Alternativ besteht die Möglichkeit, mit einem alternativen Verkehrsmittel, wie Taxi, Mietauto mit Stundentarif, Mietfahrrad und Co. weiter zu fahren. Fällt die letzte Fahrt eines Tages aus, können auch Inhaber von KVV-Einzel- und Tageskarten die Möglichkeit der Weiterfahrt nutzen. Der mögliche zu erstattende Betrag wird auf 80 Euro angehoben.
Vertrauen zurück gewinnen?
Anders als bisher, wird dabei nicht mehr geprüft, bei wem die Schuld für die Verspätung liegt, sondern nur noch, ob die angegebene Verbindung tatsächlich zu spät war. "Bei der Ermittlung der Verspätung gilt das Prinzip der Reisekette", heißt es in der Erklärung des KVV weiter. Das heißt: Verpasst ein Fahrgast wegen einer geringfügigen Verspätung seinen Anschluss und kommt mindestens 30 Minuten zu spät, kann er ebenfalls eine Entschädigung verlangen.
Trotz der Anhebung der Erstattungen rechnet Pischon mit "einem überschaubaren Aufwand" und einer Erstattungssumme, die sich "im fünfstelligen Bereich im Jahr" bewegt. Im Fokus stehe, die Erstattung für die Kunden einfacher und verlässlicher zu gestalten, so der KVV-Geschäftsführer weiter. Überhaupt "wollen wir kulanter sein". Auf diese Weise will man in Karlsruhe das verloren gegangene Vertrauen wieder zurückgewinnen.