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Karlsruhe: Karlsruher Händler kritisieren Stadt: "Bauzaun-Werbung ist viel zu wenig!"

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Karlsruher Händler kritisieren Stadt: "Bauzaun-Werbung ist viel zu wenig!"

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    Petra Lorenz, Inhaberin des Leder Point, und Marc Ephraim, Handels- und Lifestyle-Experte.
    Petra Lorenz, Inhaberin des Leder Point, und Marc Ephraim, Handels- und Lifestyle-Experte. Foto: (mda)

    Frau Lorenz, Herr Ephraim, Sie haben kürzlich die Interessengemeinschaft für inhabergeführte Unternehmen in Karlsruhe "Für Karlsruhe" initiiert. Warum?

    Lorenz: Die Interessengemeinschaft ist eigentlich aus der Not heraus geboren. Wir haben bei Gesprächen mit anderen Einzelhändlern mitbekommen, dass viel Unmut über die Baustellensituation in der Innenstadt herrscht und etlicher Handlungsbedarf besteht. Wir haben uns daraufhin ein paar Mal mit betroffenen Händlern getroffen und mit der Zeit ist dieser Kreis immer weiter gewachsen. Mittlerweile haben sich 87 Karlsruher Händler unserer Initiative angeschlossen.

    Ephraim: Wir sind ganz lose organisiert - es gibt keine Mitgliedschaft, es gibt keinen Mitgliedsbeitrag. Wir engagieren uns für Karlsruhe im positiven Sinne.

    Gibt es Unmut speziell nur unter den Einzelhändlern?

    Ephraim: Nicht nur. Wir waren sehr überrascht, dass wir eine größere Familie sind als nur der Handel. Mittlerweile haben sich unserer Interessengemeinschaft auch Apotheker, Ärzte und Gastronomen angeschlossen. Von den Einschränkungen durch die Baustellen in der Innenstadt sind letztlich alle betroffen. Diese Groß-Baustelle wird nämlich nicht so gemanagt, wie wir uns das vorstellen.

    Wie macht sich die Kombilösungs-Baustelle im Einzelhandel bemerkbar?

    Lorenz: Je länger eine Baustelle dauert, umso schlimmer sind die Auswirkungen. Wir sind mittlerweile im fünften Baustellenjahr und nach wie vor läuft vieles organisatorisch chaotisch. Die Umsatzeinbußen der Karlsruher Einzelhändler liegen bestenfalls bei minus 20 und gehen bis hin zu minus 50 Prozent. Die Baustelle macht sich massiv negativ bemerkbar!

    Ephraim: Jeder weiß, dass die Kunden ihr Verhalten mit der Zeit verändern. Die Nachbarregionen und -städte profitieren extrem von der hiesigen Baustellen-Situation. Die Kunden fahren mittlerweile zum Einkaufen lieber nach Mannheim oder Stuttgart.

    Sie haben das Baustellenmanagement angesprochen. Was läuft hier aus Ihrer Sicht schief?

    Lorenz: Die Herren geben sicherlich ihr Bestes. Die Informationen sind aber nach wie vor sehr spärlich oder treffen nicht immer zu. Wir würden uns wünschen, dass die Kommunikation besser und schneller funktioniert und wir nicht immer erst nachfragen müssen, warum zum Beispiel ein Baufeld, auf dem nur noch Gerümpel herumsteht, nicht entfernt werden kann. Nach wochenlangem hin und her wird es dann doch beseitigt, weil bemerkt wird, man braucht den Platz doch nicht. Wir sind nicht mehr bereit, diese Missstände so hinzunehmen.

    Vom Karlsruher Stadtmarketing gibt es immer wieder Aktionen, um den Handel während der Baustellensituation zu stärken. Reicht Ihnen das nicht aus?

    Lorenz: Alle Händler, die wir befragt haben, sagen: Das reicht bei Weitem nicht! Außer den üblichen Veranstaltungen wie das Stadtfest und dem Weihnachtsmarkt, die vielleicht etwas aufwendiger gestaltet werden, kam bisher nicht viel. Ein bisschen Bauzaun-Werbung ist einfach viel zu wenig! Es muss zum Beispiel viel mehr Geld in die Werbung nach außen investiert werden.

    Sie nehmen das Heft des Handelns jetzt also selbst in die Hand?

    Ephraim: Wir wollen auf die bestehenden Probleme aufmerksam machen, die lange genug totgeschwiegen wurden. Wir werden schon von den umliegenden Gemeinden angesprochen, warum wir uns nicht wehren. Wir haben hier eine chaotische Baustelle vor der Tür. Jeder Händler in der Innenstadt ist betroffen, aber nur ein Bruchteil bekommt Entschädigungszahlungen. Es wird keine Werbung gemacht, die Händler werden von der Stadt im Stich gelassen. Die Situation ist einfach unbefriedigend. Wir wollen jetzt Dinge anstoßen und wachrütteln. Wir haben noch fünf Jahre Baustelle vor uns. Wir brauchen dringend einen langfristigen Marketing-Plan für diese Stadt.

    Also Sie übernehmen jetzt sozusagen die Aufgaben für die eigentlich das Karlsruher Stadtmarketing und die City Initiative Karlsruhe (CIK) zuständig sind?

    Ephraim: Nein. Das können und wollen wir auch nicht. Wir wollen anregen, anstoßen und Vorschläge machen. Wir haben auch schon einige Ideen bei der City Initiative und dem zuständigen Kooperationsmarketing eingereicht. Allerdings sind auch den Verantwortlichen dort aus finanziellen Gründen die Hände gebunden. Man hat uns bereits im vergangenen Jahr immer wieder auf das Jubiläumsjahr 2015 vertröstet, dann würden die Besucher nach Karlsruhe strömen und alles wird gut. Es ist überhaupt nicht alles gut!

    Spüren Sie denn den Karlsruhe Stadtgeburtstag? Kommen mehr Besucher aus dem Umland nach Karlsruhe?

    Lorenz: Nein, im Gegenteil. Der Besucherschwund nimmt weiter zu. Die Veranstaltungen im Schlossgarten mögen sehr schön und gut besucht sein, aber in der Stadt ist davon nichts zu spüren. Wir haben unter den Händlern unserer Interessengemeinschaft eine Umfrage durchgeführt und das Ergebnis ist eindeutig: es merkt keiner etwas von den Stadtgeburstagsbesuchern, viele sind verzweifelt. Von einem Push für den Handel aufgrund des Jubiläums kann gar keine Rede sein.

    Ephraim: Das KA300-Team leistet für die Stadt sicherlich einen tollen und wichtigen Beitrag. Die Veranstaltungen an sich und was deren Qualität angeht, stellen wir nicht infrage. Klar ist aber, die Besucher der Jubiläumsveranstaltungen sind nicht im Handel angekommen und werden dort meines Erachtens auch nicht ankommen. Viele Kollegen haben sogar gesagt, der Juni sei der bisher schlechteste Monat überhaupt gewesen. Und das liegt nicht nur an der Hitze.

    Mit dem "Samstagsgutschein" haben sie jetzt eine Aktion gestartet, um den Handel anzukurbeln. Was wollen Sie speziell damit bezwecken?

    Lorenz: Wir haben kein Budget und haben uns daher überlegt, was wir mit relativ wenig Geld erreichen können. Der Großteil unsere "Für Karlsruher" hat festgestellt, dass gerade am Samstag immer mehr Kunden aus dem Umland wegbleiben. Der Samstag wird als Einkaufstag immer schwächer. So kamen wir auf den Samstagsgutschein. Die Idee dahinter: Händler empfehlen Partnern, bei denen sie einen kleinen Rabatt, Präsent oder ähnliches bekommen. Dadurch sollen Kunden auf Geschäfte aufmerksam gemacht werden, die sie vielleicht noch nicht kennen.

    Der Samstag galt doch immer als Haupt-Shopping-Tag.

    Lorenz: An vielen Samstag ist die Stadt mittlerweile wie ausgestorben. Vor Kurzem hat mir ein Kunde aus Pforzheim gesagt, der sich auf der Fahrt nach Karlsruhe mal wieder geärgert hat: "Die Autobahn ist voller Baustellen, in Karlsruhe stehe ich im Stau und finde keinen Parkplatz und in der Innenstadt kann ich nicht einmal in Ruhe einen Kaffee trinken. Seien sie mir bitte nicht böse, Frau Lorenz, aber ich fahre künftig zum Einkaufen nach Stuttgart."

    Was wollen Sie erreichen?

    Ephraim: Wir wollen ein stärkeres Miteinander. Wir wollen den Runden Tisch aus Handel, Gastronomie, CIK und Stadtmarketing. Dieser wurde uns auch versprochen. Jetzt müssen Taten folgen. Es muss hier eine stärkere Kooperation und Zusammenarbeit in Fragen des Marketings und der Stadtplanung geben - und zwar in enger Absprache mit dem Handel und der Gastronomie. Denn wir haben den Eindruck, dass bei den städtischen Institutionen nicht das nötige Know-How vorhanden ist.

    Lorenz: Es ist einfach nicht weitreichend genug, was bisher vom Stadtmarketing und Kooperationsmarketing getan wurde. Man macht hier eben das, was man schon immer gemacht hat, blickt aber nicht über den Tellerrand hinaus. Eine moderne, zukunftsfähige Stadt braucht aber innovative Ideen!

    Das Gespräch führte Moritz Damm

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