Die Ansiedlung der Fleischfabrik werde zur weiteren Erwärmung beitragen und für mehr Schwüle sorgen, warnen "Die Siedler von Ka". An heißen Sommertagen würden die Klimaanlagen der Produktionsstätte bis zu sechs Megawatt Wärme an die Umbegung abgeben. Dazu komme, dass der Wind vorwiegend aus südwestlicher Richtung von Rheinstetten Richtung Stadtmitte wehe. Bereits im Hitzesommer 2003 habe sich gezeigt, dass eine fehlende nächtliche Abkühlung sich als gesundheitlich beeinträchtigend herausstelle. Das Amt für Umwelt- und Arbeitsschutz Karlsruhe gehe in seiner Broschüre "Anpassung an den Klimawandel in Karlsruhe" davon aus, dass in Baden-Württemberg aufgrund der zunehmenden Zahl von heißen Tagen verbunden mit Tropennächten für die nächsten 50 Jahre mit einer deutlichen Zunahme der hitzebedingten Todesfälle gerechnet werde. Das könne der Gemeinderat nicht wollen.
Verbilligte Grundstückspreise für Edeka?
Edeka verspricht 800 Arbeitsplätze durch die Werkansiedlung (Foto: pr) |
Kritik kommt auch aus dem Lager der Grünen: Mit zwei Abgeordnetenbriefen hatten sich die Karlsruher Landtagsabgeordneten Renate Rastätter und Gisela Splett Ende April an Finanzminister Gerhard Stratthaus und den Landwirtschaftsminister Peter Hauk gewandt und sie aufgefordert, den Verkauf der landeseigenen Flächen für das geplante Fleischwerk abzulehnen (ka-news berichtete). Hervorgehoben hatten die beiden Grünen in ihren Schreiben, dass das Vorhaben mit der großflächigen Inanspruchnahme bester landwirtschaftlicher Fläche den Zielen der Landesregierung zur Reduktion des Flächenverbrauchs widerspreche. Auch in Anbetracht der aktuellen Diskussion um die weltweit steigende Lebensmittelnachfrage sei es nicht nachvollziehbar, wenn der zuständige Landwirtschaftsminister dem geplanten Flächenverkauf durch das Land zustimme.
Die Abgeordneten hatten in Ihrem Schreiben auch um Auskunft darüber gebeten, ob es zutreffe, dass pro Quadratmeter nur rund 40 Euro verlangt werden sollen, während das Gebiet östlich der Messe mit rund 110 Euro pro Quadratmeter im Preisspiegel von Rheinstetten ausgewiesen sei. Dies käme einer Subventionierung der Firma Edeka gleich. Das sieht auch der SPD-Landtagsabgeordnete Johannes Stober so: Die Landesregierung tue gut daran, bei dieser Frage endlich mit offenen Karten zu spielen und durch eine klare Aussage alle aktuellen Spekulationen über eine indirekte Subvention an Edeka durch einen verbilligten Grundstückspreis zu beenden.
"Widersprüchliche" Argumentation des Landwirtschaftsministers
Nun haben die beiden grünen Abgeordneten die Antwortschreiben von Finanzminister Stratthaus und Landwirtschaftsminister Hauk erhalten und zeigen sich unzufrieden mit den darin enthaltenen Aussagen. "Auf unsere Frage nach dem geplanten Verkaufspreis haben wir keine konkrete Antwort erhalten", klagen sie. Stratthaus betone lediglich, dass der Verkauf "auf der Grundlage des vollen Wertes erfolgen" werde. Dieser betrage jedoch weniger als 110 Euro pro Quadratmeter, da die Fläche kein fertiges und voll erschlossenes Bauland darstelle. Hervorgehoben wird vom Finanzminister, dass dem Vorhaben im Hinblick auf die damit verbundenen Arbeitsplatz- und Wertschöpfungseffekte "aus landespolitischer Sicht eine hohe Priorität" zukomme. Der Standort bei Rheinstetten sei nach einem mehrmonatigen Standortsuchverfahren als "grundsätzlich geeignet" übrig geblieben. Diese Antwort lässt nach Ansicht der beiden grünen Abgeordneten viele Fragen offen. "Offenbar verlässt sich die Landesregierung voll auf die Aussagen des Unternehmens und ignoriert ihre eigenen landespolitischen Ziele sowie die ökologische Unvereinbarkeit dieser gigantischen Flächeninanspruchnahme".
Endstation Rheinstetten? Die geplante Fleischfabrik ist umstritten (Foto: ka-news) |
Als besonders widersprüchlich bezeichnen die beiden Abgeordneten den Argumentationsstrang von Minister Hauk, der im Bezug auf die geplante Überbauung landwirtschaftlicher Fläche betont, dass es ein zentrales Anliegen der Landesregierung sei, mit dem Erhalt landwirtschaftlich genutzter und nutzbarer Flächen die Bevölkerung verbrauchsnah mit Nahrungsmitteln zu versorgen. "Dieses Ziel", so Hauk weiter, "würde durch die Ansiedlung des Fleischwerkes der Firma Edeka nicht in Frage gestellt, sondern unterstützt". "Das", so Splett und Rastätter, "sehen wir ganz anders. Man kann nicht das Loblied auf die Landwirtschaft singen und hehre Ziele zur Reduktion des Flächenverbrauchs formulieren, und dann 19 Hektar landeseigene landwirtschaftliche Fläche verkaufen und zum Gewerbegebiet umfunktionieren." Die beiden Abgeordneten wollen sich deshalb weiterhin gegen die Ansiedlung des Fleischwerks engagieren.
Unabhängige Gutachten gefordert
Der SPD-Landtagsabgeordnete Stober und die CDU begrüßen dagegen die Fabrik, zeigen aber Verständnis für den aktuellen Widerstand. Die Ängste und Nöte der Bevölkerung dürften nicht unberücksichtigt bleiben. Es müssten unabhängige Gutachten erstellt werden, die das Vorhaben auf die Verträglichkeit für Anwohner und Umwelt untersuchen, verkündet die CDU. Kreisvorsitzender Ingo Wellenreuther erklärt dazu: "Sowohl das Land Baden-Württemberg als auch die Firma Edeka sind beweispflichtig dafür, dass von der geplanten Fleischfabrik keine für die Bevölkerung unzumutbaren Verkehrs-, Lärm- und Geruchsbelästigungen ausgehen und dass das Abwasser nicht zu unverhältnismäßigen Belastungen führt."