"Die Siedler von KA" kämpfen darum, dass die Fabrik nicht wie vorgesehen in dem Naherholungs- und Wasserschutzgebiet im Karlsruher Südwesten gebaut wird. Am vergangenen Freitag endete die Offenlage des vorläufigen vorhabenbezogenen Bebauungsplans in Rheinstetten, womit die aus Sicht der Organisation "völlig überstürzt ausgeführte" Planung in die nächste Phase eintritt. "Wir würden uns mehr Transparenz und Information in der Sache wünschen", erklärt Pressesprecherin Kordula Manegold.
Luftballonaktion verdeutlicht Dimensionen des Bauvorhabens
Die Interessengemeinschaft beklagt, dass Politiker immer wiederholen, dass durch die Fleischfabrik Arbeitsplätze entstünden und sehr viel Gewerbesteuer anfalle, was aber beides nicht der Fall sei. Durch die Schließung von anderen Fleischwerken würden die Arbeitsplätze lediglich innerhalb Baden-Württembergs verlagert. Die Gewerbesteuer werde in den ersten Jahren wegen der Investitionen nicht fließen und solle mittelfristig ohnehin abgeschafft werden. Die Grundsteuer belaufe sich auf einen niedrigen sechsstelligen Betrag. Dem gegenüber stünden massive Investitionen, die die Gemeinde Rheinstetten voraussichtlich in den Ausbau des Straßennetzes und den Lärmschutz am Silberstreifen investieren müsse. Durch die Fleischfabrik werde es eine hohe Zunahme des Verkehrs geben und 100.000 Quadratmeter Ackerfläche würden versiegelt. Der Radweg durch das Erholungsgebiet Richtung Epplesee führe dann direkt am Werksgelände entlang.
"Die Siedler von KA" werden am morgigen 1. Mai um 10 Uhr eine Luftballonaktion entlang des Kutschenwegs veranstalten, um auf die Dimensionen des Bauvorhabens hinzuweisen. Ihnen zufolge wird das Hauptgebäude der Fleischfabrik 346 Meter lang und bis zu 30 Meter hoch. Zum Vergleich: Die Höhe der nahe gelegenen Messe Karlsruhe beträgt 18 Meter. "Die Siedler von KA" unterstreichen, dass sie nicht gegen das Fleischwerk, sondern nur gegen die Flächenzerstörung sind. Gleichzeitig wolle man im Zuge der Luftballonaktion Spenden und Unterschriften für weitere Aktionen sammeln, damit das Naherholungsgebiet im Karlsruher Südwesten erhalten bleibt.
Standort "rechtlich bedenklich"
Das Gebiet von der Fabrik freihalten wollen auch die Aktiven der Bürger für Karlsruhe (BüKA). Mit Sorge betrachten sie die Veränderungen, die die geplante Fleischfabrik mit sich bringen soll. Vielen Anwohnern sei noch nicht bewusst, welche einschneidenden Veränderungen dieser Gebäudekomplex für sie bedeute. Neben klimatischen Veränderungen sei mit Geruchs- und Lärmbelästigung zu rechnen. Es müsse von einem täglichen Lkw-Verkehr von mehreren hundert Fahrzeugen gerechnet werden.
Die Aktiven der BüKA halten die Planung des Fleischwerks in einem offiziell als Erholungs- und Wasserschutzgebiet ausgewiesenen Gelände als rechtlich bedenklich und fordern die Verantwortlichen der Gemeinden Karlsruhe und Rheinstetten auf, den betroffenen Anwohnern erschöpfende Auskunft zu gewähren und gegebenenfalls über einen anderen Standort nachzudenken.
Karlsruher Messe: Wandern Veranstaltungen ab?
Auch die Grünen sehen das Naherholungsgebiet durch das riesige Gebäude mit Werksgelände dauerhaft und massiv beeinträchtigt. Die Auswirkungen der Bebauung auf das Karlsruher Stadtklima schätzen sie als äußerst problematisch ein. "Auf keinen Fall dürfen die Sünden der Vergangenheit wiederholt werden. Kaltluftentstehungsgebiete und Frischluftschneisen müssen in der Umgebung Karlsruhes für eine Bebauung tabu sein", so die Vorsitzende der Grünen Gemeinderatsfraktion, Bettina Lisbach. Auch zeige die Diskussion um zunehmende Lebensmittelknappheit, dass die dauerhafte Sicherung landwirtschaftlicher Fläche immer wichtiger werde.
Weiterhin sehen die Grünen erhebliche Probleme für die Karlsruher Messe. Es müsse befürchtet werden, dass Veranstaltungen wie "Art Karlsruhe" oder "Ambiente" abwandern, wenn in unmittelbarer Nachbarschaft eine Fleischfabrik mit unvermeidlichen Geruchsemmissionen und enormem Lieferverkehr den Betrieb aufnehme.
Schreiben an Landwirtschaftsminister Hauk
Die von der Planung betroffenen Flächen gehören dem Land und wurden bisher von der Landesanstalt für Pflanzenbau genutzt, die inzwischen zum Landwirtschaftlichen Technologiezentrum Augustenberg gehört. Die beiden Grünen Landtagsabgeordneten Gisela Splett und Renate Rastätter haben sich deshalb mit einem Schreiben an Landwirtschaftsminister Peter Hauk gewandt und ihn aufgefordert, den Verkauf der landeseigenen Flächen für das geplante Fleischwerk abzulehnen.
Den Tieren dürfte der Streit egal sein (Foto: ka-news) |
"Es ist unglaubwürdig, wenn die Landesregierung sich immer wieder für eine Reduzierung des Flächenverbrauchs ausspricht, Ministerpräsident Günther Oettinger das Ziel des Netto-Null-Verbrauchs setzt, und das Land dann bei der erstbesten Gelegenheit die von ihm bisher landwirtschaftlich genutzten Flächen verkauft und damit eine großflächige Bodenversiegelung ermöglicht", betont Splett.
"Erholungsmöglichkeit wird nicht zerstört"
Clemens Hauk, Bürgermeister von Rheinstetten, hält die Befürchtungen für "heftig übertrieben". "Da werden Ängste geweckt", erklärt er auf Anfrage von ka-news. Die Fabrik würde keine Geruchsbelästigung mit sich bringen und ein zusätzliches Verkehrsaufkommen sei nun einmal die logische Folge von Gewerbeansiedlungen. Der Verkehr halte sich aber wohl im Rahmen, bei Problemen werde man natürlich Lösungen finden. Die Versiegelung des Bodens solle ausgeglichen werden. "Die Erholungsmöglichkeit wird nicht zerstört", sagt Hauk.