Ein spezieller Code verrät: diese Coca-Cola kommt aus Karlsruhe. LKA32421129 steht auf dem Etikett der Coca-Cola-Flasche, die der Mann mit dem roten Overall in der Hand hält. Es ist Bernhard Böse, Betriebsleiter am Coca-Cola-Standort in Karlsruhe.
LKA32421129: Der Coca-Cola-Code
"Diese Flasche wurde am 30. August um 11.29 Uhr hier in Karlsruhe abgefüllt", entschlüsselt Böse den Etiketten-Aufdruck (LKA32421129 steht für L= Los, KA= Standort Karlsruhe, 3 = 2013, 242: 242. Tag - also der 30. August, 1129: abgefüllt um 11.29 Uhr). Auf dem Förderband rauschen an Böse die frisch gefüllten Coca-Cola-Flaschen vorbei. Der Weltkonzern füllt schon seit über 75 Jahren im Badischen ab. "Karlsruhe war einer der ersten deutschen Standorte von Coca-Cola", weiß der Standortleiter.
"1936 wurde in einem Garagenbetrieb zum ersten Mal Coca-Cola in Karlsruhe hergestellt", erklärt er. 9.000 Kisten pro Jahr wurden dort damals produziert. Heute ist Karlsruhe der Hauptsitz der Coca-Cola Erfrischungsgetränke AG (CCEAG) in Baden-Württemberg. Insgesamt gibt es im Land sieben Standorte, davon drei Produktionsstandorte. In zwei davon wird Coca-Cola produziert und abgefüllt - so auch in Karlsruhe. Seit 1981 wird der Softdrink im Gewerbegebiet Im kleinen Bruch hergestellt - fünf bis sechs Millionen Kisten im Jahr, die dann von den 25 Lkw, der "roten Flotte", in einen Umkreis von rund 50 Kilometer gebracht und dort verkauft werden.
"Coca-Cola schmeckt weltweit identisch"
Erfunden wurde das Getränk ursprünglich vom Apotheker John S. Pemberton 1886 in Atlanta (USA). Eigentlich als Medizin gegen Kopfschmerzen, Durchfall und Müdigkeit entwickelt, wurde das selbstgebraute Aufputschmittel schließlich zum Welterfolg. Der Konzern verkauft mittlerweile 230 Getränkemarken in etwa 200 Ländern. "Wenn Sie in der Wüste kurz vor dem Verdursten sind, werden Sie eine Dose Coca-Cola finden", so Böse scherzhaft über den Bekanntheitsgrad des koffeinhaltigen Getränks. Coca-Cola gilt tatsächlich als die bekannteste Marke der Welt. Laut der Beratungsfirma Interbrand gehört Coca-Cola zudem zu den weltweit wertvollsten Marken. Auf 77,8 Milliarden Dollar beziffert Interbrand den Markenwert, knapp dahinter Apple mit 76,6 Milliarden Dollar.
London, Delhi, Rio, Karlsruhe. "Wir haben den Anspruch, dass Coca-Cola überall auf der Welt gleich schmeckt", so Böse. Daher würden die identischen Konzentrate auf der ganzen Welt verarbeitet - damit die Zusammensetzung immer stimme. Was genau drin ist, weiß auch der Betriebsleiter nicht. Das Konzentrat wird fertig angeliefert. Der Konzern hütet sein Rezept wie ein Staatsgeheimnis. "Es gibt ja den Mythos, dass nur drei Menschen auf der Welt den Schlüssel für den Tresor mit dem Originalrezept haben", orakelt Böse. Das geheime Konzentrat, Zucker und Wasser - das ist jedenfalls die Basis für die bekannteste Brause der Welt.
Weltgetränk mit Wasser aus Karlsruhe
Das Wasser kommt in Karlsruhe aus einem eigenen Brunnen auf dem Gelände. Aus 89 Meter Tiefe wird das Wasser gepumpt. "Wir zapfen es auf dem Weg vom Schwarzwald zum Rhein ab", so Böse. Das "Schwarzwaldwasser", wie Böse es nennt, sei "qualitativ sehr gut" und werde ständig auch von städtischen Behörden kontrolliert. Das Wasser werde an allen Produktionsstandorten aufbereitet, denn es brauche einen bestimmten Härtegrad, damit der typische Coca-Cola-Geschmack nicht verfälscht werde.
In großen Mixern (ein Tank fasst bis zu 18.000 Liter) wird das angelieferte Konzentrat mit dem aufbereiteten Wasser und Zucker - sehr viel Zucker - vermischt. In einem Liter Coca-Cola finden sich 106 Gramm davon. Das entspricht etwa 35 Würfelzucker-Stücken. Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt höchstens 60 Gramm Zucker täglich. Das Gebräu wird schließlich mit Kohlensäure versetzt - fertig ist die Coca-Cola. Doch bevor die braune Brause in die Flaschen gefüllt werden kann, müssen die Mehrwegflaschen gereinigt und durchgecheckt werden.
Abgefüllt: 25.000 Flaschen pro Stunde
In einer Sortieranlage fliegt alles raus, was keine Flasche von Coca-Cola ist. Im sogenannten "Sniffer", dem Schnüffler, müssen sich die Flaschen dann einem Schnüffeltest unterziehen. Hierbei wird gecheckt, ob in den Pfandflaschen wirklich nur Lebensmittel waren. "Manche missbrauchen die Flaschen auch als Benzin-Kanister oder Aschenbecher, diese Flaschen werden dann sofort aussortiert", erläutert Böse.
Dann geht's auf dem Fließband in die Waschstraße. Die Flaschen werden in dieser Waschmaschine - die größte Maschine in der Werkshalle - rund 30 Minuten mehrmals gereinigt. Danach rattern die gesäuberten Flasche weiter zur "Inspektion". In einer speziellen Maschine werden sie gründlich von Lasern durchleuchtet. Hier wird "kontrolliert, ob sie physikalisch einwandfrei sind", so Böse. Also geschaut, ob an der Flasche keine Risse oder andere Schäden vorhanden sind. Bis zu 14 Mal kann eine einzige Pfandflasche in ihrem Leben wieder befüllt werden.
45 Minuten: vom Leergut bis zur neuen Coca-Cola-Flasche
Weiter geht's zum "Herzstück" der Produktion, wie der Betriebsleiter erklärt. Die Abfüllmaschine schafft bis zu 25.000 1-Liter-Flaschen in der Stunde. 126 Flaschen werden gleichzeitig befüllt. Die Abfüllgeschwindigkeit ist peinlichst genau eingestellt, "nicht zu schnell, sonst schäumt die Flasche über". Dann Deckel drauf und weiter zur Etikettier-Maschine. Nachdem das Etikett aufgeklebt und der regionale Code eingebrannt ist, werden die Flaschen in Kisten verpackt. Im Lager warten sie dann darauf, dass sie im Supermarktregal oder beispielsweise in einem Karlsruher Kühlschrank landen. Der Produktionsweg von einer leeren Pfandflasche bis zu einer frisch gefüllte Coca-Cola-Flasche dauert etwa 45 Minuten.
Insgesamt 230 Menschen arbeiten am Standort Karlsruhe, der sich auf rund 54.000 Quadratmeter erstreckt, in Logistik, Vertrieb und Verwaltung. 50 Personen sind in der Produktion tätig. In drei Schichten pro Tag wird von Sonntag 0 Uhr bis Freitag 18 Uhr rund um die Uhr gearbeitet. 10.000 Kisten pro Schicht werden produziert.
Seit Dezember 2012 keine Glasflaschen-Produktion
Bis zum 31. Dezember 2012 wurden in Karlsruhe auch die 0,5-Liter und 0,33-Liter-Glasflaschen, die sogenannten "Konturflaschen", abgefüllt. Seit Januar 2013 sind es nur noch die 1-Liter-Plastik-Pfandfaschen. "Das hatte wirtschaftliche Gründe", so Böse. In Karlsruhe wird nämlich nur eine Produktionslinie gefahren. Das heißt, es kann immer nur ein Produkt beziehungsweise eine Flaschengröße hergestellt werden. Neben Coca-Cola (zwei Drittel der Produktion) wird in Neureut auch Coca-Cola-Light, Zero, Fanta, Sprite und Mezzo Mix abgefüllt.
Während es auf andere Produkte umzustellen nur eine halbe Stunde braucht, dauert der Umbau der Maschinen für andere Flaschengrößen rund zwei Stunden. Zwei Stunden, in denen die Produktion still steht. "Das ist unproduktiv", so Böse. Er finde es aber dennoch schade, dass die "Traditionsflasche" aus Glas in Karlsruhe nicht mehr befüllt werde. Die "schnuckelige" Glasflasche habe er persönlich nämlich am liebsten.
Schmeckt Coca-Cola aus Glasflaschen besser?
Schmeckt die Coca-Cola aus der Glasflasche eigentlich besser? "Nein, da ist überall das gleiche drin. Das weiß ich eindeutig", so Böse. Aber er höre das häufiger von Kunden. Er glaubt, das liege am "subjektiven Trinkempfinden." Denn auch bei gleicher Temperatur des Inhalts, fühle sich das Glas viel kälter an als das Plastik. "Wenn man das kalte Glas anfasst und an die Lippen nimmt, suggeriert das sofort Kühle und Erfrischung. Daher denken vielleicht viele Kunden, dass Coca-Cola aus dem Glas besser schmeckt", vermutet er.
Jedenfalls sei die 1-Liter-Flaschen-Produktion für den Standort viel wirtschaftlicher. "Es geht um Gewinne, Erträge und Wirtschaftlichkeit", so Böse. "Da müssen wir uns dem Markt anpassen, die Kunden wollen eben nicht mehr die schweren Glasflaschen schleppen." Und wenn doch mal wieder die Nachfrage nach der traditionellen Glasflasche steigen sollte, könne die Produktion jederzeit wieder umgestellt werden.
Siehe auch:
Arbeitgeber: Tarifeinigung bei Coca-Cola
Coca-Cola in Karlsruhe: Streik legt Produktion lahm
