Hans Joachim Bendlin ist mehr als nur enttäuscht. Selbst jahrelang als Mitarbeiter in einem Rechenzentrum der Volks- und Raiffeisenbanken beschäftigt und treuer Kunde und Mitglied der Genossenschaftsbank, investierte er, der nach eigener Aussage bisher immer auf konservative Anlagestrategien gesetzt hatte, Anfang der 90er Jahre auf Anraten der Spar- und Kreditbank Karlsruhe 110.000 DM, etwa 56.000 Euro, in drei geschlossene Fonds, deren damaliger Treuhänder DG Bank heute die DZ Bank ist.
Geschädigte fühlen sich schlecht beraten
Die Steuervorteile konnten die Anleger zwar geltend machen, doch die vorausgesagte Rendite der vermeintlich sicheren Investition blieb aus oder fiel laut Bendlin so gering aus, dass nach Abzug der Bearbeitungsgebühren kaum etwas übrig blieb. Das Schlimmste aber: Das eingesetzte Kapital ist in vielen Fällen faktisch weg. Mindestens zwölf der rund 50 damals angebotenen Fonds gelten heute als insolvenzgefährdet, die Banken sprechen von "Sanierungsbedarf".
Davon las Bendlin erstmals im April letzten Jahres in einem Informationsschreiben seiner Bank - und wurde hellhörig. Drei von ihm initiierte persönliche Gespräche, so erzählt er, habe er seither mit Bankvorständen geführt, auf mangelnde Informationen und schlechte Beratung beim Kauf der Anteile verwiesen und die Rückerstattung seiner Einlage verlangt. Laut Georg Holtermann, Vorstand der Spar- und Kreditbank Karlsruhe, habe die Bank "mit den betroffenen Kunden das Gespräch gesucht und ihnen eine Kulanzregelung angeboten, die den Steuervorteil und das bewusst eingegangene Risiko des Kunden berücksichtigt hat". Fehler bei der Vermittlung meint die Bank nicht begangen zu haben.
Banken boten 20 Prozent Entschädigung
Entsprechend wurde unter Verweis auf das "allgemeine Risiko" bei Immobilienfonds, auf das auch in den Verkaufs-Prospekten hingewiesen wurde, bis heute die Erstattung der Anlagesumme verweigert. In einer allgemeinen Erklärung der Spar- und Kreditbank heißt es: "Bei diesen Beratungen hat die Spar- und Kreditbank eG - wie bei jeder Geldanlage selbstverständlich - sowohl über die Chancen als auch Risiken informiert. (...) Sie sind dabei die mit den Chancen verbundenen Risiken ebenso bewusst eingegangen." Die Bank bedaure die unerwartet negative Entwicklung der Fonds und habe Verständnis für den "Unmut der Anleger, die zwar die Steuervorteile eines geschlossenen Immobilienfonds vereinnahmen konnten, die aber die für die Fondsgesellschaft prognostizierte Ausschüttung nicht von der Fondsgesellschaft erhalten haben".
Das Kulanz-Angebot der Bank halten viele Geschädifgte nicht für angemessen (Foto: ka-news) |
Um eine Lösung sei man dennoch bemüht, wie Holtermann gegenüber ka-news erklärt: "Die Anleger haben nach einer Berechnung der DZ Bank über die Steuervorteile, je nach Fonds waren das über 100 Prozent Verlustzuweisungen, bis zu 75 Prozent ihres Kapitals wieder zurückerhalten. Darüber hinaus hat die Spar- und Kreditbank ihren Kunden angeboten, die Fondsanteile für einen Anteil von 20 Prozent zu übernehmen." Dies bestätigt auch Bendlin, der aber meint: "Ob dies als angemessen zu sehen ist, bleibt dahingestellt." Er widerspricht zudem der Darstellung, das Finanzprodukt sei in erster Linie als Steuersparmodell an wohlhabende Kunden angeboten worden: "Das Gegenteil trifft zu, die Anlagen wurden vorsorgewilligen Kunden als sichere Anlage angeboten; mit langfristigen Sicherheiten wurden die Kunden geködert."
Anleger vermuten Misswirtschaft
Ohnehin wollen die Geschädigten das Diktum vom "allgemeinen Risiko" so nicht gelten lassen. Das Branchen-Portal "Kapital-Markt intern" kommt bei der Auswertung des Prospekts zur DG-Anlage 24 zu dem Fazit: "Der Prospekt enthält nicht sämtliche Informationen, die für eine umfassende wirtschaftliche Beurteilung - und somit für eine Kapitalanlageentscheidung - erforderlich sind. Außerdem werden uns Anleger durch den gewählten Veräußerungsfaktor zu sehr reichgerechnet." Die Bank ihrerseits betont, dass der Prospekt, wie erste Gerichtsurteile bestätigten, alle rechtlichen Anforderungen erfülle: "Die DG Anlage Gesellschaft mbH als Initiatorin und Prospektherausgeberin ist bisher in keinem der Klageverfahren unter dem Gesichtspunkt der Prospekthaftung verurteilt worden."
Auch mit der Erklärung der Banken, die nicht abzuschätzende Negativ-Entwicklung des Immobilienmarktes, fallende Mieten und Pachterträge seien für die Misere verantwortlich, geben sich die Anleger nicht zufrieden. Sie vermuten Misswirtschaft und falsche Managemententscheidungen, zumal selbst Anlageberater und Bankvorstände betroffen sind. "Uns wurde gesagt: sollten die Fonds nicht funktionieren, bekäme der Kunde sein Geld zurück und die Volksbank würde sich an die DG Bank halten", zitierte das "Handelsblatt" im September 2007 einen Anlageberater.
Gesamtschaden liegt bei mindestens 500 Millionen Euro
Die Einschätzung eines Bankvorstands, "dass es bei einigen Immobilen nicht mit rechten Dingen zuging", wie es dort weiter heißt, teilt auch ein Gutachter: "Die wirtschaftliche Tragfähigkeit scheitert grundsätzlich an den zu hohen Fondsnebenkosten", lautet sein Urteil in einer Expertise über Fonds 35. Mieteinnahmen "erheblich über Marktniveau", die "am Markt nicht zu erzielen" seien, wären notwendig gewesen, um die Ausgaben überhaupt decken zu können. Besonders pikant: Laut "Spiegel" investierten auch rund 100 Vorstände der Volksbanken in die Fonds.
Seit März dieses Jahres nun lässt Bendlin sich von einer auf Anlegerschutz spezialisierten Berliner Anwaltskanzlei vertreten, wenngleich er selbst sagt: "Die Chancen, das Geld auf juristischem Wege zurückzubekommen, sind sehr dürftig. Das ist meine Motivation, dagegen öffentlich anzukämpfen, um den Druck auf die Banken zu erhöhen." Denn Bendlin ist kein Einzelfall. Über 20.000 Anleger sind betroffen, der Gesamtverlust soll sich auf mindestens 500 Millionen, möglicherweise 800 Millionen Euro belaufen.
Immenser Vertrauensschaden
Doch die Geschädigten setzen sich zur Wehr, haben den Verein "Geschädigte genossenschaftlicher Immobilienfonds" gegründet. In öffentlichen Protestaktionen, die bundesweit auf Medienecho gestoßen sind - neben den bereits genannten Medien berichteten unter anderem lokale und überregionale Tageszeitungen sowie die Fernsehmagazine "Wiso", "Plusminus" und "Mona Lisa" -, machen sie auf ihre Situation aufmerksam. Ihre Botschaft, so Bendlin: "Die Banken haben ihre Sorgfaltspflicht verletzt."
Inzwischen protestieren sie überall in Deutschland, zuletzt auch in Karlsruhe (ka-news berichtete). Der finanzielle Schaden ist für viele Geschädigte substanziell, während die Banken, verteilt an ein Konglomerat an genossenschaftlichen Unterorganisationen, an üppigen Provisionen, Zinsen und Managementgebühren verdient haben sollen. Dazu die Bank: "Die DZ Bank hat in diesem Zusammenhang in Millionenhöhe auf Gebühren und Kosten verzichtet. Auch die DZ Bank kann niemand für die Marktentwicklung verantwortlich machen."
Während diese Frage strittig bleibt, ist eines sicher: Der Vertrauensschaden bei den geschädigten Anlegern ist immens. Bendlin: "Es wäre mir nie in den Sinn gekommen, dass meine Hausbank unseriöse Produkte anbieten könnte."