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Karlsruhe: Zwei Kaffee bezahlen, einen spenden: Warum die Aktion "Suspended Coffee" in Karlsruhe nicht so gut ankommt

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Zwei Kaffee bezahlen, einen spenden: Warum die Aktion "Suspended Coffee" in Karlsruhe nicht so gut ankommt

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    Gerald Hammer ist Inhaber des Espresso Stazione in der Karlsruher Kreuzstraße.
    Gerald Hammer ist Inhaber des Espresso Stazione in der Karlsruher Kreuzstraße. Foto: Sophia Wagner

    Ob morgens zum wach werden, am Laptop sitzen und arbeiten oder zusammen mit Freunden auf ein Pläuschchen - der Gang zum Lieblingskaffee ist für die meisten Leute ganz selbstverständlich.

    Nicht jeder kann sich einen Kaffee leisten

    Doch nicht alle können sich das leisten. Darauf will die Initiative "Suspended Coffee Germany" aufmerksam machen. Es gibt sie bereits seit dem Jahr 2013, als Aktion des Vereins TiMMi ToHelp e.V. 

    Im Rahmen des Projekts "Spendiert!" haben sie es sich zur Aufgabe gemacht, mit gespendeten Produkten oder Dienstleistungen Menschen zu helfen, die sich gerade in schwierigen Situationen befinden. Auch in Karlsruhe.

    Dies kann viele Gründe haben und der ganz normale Alltag kann sich so schnell zum Hindernis entwickeln. Zu den betroffenen Menschen können zum Beispiel Obdachlose, sozial schwache Personen und Flüchtlinge gehören.

    Ein gratis-Kaffee für einen unbekannten "Freund"

    Das Prinzip ist einfach: Man zahlt zwei Kaffees, trinkt einen selbst und der zweite kann anschließend kostenlos an einen bedürftigen Menschen ausgegeben werden – er wird sozusagen für diesen aufgehoben.

    Geschäftsinhaber können dabei mitmachen und "Spendiert" selbst in ihren Läden einführen. Drei Karlsruher Cafés hatten sich in der Vergangenheit beim "Suspended Coffee"-Projekt angeschlossen: Die Perlbohne in der Blumenstraße (seit diesem Oktober geschlossen), das Meyerbeer Coffee in der Thalia-Buchhandlung auf der Kaiserstraße, welches vor einiger Zeit von der Kette KaffeeFleck abgelöst wurde und das Espresso Stazione in der Kreuzstraße.

    Angebot kam gut an, Nachfrage leider viel zu niedrig

    Mittlerweile gibt es die Aktion in keinem der Cafés mehr. Das sei zwar schade, habe aber einen ganz bestimmten Grund, so Gerald Hammer, Inhaber des Espresso Stazione im Gespräch mit ka-news.de

    . "Die Nachfrage ist schlicht und einfach nicht da. Bedürftige Menschen wissen entweder nicht einmal, dass es diese Möglichkeit gibt, oder sie trauen sich erst gar nicht in den Laden."

    Das Café KaffeeFleck befindet sich im 1. Obergeschoss der Thalia-Buchhandlung auf der Kaiserstraße.
    Das Café KaffeeFleck befindet sich im 1. Obergeschoss der Thalia-Buchhandlung auf der Kaiserstraße. Foto: Sophia Wagner

    Dieser Situation stimmt auch Massimo Lehmkühler, Caféleiter des KaffeeFleck in der Thalia, zu. "Das wurde so gut wie gar nicht wahrgenommen. Es gab in der Vergangenheit schon einige Leute, die mal einen Kaffee gespendet haben, aber abgeholt wurde vielleicht zweimal."

    Mit ihrer Lage im ersten Obergeschoss seien sie jedoch auch nicht die beste Anlaufstelle für bedürftige Menschen, findet Lehmkühler. "Da müssten eher die Cafés direkt auf der Straße mitmachen und auch sichtbarer und gezielter dafür werben." 

    Die Kaffeekultur ist nicht dieselbe

    Eigentlich kommt die Idee des Suspended Coffee aus dem Süden Italiens (s. Infobox). Doch auch in Neapel habe sich die Situation laut Gerald Hammer mittlerweile geändert. "Das ist dort auch nicht mehr so üblich wie früher."

    Cascara ist ein spritziger Koffein-Kick. Er wird aus dem Fruchtfleisch der Kaffeekirsche aufgegossen.
    Cascara ist ein spritziger Koffein-Kick. Er wird aus dem Fruchtfleisch der Kaffeekirsche aufgegossen. Foto: Britta Schmeis/dpa-tmn

    Hammer spricht auch an, dass die Kaffeekultur in Deutschland noch einmal eine ganz andere ist als in Italien. "In Italien steht Kaffee für Zusammenkommen und hat den sozialen Aspekt, sich einander etwas abzugeben. Hier in Deutschland wird das nicht so angenommen. Da steht eher der Hype um den Kaffee selbst im Vordergrund."

    Aktion in Karlsruher (erstmal) ausgestorben

    Das Espresso Stazione hat sich daher dafür entschieden, die Aktion auf Eis zu legen. Im KaffeeFleck habe man das Projekt für die Zukunft zwar im Hinterkopf, jedoch erst einmal nicht im Fokus. "Manche Dinge müssen auch erst einmal ins Rollen kommen", meint Lehmkühler.

    Innenstadt Karlsruhe: Cafe
    Innenstadt Karlsruhe: Cafe Foto: Paul Needham

    So sei es auch mit dem reCup-System gewesen, bei dem Einweg-Kaffee-To-Go durch recyclebare Mehrwegbecher ersetzt wurden. Mittlerweile beteiligen sich viele Karlsruher Cafés daran, auch das KaffeeFleck. 

    Auch die ReCups sieht Massimo Lehmkühler als Barriere für das Suspended Coffee-Prinzip: "Ein Mehrwegsystem mit Pfand macht es nicht gerade leichter für bedürftige Leute, sich anonym und ohne großen Aufwand so einen aufgeschobenen Kaffee abzuholen." Die ganzen gespendeten, aber nicht abgeholten Kaffees hatte der Laden übrigens  in Form von Kaffeepulver an die Tafel weitergegeben.

    (Symbolbild)
    (Symbolbild) Foto: Andrea Warnecke

    Auch wenn die Aktion in Karlsruhe leider nicht so viel Anklang gefunden hat, ist eines sicher: "Es reicht schon eine kleine gute Geste oder Aufmerksamkeit, um andere glücklich zu machen. Doch für manche kann es auch eine massive Hilfe sein", so Saskia von Suspended Coffee Germany. 

    "An der konkreten Lebenssituation ändert das vielleicht für den Moment nichts. Aber jedes Mal holt man jemanden von draußen ins Warme, ein Stück zurück in unsere Gesellschaft."

    Caffè sospeso: Eine italienische Tradition

    Der Begriff "Suspended Coffee" (auf Deutsch so viel wie: "aufgeschobener Kaffee" geht auf einen alten Brauch aus Neapel zurück. In der süditalienischen Stadt bezahlte man als Gast nicht nur seinen Espresso, sondern gleich auch einen zweiten für jemanden, der sich keinen leisten kann, mit.

    Wenn dann jemand hereinkam und nach einem „Caffè sospeso“ fragte, bereitete der Barista ihn kostenlos für ihn zu. Bei der Entstehung scheiden sich die Geister: Die einen meinen, er stamme von den Adeligen, die anderen sagen, die Sache hätte im Zweiten Weltkrieg begonnen, als es großen Teilen der Bevölkerung schlecht ging. )

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