Wenn die Temperaturen bald wieder steigen, dann werden sie auch wieder vermehrt auftauchen: Die Bienen. Doch die Zahl nimmt seit Jahren ab. Während den Veterinären der Stadt Karlsruhe derzeit keinerlei Anhäufung von Verlusten bei den von Imkern gehaltenen Honigbienen bekannt ist, zeigt sich laut Marc La Fontaine, Imker und Bienenexperte, eine eindeutige Entwicklung, wenn es um wildlebende Bienen geht.
"Jahr für Jahr werden es weniger Insekten", so La Fontaine. Auch das Landratsamt verzeichnete unlängst ein plötzliches Verschwinden mehrerer Bienenvölker binnen weniger Tage. Ein wichtiger Faktor für den Rückgang von Wildbienenbeständen sei gerade im städtischen Gebiet der Flächenverlust durch Bebauung und Versiegelung.
Unter den Folgen des Bienensterbens leiden besonders in Baden-Württemberg auch die Obstbauern: So werden mittlerweile nur noch maximal die Hälfte der Obstbäume wildbestäubt. Das Online-Netzwerk www.beesharing.eu, auf dem Imker bereits rund 5.800 Bienenvölker zur Bestäubung anbieten, hilft den Obstbauern daher durch gezielte Bestäubung den Ertrag wieder zu steigern.
Bienenschutz beginnt beim Einzelnen
Aber was kann jeder Einzelne tun, um zum Erhalt der Bienen beizutragen? Bienenfreundliche Pflanzungen in Vorgärten, Hausgärten, in Kästen und Kübeln können schon im Kleinen helfen, die Lebenssituation der blütenbesuchenden Insekten zu verbessern. Infrage kommen beispielsweise Mädchenauge, Kokardenblume, Sonnenhut und Zinnien. In Kombination mit Balkongemüse und Gewürzkräutern dienen bunt zusammengestellte Balkonkästen und Kübel als Bienenweide. Auch das städtische Gartenbauamt besinnt sich bei Neubepflanzungen immer mehr auf den Insektenschutz: Etwa am neuen Kreisverkehr in der Fiduciastraße, dort wurde eine bienenfreundliche Bepflanzung gewählt.
Außerdem unterstützt die Stadt Hobbyimker, die beispielsweise auf den Friedhöfen ihre Völker aufstellen können. In einer abgelegenen Ecke des Hauptfriedhofs, nahe des Krematoriums, hat zum Beispiel eine Hobbyimkerin seit Jahren Bienenstöcke stehen. Denn der Hauptfriedhof zeichnet sich durch eine besonders hohe Artenvielfalt aus. Unter anderem stehen dort immerhin rund 3.500 Bäume unterschiedlicher Sorten.
Klotzbeuten für Wildbienen
In Grötzingen sind im vergangenen Jahr mit Unterstützung der Ortsverwaltung so genannte Klotzbeuten aufgestellt worden. Diese speziell ausgehöhlten Baumstämme bieten eine neue Heimat für Bestäuber, deren natürlicher Wohnraum immer seltener wird. Gleichzeitig verteilte die Ortsverwaltung kostenlos bienenfreundliche Pflanzen und wollte mit dieser Aktion darauf aufmerksam machen, dass insektenfreundliche Bepflanzungen in Privatgärten besser sind für eine vielfältige Natur als reine Steingärten.
Aber es gibt auch Menschen, die mehr tun, als nur ihren Garten oder Balkon bienenfreundlich zu bepflanzen. Sportvereine wie der PSV oder der PSK bieten auf ihren weitläufigen, grünreichen Anlagen Bienenvölkern ein neues Heim. Attila Horvat, aus dem Vorstand des PSV berichtet: "Wir haben über Marc La Fontaine seit 2016 einen `gemieteten` Bienenstock auf dem PSV-Areal. Beim PSV setzen wir jedes Jahr ein ökologisches Projekt um - wir haben schon Bäume gepflanzt, Wildblumenwiesen gesäht, Flächen aus dem Mähplan herausgenommen, damit die Natur sich dort wieder wild ausbreiten kann oder auch Kräutergärten angelegt. So haben wir das Bienenvolk auf dem Gelände platziert, um dem Bienensterben entgegen zu wirken und Sportnutzung mit Naturbedarf auf unserem großen Areal besser ins Gleichgewicht zu bringen."
Naschbeete für Bienen
Auch die Vertreter des Projektes "Beete und Bienen", das unter anderem in Grötzingen und der Karlsruher Oststadt aktiv ist, sind aktiv für den Insektenschutz. Das Projekt hat sich der Biene angenommen und so sind in der Oststadt so genannte "Naschbeete" für Bienen entstanden.
Der Grötzinger Rainer Romer unterstützt das Projekt "Beete und Bienen", außerdem betreut er die Grötzinger Klotzbeute an der Pfinz. Er ist Hobbyimker aus Überzeugung und Leidenschaft: "Bienen in meinem eigenen Lebensumfeld einen Ort zu leben zu bieten, ist ein Gedanke, der mich schon viele Jahre umtreibt. Den Ausschlag hat dann eigentlich der Film `More than Honey` gegeben, der 2012 in der Schauburg gezeigt wurde", erklärt er. "Es gibt für mich keine Freizeitbeschäftigung, die mich eindrücklicher vom Berufsalltag als Elektroingenieur in eine völlig andere Welt eintauchen lässt, wie das Halten der Bienen".
Auf die Frage, was jeder Einzelne gegen das Bienensterben tun kann, sagt er: "Jeder, der selbst keine Bienen halten möchte, kann unendlich viele Aktivitäten starten gegen das Insektensterben, das in erster Linie Wildbienen betrifft. Jeder kann in seinem Garten die Rasenfläche zur ganzjährigen Blühwiese machen, Blühhecken wie Bauernjasmin anpflanzen, seinen Balkon mit Salatkräutern, Minze oder Salbei verschönern, oder zusammen mit den Fächergärtnern öffentliche Grünflächen mit Blühpflanzen begärtnern. Wildbienen finden dann Unterschlupf, wenn man zusätzliche Nisthilfen wie Totholz oder passende Insektenhotels im Garten aufstellt."
Wer hingegen Imker werden möchte, der solle sich am besten in einem Verein für den nächsten Kurs anmelden. "Imkern ohne Verein ist wie Hochseefischen ohne Rettungsweste", meint Romer.
Über sein Engagement für die Grötzinger Klotzbeuten sagt er: "Eine Klotzbeute im öffentlichen Raum ist für mich ein politisches Statement. Jedes Mal treffe ich dort Menschen an, die sehr bald die Frage stellen: Was kann ich tun. Wer in anderen Bereichen nachhaltige Aktionen machen möchte, fragt beim NABU oder BUND nach, es gibt dort vielfältigste Naturprojekte in Hülle und Fülle, nicht nur für Bienen, sondern auch für sehr vielen anderen Tieren und Pflanzen".
Pro Bürger, pro Jahr eine nachhaltige Aktion
Wer, wie er, schon Imker sei, mache sich früher oder später auch darüber Gedanken, eine Klotzbeute zu besiedeln, weil die Bienen da drin einfach naturnaher wohnen als in einer Magazinbeute. "Bienen in der Klotzbeute sind deutlich schwerer zu betreuen als in einer Holzkiste, das erfordert Erfahrung, und man kann keinen Honig ernten" meint die Bienen- und Insektenfreund. Gleichzeitig appelliert er an die Politik: "Karlsruhe muss dringend die Anzahl der Bäume im öffentlichen Bereich verdoppeln. Ich fordere die Stadtpolitik Karlsruhe zu einem Pilotprojekt auf, das gleichzeitig eine bundesweite Signalwirkung ausüben könnte: `1x1x1` - das bedeutet: pro Bürger in Karlsruhe – pro Jahr – eine nachhaltige Aktion."