Durand wirkt entspannt, durchaus humorvoll, wenn man mit ihm spricht. Fahrerkollegen winken ihm - bei einer Begegnung auf der Straße - freundschaftlich verbunden zu. Da ist auch immer Platz für einen kleinen Scherz. Der VBK-Mitarbeiter, der im Oktober seit 21 Jahren bei den Verkehrsbetrieben arbeitet, hat einen in Karlsruhe exotisch klingenden Namen: sein Vater war Franzose. Doch Durand fühlt sich als Ur-Badener durch und durch: und verkämpft sich für seine badischen Kollegen.
Auch in seinem Urlaub: gerade eben hat er eine mehrwöchige "Auszeit" hinter sich, feierte zuletzt über 70 Tage Resturlaub ab. Doch "Abschalten" geht für ihn nicht so einfach: "Ich ärgere mich auch im Urlaub, immer wieder", sagt er. Im September leitete er sogar - eigentlich im Urlaub - eine Betriebsratssitzung. Der Unmut sitzt tief.
"Extreme haben sich reduziert": Behandlung der Fahrer "immer noch ziemlich rau"
Vergangenes Jahr hatten sich mehrere Fahrer - teilweise anonym - an die Redaktion von ka-news gewandt: "In Sorge um das über viele Jahre hin gewachsene Renommee der Verkehrsbetriebe". Im Sommer vergangenen Jahres kam es immer wieder zu Ausfällen bei Linienfahrten. Offenbar aufgrund Fahrermangels: der Druck auf die Fahrer durch innerstädtische Baustellen - und auch nach zwei tragischen Straßenbahnunfällen - war zuletzt immens groß geworden.
"Die Extreme haben sich etwas reduziert", räumt Durand jetzt ein. Durch die Einschaltung von Aufsichtsratschefin Margret Mergen, auch durch die Berichterstattung sei etwas Druck raus genommen worden: "Wir haben derzeit nicht mehr so viele Ermahnungen und Abmahnungen von Fahrern", sagt er.
Im Sommer 2010 ließ Durand in einem Brief an die VBK-Geschäftsleitung wissen, "die Fahrer seien die letzten Deppen". Von diesem Satz will er auch ein Jahr später nicht abrücken. Zwar sei "die Behandlung der Leute, die Fehler machen, etwas pfleglicher geworden". Doch gehe man nach wie vor "immer noch ziemlich rau" mit den Fahrern um. Durand sieht da mangelndes Fingerspitzengefühl: "Menschlichkeit ist nicht gefragt, Probleme sollen immer nur juristisch geklärt werden", äußert er sein Bedauern. Mehrfach kam es in jüngster Zeit auch zu Arbeitsgerichtsprozessen: offenbar ohne Aussicht auf Vergleichsvorschläge. Der Druck, der auf den Fahrern laste, sei nach wie vor enorm: "Vergangenes Jahr haben drei Baustellen ineinander eingegriffen. Teilweise kamen täglich neue Umleitungen dazu, die Fahrer konnten sich so kurzfristig gar nicht richtig darauf einstellen. Deswegen gab es auch immer wieder Falschfahrten. Das war und ist einfach zuviel", meint Durand. Er sieht auch künftig "sich häufende Baustellen".
"Arbeitgeber kürzen allgemein die Leistungen gegenüber ihren Arbeitnehmern"
Ein funktionierendes "Miteinander" der Fahrer gebe es ohnedies schon einige Zeit nicht mehr. Die Bereitschaft zu Überstunden sei "nach wie vor gering". Durand wird ganz direkt: "Das muss sich die Geschäftsleitung selbst zuschreiben". Er sieht auch nach wie vor Personalmangel. Bezogen auf den aktuellen Streik der Gewerkschaft "verdi" wird der Betriebsratsvorsitzende grundsätzlich: die Arbeitgeber würden allgemein die Leistungen gegenüber ihren Arbeitnehmern "immer weiter kürzen". Seine Befürchtung: "In zehn Jahren muss man Geld mitbringen, um arbeiten zu dürfen".
Durands konkretes Verhältnis - und das Verhältnis des amtierenden Betriebsrats - zur VBK-Geschäftsleitung kann man durchaus als "angespannt" beschreiben. Gleich nach Start des neuen Betriebsratsteams vergangenes Jahres habe man "eine Mediation" beantragt: um den Gesprächsfaden mit der Geschäftsleitung wieder in Gang zu bringen. Das Thema wurde auf Betreiben des Betriebsrats von Mitgliedern des VBK-Aufsichtsrats dieses Frühjahr wieder aufgenommen. Bislang ohne Ergebnis.
"Die Geschäftsleitung war von Anfang an auf Konfrontation zu uns gegangen. Gleich nach Bekanntwerden des neuen Führungsgremiums, der drei frei gestellten Betriebsräte, waren diese der VBK-Geschäftsleitung ein Dorn im Auge", mutmaßt Durand, und blinzelt mit den Augen: "Wir haben nichts mit Wackelhunden zu tun, wir sagen nicht zu allem ja und Amen". Jean-Claude Durand, der schon einmal zwischen 2002 und 2005 Vorsitzender des VBK-Betriebsrats war, hält sich selbst zugute: "Ich bin immer so aufgetreten, wie ich das für richtig halte". Neuerlich an die Spitze des Betriebsrats gewählt wurde er durch den Zusammenschluss dreier Wahllisten vergangenes Jahr im April.
Durand: "Ich habe immer auch die Belange des Betriebs im Blick gehabt"
Durand hatte nach Stimmenzahl eines der besten Wahlergebnisse. Er ist im Betrieb anerkannt, und gibt dies auch zurück: "Was ich über die ganzen Monate hin sehr, sehr gut finde ist die Zusammenarbeit zwischen den drei freigestellten Betriebsräten. Wir haben uns sehr gut ergänzt. Ich hätte mir kein besseres Team vorstellen können", sagt er. Er habe freilich immer auch die "Belange des Betriebs" im Blick gehabt, betont er. Das langjährige Mitglied der Christlich-demokratischen Arbeitnehmer (CDA; auch bekannt als "CDU-Sozialausschüsse") wird Ende Oktober aus dem aktiven Dienst ausscheiden, und wechselt in "die zweite Phase" der Altersteilzeit.
Jean-Claude Durand geht mit einem lachenden und einem weinenden Auge, und vermutet insgeheim, dass die VBK-Geschäftsleitung die vom Betriebsrat beantragte Mediation so lange rausschieben wolle, bis er aus dem Betrieb ausgeschieden sei: "Ich bin mit Leib und Seele VBK'ler", unterstreicht er, bedauert aber die in den letzten Jahren nach seiner Ansicht zusehends "schlechter gewordene Stimmung im Haus".
Die offenbar tief sitzenden Enttäuschungen sind unüberhörbar: "Auch früher hat es immer mal wieder Streit gegeben. Der sei aber mit einem Anschiss abgeschlossen gewesen". Ende Oktober wird der Betriebsrat einen neuen Vorsitz wählen: Jean-Claude Durand ist dann zwar "draußen", behält aber im Modell "Altersteilzeit" weiterhin seinen Arbeitsvertrag - und bleibt auch noch bis Juni kommenden Jahres Mitglied des VBK-Aufsichtsrats. Man darf getrost annehmen, dass er "mit Wohlwollen" den jetzt beschlossenen unbefristeten Streik der Gewerkschaft "verdi" - deren Mitglied auch Durand seit Jahren ist - über den Oktober hinaus begleiten wird. Denn: "Der Streik ist notwendig", sagt er.