Das Karlsruher Landgericht sah es am Freitag als erwiesen an, dass sich der 56-Jährige das kinderpornografische Material in insgesamt 102 Fällen aus privatem Interesse beschafft hat. Die Bilder und Videos waren vor einem Jahr in der Berliner Wohnung von Tauss gefunden worden. Mit dem Urteil gilt Tauss als vorbestraft.
Die 2. Große Strafkammer folgte mit dem Urteil weitgehend dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Tauss habe sich das einschlägige Material für rein private Zwecke beschafft und "um sich daran sexuell zu erregen", hatte Staatsanwältin Stephanie Egerer-Uhrig ihm vorgeworfen. Sie forderte eine Gesamtstrafe von 18 Monaten und eine Geldstrafe in Höhe von 6.000 Euro.
Richter: "Tauss handelte aus rein privaten Zwecken"
Die Verteidigung hatte dagegen einen Freispruch gefordert. Tauss habe sofort eingeräumt, Kinderpornos besessen zu haben. Er habe stets betont, ein dienstliches Interesse daran gehabt zu haben. Nach eigener Aussage wollte Tauss versuchen, die Machenschaften der Kinderporno-Szene aufzudecken, die sich mittlerweile eher über das Handy als über das Internet austausche.
Der Vorsitzende Richter Udo Scholl sah es hingegen als erwiesen an, dass Tauss aus rein privaten Zwecken handelte und nicht, wie er behauptet, in der ordnungsgemäßen Ausführung seines Amtes. Der Richter ist der Ansicht, dass die Handlungen nicht mit der Erfüllung der beruflichen und dienstlichen Pflichten des ehemaligen Bundestagsabgeordneten einhergegangen sind.
Die Kammer hat allerdings nicht festgestellt, dass der Angeklagte die Taten aufgrund eines sexuellen Interesses begangen hat. Dies war für die Tatbestandsverwirklichung auch nicht erforderlich.
Tauss: "Ich kann mit diesem Urteil nicht leben"
Tauss hatte immer wieder beteuert, dass er das Material aus Recherchegründen sammelte, um Kinderpornoringen das Handwerk zu legen. Dies ließ die Kammer nicht gelten, da sie der Auffassung ist, dass Tauss nicht so unbedarft sei, wie er sich selbst darstellt. Außerdem habe Tauss zu keinem Zeitpunkt in Erwägung gezogen, dass brisante Material an das Bundeskriminalamt weiterzuleiten.
Tauss wirkte weitestgehend gefasst, schüttelte aber während der Urteilsverkündung häufiger den Kopf und lachte ungläubig. Unmittelbar nach der Urteilsverkündung sagte Tauss: "Ich kann und mag mit diesem Urteil nicht leben. Das Gericht ist der Show der Staatsanwaltschaft gefolgt." Er überlegt weitere Rechtsmittel einzulegen; für diese Entscheidung hat er eine Woche Zeit.
Die Strafe führt nicht zum Verlust seiner Ruhestandsbezüge. Dies wäre nur der Fall gewesen, wenn Tauss wegen eines Verbrechens mit einem Mindeststrafmaß von einem Jahr verurteilt worden wäre. Im Fall von Tauss liegt das Mindeststrafmaß aber bei sechs Monaten.
Rainer Bogs, Sprecher der Staatsanwaltschaft, zeigte sich zufrieden mit dem Urteil: "Das Gericht ist unseren Ansichten und Argumenten gefolgt. Das Urteil ist aus unserer Sicht ein gutes Urteil."
Zukunft ungewiss
Das ehemalige SPD-Mitglied Jörg Tauss gehört mittlerweile der Piratenparei an. Wolfgang Dudda, Beisitzer im Bundesvorstand der Piratenpartei, sagte bezüglich des Urteils: "Wir haben allen Grund, darauf vertrauen zu können, dass Jörg Tauss nun auch die richtige Entscheidung für sich und die Piratenpartei treffen wird, soweit es um seine weitere politische Zukunft geht."
Tauss selbst äußerte sich bisher noch nicht zu seiner beruflichen Zukunft.
Der Schwurgerichtssaal des Landgericht Karlsruhe war bis auf den letzten Platz belegt und die Urteilsverkündung wurde von vielen Medienvertretern verfolgt.
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