Werden Reinigungskräfte ausgebeutet? Diese Frage stellt nicht nur der Südwestrundfunk, sondern auch der Karlsruher Gemeinderat muss sich mit dieser Frage auseinandersetzen. Deshalb wird das Thema in der Sitzung am Dienstag in einem gemeinsamen Antrag der Linken und der Karlsruher Liste aufgegriffen. Ziel der beiden Fraktionen sei vor allem mehr Sicherheit für Reinigungskräfte.

Das könnte Sie auch interessieren

Die Stadt solle die Reinigungskräfte direkt einstellen und alle Voraussetzungen für ein stabiles Arbeitsverhältnis für sie sicherstellen, statt auf externe Firmen zurückzugreifen. Solche externen Firmen böten den Beschäftigten "keine Sozialversicherung. Und die Einkommen reichen nicht zum Lebensunterhalt und erst recht nicht für eine existenzsichernde Rente", heißt es im Antrag. 

Stadtverwaltung gegen eine Annahme

Solche Arbeitsbedingungen führe nach Ansicht der Linken und der Karlsruher Liste zu hoher Personalfluktuation und zu mangelhaft verrichteter Arbeit. Daher fordern die beiden Fraktionen nicht nur, die Reinigungskräfte einzustellen, sondern die Aufträge mit bestehenden privaten Reinigungsfirmen schrittweise aufzukündigen.

Auch oder gerade der Umgang mit Putzmitteln sollte fair bezahlt sein sagen Linksfraktion und Karlsruher Liste.
Auch oder gerade der Umgang mit Putzmitteln sollte fair bezahlt sein sagen Linksfraktion und Karlsruher Liste. | Bild: pixabay/Michi-Nordlicht

In einer Stellungnahme spricht sich die Stadt für eine Ablehnung des Antrags aus, da eine flächendeckende Beschäftigung ihr Budget enorm belasten würde und weil die Stadt externe Reinigungsfirmen bereits zu einem Mindesttarif für ihre Mitarbeiter verpflichte. Letztendlich muss aber der Gemeinderat entscheiden, ob das Putzpersonal nicht doch direkt einzustellen.

Änderungsantrag: 50 statt hundert Prozent?

"Wir, die Stadt Karlsruhe sind gerade als Arbeitgeberin gefragt. Es ist teurer, eigene Reinigungskräfte anzustellen, aber auch fairer", sagt Leonie Wolf für die Grünen.

"Natürlich können wir nicht gleich alle Partnerschaften mit externen Firmen trennen und auch nicht zu einhundert Prozent Personal zur Reinigung einstellen. Deshalb möchten wir einen Änderungsantrag stellen, zunächst 50 Prozent unseres Reinigungspersonals direkt anstellen."

Leonie Wolf ist seit November 2021 Stadträtin der Grünen-Fraktion. Sie trat die Nachfolge von Zoe Mayer an.
Leonie Wolf ist seit November 2021 Stadträtin der Grünen-Fraktion. | Bild: Wolf/privat

Die CDU-Fraktion sieht beide Anträge sehr kritisch.  "Wir haben 26 Prozent interne Reinigungskräfte in der Stadtverwaltung und 74 externe. Ausschlaggebend für eine gründliche Reinigung ist sicher nicht, ob die Angestellten ex- oder intern sind", sagt CDU-Stadtrat Detlef Hofmann.

"50 Prozent eigene Reinigungskräfte einzustellen ist daher der falsche Ansatz. Wir würden als Stadt so in den privaten Wirtschaftszweig eingreifen. Und wir haben nicht genügend Budget dazu."

"Eine Bezahlung unter Mindestlohn geht gar nicht"

Natürlich dürfe man auch keine menschenunwürdige Bezahlung dulden. "Das ist aber nicht unsere Aufgabe, sondern die der jeweiligen Firmen. Eine Bezahlung unter Mindestlohn geht gar nicht. Aber da können wir nur die Firmen besser kontrollieren, daher sprechen wir uns gegen die Anträge aus", sagt Hofmann weiter.

Detlef Hofmann (CDU, Listenplatz 4).
Detlef Hofmann, CDU-Fraktion Karlsruhe. | Bild: CDU Karlsruhe

Die nächste Wortmeldung kommt von Yvette Melchien von der SPD. Auch sie spricht sich bedingt für die Intentionen der Vorredner aus: "Ziel muss sein, dass alle Reinigungskräfte gute Arbeitsbedingungen haben. Die Qualität der Reinigung ist bei eigenangestelltem Personal oft besser, als es bei Fremdfirmen der Fall ist. Deshalb sind auch wir dafür ein ausgewogenes Verhältnis aus internen- und externen Reinigungskräften ein", sagt sie.

Yvette Melchien
Yvette Melchien von der SPD-Fraktion. | Bild: SPD Karlsruhe

"Es ist eher eine Frage der Mitbestimmung"

FDP und AfD lehnen alle die Anträge ab. Stadträtin Petra Lorenz von den Freien Wählern sieht sie ebenfalls kritisch: "Sicherlich ist es so, dass wenn ich Mitarbeiter der Stadt bin, das Gefühl habe, einen sichereren Job zu haben. Dennoch gibt es genügend Kündigungen bei Stadtverwaltungen, wenn sich das Personal nicht rechnet."

Petra Lorenz spricht bei ka-news.de über die aktuelle Situation des Karlsruher Einzelhandels.
Petra Lorenz, Stadträtin der Freien Wähler. | Bild: Lorenz

Zuletzt meldet sich auch Oberbürgermeister Frank Mentrup zu Wort: "Die Aussagen im SWR-Interview sind, wenn sie stimmen untragbar. Deshalb stellen wir in Karlsruhe nur dann externe Reinigungskräfte ein, wenn die übergeordnete Firma einen verbindlichen und fairen Tarifvertrag vorweisen kann. Für mich liegt hier ein Defizit an Mitbestimmung der Angestellten vor - nicht nur im Reinigungsbereich", sagt der OB.

Der Oberbürgermeister Dr. Frank Mentrup spricht bei der Demo.
Oberbürgermeister Frank Mentrup. | Bild: TMC-Fotografie

"Aber diesen Missstand können wir als Stadt leider nicht durch mehr Festeinstellung beheben. Gerade in Zeiten der finanziellen Engpässe können wir leider auch keine Quote von 50 Prozent an Reinigungskräften halten, ohne Qualität in anderen Gemarkungen zu reduzieren", so Mentrup weiter. "Ich empfehle also ausdrücklich, den Antrag abzulehnen."

Zustimmung trotz Finanzengpass

Eine Empfehlung, der sich der Gemeinderat nicht fügt. Mit einer Mehrheit von 25 zu 18 wird der Änderungsantrag der SPD angenommen, was bedeutet, dass 50 Prozent der Reinigungskräfte nun direkt bei der Stadt Karlsruhe angestellt werden sollen.

Das könnte Sie auch interessieren

Damit stehen Mentrup und die Stadtverwaltung vor einem Problem. "Eine fünfzigprozentige Quote ist mit dem aktuellen und dem nächsten Doppelhaushalt nicht vereinbar. Deshalb können wir diesen Wunsch in den nächsten Jahren nicht umsetzen . Wir können Ihnen nur anbieten, innerhalb der nächsten Jahre ein Konzept zu erarbeiten, wie wir die 50 Prozent erreichen", sagt er. 

Wie die Stadt also weiterhin mit den Reinigungskräften verfährt, müsse sich in den nächsten Jahren zeigen.