Die beiden Straßenbahnfahrer sind inzwischen außer Lebensgefahr, gab VBK-Chef Walter Casazza gleich zu Beginn bekannt. Von den 31 Verletzten befänden sich derzeit noch drei in stationärer Behandlung, keiner davon jedoch mit schweren Verletzungen.
Um die genaue Ursache zu finden, haben die Verkehrsbetriebe eine Untersuchungskommission zusammengestellt, die neben den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft die Situation beleuchten soll. Als Grund für die Einrichtung der Kommission nannte Casazza die zeitliche Nähe des Unfalls zu dem letzten größeren Vorfall am Albtalbahnhof. Deshalb würde nun ein breit aufgestelltes Gremium unter Leitung eines externen Experten eingesetzt. Letzterer ist Thomas Ruff, Straßenbahnbetriebsleiter in Freiburg.
Die Unfallbahnen sind mittlerweile in der Werkstatt untersucht worden, ihre Technik funktionierte einwandfrei. Bereits am Donnerstagabend hatten die Mitarbeiter der Verkehrsbetriebe die technischen Anlagen an der Strecke kontrolliert. Dabei sei man zu dem Schluss gekommen, dass Signal- und Weichenanlagen funktionstüchtig waren, berichtete Siegfried Lorenz, Betriebsleiter der Verkehrsbetriebe.
Fahrer hätte Weichenstellung überprüfen müssen
Des Weiteren hätten die Auswertungen ergeben, dass die unfallverursachende Bahn der Linie S4 eine letzte aufgezeichnete Geschwindigkeit von 19 bis 20 km/h hatte, die Tramlinie 2 war 29 bis 30 km/h schnell. Dies sei jedoch nicht die Geschwindigkeit beim Aufprall gewesen, wie Lorenz unterstrich, denn beide Fahrer hatten eine sogenannte Gefahrenbremsung ausgelöst. Beide waren bereits seit Jahren als Straßenbahnfahrer im Dienst, einer für die VBK, der andere für die Stadtwerke Heilbronn.
Die Weichen im Stadtgebiet Karlsruhe werden über so genannte Sendemagneten gestellt, die sich unten am Fahrzeug befinden. Allerdings fahren die Straßenbahnfahrer "auf Sicht", sie müssen also Signale und Weichenlagen beachten sowie sich nach den aktuellen Verkehrsbegebenheiten richten. Im Fall, dass ein Weichensignal auf dunkel steht, also keine Richtung anzeigt, heißt das für den Fahrer, dass er anhalten und die Weichenstellung überprüfen muss. Gegebenenfalls müsse er aussteigen.
Dies sei jedoch kein Fehler in der Anlage, wie die anwesenden Fachleute betonten. Vielmehr könne die dunkle Anzeige eines Signals mehrere Ursachen haben, die für den Fahrer klar sein müssten. Beispielsweise könne es bedeuten, dass das Sendesignal nicht eindeutig war, was bei dem außen liegenden Magneten passieren kann, oder auf eine nicht gänzlich anliegende Weichenzunge hinweisen.
Automatische Zwangsbremsung nicht erfolgt
Auf links stand die Weiche deshalb, weil kurz zuvor ein Fahrschulfahrzeug die Strecke befahren hatte und an dieser Stelle eine entsprechende Weichenstellung angefordert hatte. Eine Zwangsbremsung, wie sie automatisch erfolgen sollte, sobald die Bahn in eine Weiche einfährt, die nicht ihrer vorgesehenen Strecke entspricht, hat nach bisherigen Erkenntnissen nicht stattgefunden. Dies werde jedoch noch geprüft. Hätte es eine Zwangsbremsung gegeben, wäre es nicht zu dem Unfall gekommen, so Casazza.
Es sei möglich, manuell eine Zwangsbremsung auszuschließen, erklärte der VBK-Chef. Auf Nachfrage schloss er Zeitdruck aufgrund einer Verspätung der Straßenbahn aus, sie sei den Aufzeichnungen nach pünktlich unterwegs gewesen. Die Möglichkeit, dass ein nicht Beachten des Weichenbildes die Ursache für den Unfall war, scheint nach derzeitigem Stand wahrscheinlicher zu werden.
Im Moment steht die Signalanlage am Unfallort auf "Blinken", so dass die Fahrer nur "auf Sicht" fahren können. Die Weichenanlage an dieser Stelle war erst seit August in Betrieb. Die Untersuchungskommission wird schon am Samstagvormittag wieder zusammenkommen, um genau zu untersuchen, wie Weichen und Signale an der betreffenden Stelle arbeiten. Das kündigte Kommissionsleiter Ruff an, machte jedoch keine Hoffnungen auf eine schnelle Klärung. Diese könne frühestens in zwei Monaten erwartet werden.
Auch Fahrgäste können sich an die Untersuchungskommission wenden, wenn sie Beobachtungen gemacht haben. Telefonisch ist die Kommission über das KVV-Kundentelefon unter 0721/6107-5885 oder per E-Mail erreichbar.
Eine Übersicht über Straßenbahnunfälle in den vergangenen Jahren finden Sie in unserem Dossier "Straßenbahnunfälle in Karlsruhe". Beachten Sie auch das SWR-Video zum Thema.