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Karlsruhe: Sterben Karlsruher Metzger aus? - "Verbraucher steuert, ob Betriebe überleben"

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Sterben Karlsruher Metzger aus? - "Verbraucher steuert, ob Betriebe überleben"

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    Günther Groß stellt seine über 70 Wurstsorten selbst her.
    Günther Groß stellt seine über 70 Wurstsorten selbst her. Foto: sas

    Bereits morgens um sechs Uhr beginnt der Arbeitstag von Günther Groß. Sein erster Gang führt ihn in die Wurstküche. Dort stellt er über den Tag verteilt seine über 70 Wurstsorten an, darunter Eigenkreationen, wie Peperoni-Lyoner oder seine Neureuter Feuerwehr-Bratwürste.

    Bis zirka 15 Uhr schneidet, zerkleinert, würzt und füllt er, bevor er sich dem Papierkram widmet: Rechnungen schreiben, Angebote erstellen und seinen Partyservice organisieren. "Vor 19 Uhr ist selten Feierabend", sagt der Metzgermeister. "Sind Wurstplatten oder größere Fleischportionen bestellt, kann es auch später werden."

    70 bis 90 Arbeitsstunden pro Woche

    Samstags steht der Fleischwolf still. Dann steht Groß selbst im Ladengeschäft. Haben die Kunden ihre Fleischwaren eingekauft, warten auf ihn und seine Frau Karin die Vorbereitungen für Partyservice-Lieferungen: "Der Partyservice ist heutzutage als zusätzlicher Verdienst unbedingt notwendig. Früher war das eher Nebensache." Ohne diesen müssten viele Betriebe heutzutage dicht machen.

    Insgesamt halte sich das Interesse am Metzgerberuf beim Nachwuchs in Grenzen. "Handwerksberufe, die körperlich anstrengend sind, stehen nicht so hoch in der Gunst der Jugendlichen", weiß Groß. Hinzu kommen Wochenarbeitszeiten im eigenen Betrieb von 70 bis 90 Stunden. "Die meisten jungen Leute wollen kaufmännische Berufe erlernen." Eigene Metzgereibetrieben hätten heute sowieso die wenigsten. Der größte Tätigkeitsbereich für Metzger sind mittlerweiledie zahlreichen Fleischfabriken, in denen der Großteil der Fleisch- und Wurstprodukte des Einzelhandels hergestellt werden.

    Das bekämen die kleinen Betriebe besonders zu spüren. "Der Verbraucher meint, dass Fleisch und Wurst aus dem Supermarkt grundsätzlich billiger sind", sagt Günther Groß. Doch in vielen Fällen lohne sich für den Verbraucher der Vergleich. Manchmal sei Supermarktware sogar teurer als die hausgemachte Wurst vom Metzger um die Ecke. "Nur der Verbraucher kann steuern, ob die kleinen Familienbetriebe neben den Supermarktketten bestehen können."

    "Ich mache die Wurst so, wie ich sie auch essen möchte"

    Wer billiges Fleisch kaufen möchte, müsse jedenfalls Abstriche bei der Qualität machen. "Es ist ein großer Unterschied, ob zum Beispiel Schweine für die Schnellzucht aufgezogen werden, damit sie so schnell wie möglich und so viel Fleisch wie möglich liefern. Oder sie für gesunde Nahrungsmittel gezüchtet werden und Zeit haben, zu wachsen." Gute Qualität erkenne man beispielsweise beim Gulasch daran, dass man beim Anbraten aufpassen müsse, dass es nicht anbrennt, weil nahezu keine Flüssigkeit aus dem Fleisch austrete.

    Selbst schlachten kann Günther Groß nicht. Er bekommt sein Fleisch von einem Bauernverband, der seine Tiere nach bestimmten Qualitätskriterien aufzieht. "Ein Schlachthaus für meinen Betrieb, dass der EU-Norm entspricht, würde rund 400.000 Euro kosten. Eine solche Investition stünde in keiner Relation zu den Einnahmen." Seit 1963 gibt es Groß' Betrieb in Neureut. Sein Vater habe sie nach dem Grundsatz "Ich mache die Wurst so, wie ich sie auch essen möchte" eröffnet. Nach dieser Devise arbeitet der Betrieb heute noch.

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