Lebensmittel aus der Region, frische Luft, familiäre Atmosphäre: Die Karlsruher lieben ihre Wochenmärkte. Laut einer Befragung vom Amt für Stadtentwicklung kauft mehr als ein Drittel der Befragten mindestens einmal pro Woche an einem Marktstand ein. Und davon gibt es einige. Von Neureut bis zur Waldstadt - fast in jedem Stadtteil bauen im Schnitt sieben verschiedene Händler mindestens einmal die Woche ihre Stände auf.
17 Märkte in Karlsruhe
Auch die Innenstadt hat vier Märkte zu bieten: Den täglichen Blumenmarkt auf dem Marktplatz, den Markt auf dem Kronenplatz, den wöchentlichen Abendmarkt in der Lammstraße sowie den Wochenmarkt auf dem Stephanplatz. "In Relation zur Einwohnerzahl hat Karlsruhe mehr Wochenmärkte als Städte in der Umgebung, etwa Stuttgart oder Pforzheim", so Armin Baumbusch vom Marktamt.
Neues Märktekonzept für die Stadt
Um die Zukunftsfähigkeit der Karlsruher City als Einzelhandelsstandort 2030 zu stärken, hat die Stadt ein Gutachten der Cima GmbH in Auftrag gegeben. Daraus geht hervor: Die Innenstadt als "Marktplatz" nutzt nicht ihr mögliches Potential. Das soll sich ändern: Es solle einen zentralen Angelpunkt geben, wo sich die Passanten gerne aufhalten und verweilen. Laut Analyse fehlt für diesen Treffpunkt eine Markthalle oder ein zentraler Wochenmarkt.

Eine ähnliches Ergebnis lieferte auch eine Point-Of-Sale Umfrage bei Passanten: Nur 0,3 Prozent der Befragten gaben an, die Innenstadt wegen eines Wochenmarktes zu besuchen. Außerhalb der Innenstadt sind es mit 0,6 Prozent doppelt so viele.
Als Maßnahme schlagen die Berater daher eine Projektgruppe vor, die ein Märktekonzept für die Fächerstadt ausarbeiten soll. Zentrale Punkte: Ein neuer Markt auf dem Marktplatz und ein Spezialitätenmarkt auf dem Stephanplatz, auf dem auch feste Stände aufgestellt werden sollen.
Bereits jetzt stärkt die Stadt Wochenmärkte mit verschiedenen Aktionen: Stände zum Thema Gesundheit ergänzen das Marktangebot dienstags und donnerstags auf dem Gutenbergplatz sowie an jedem Mittwoch auf dem Stephanplatz. Jeweils um 7.30 Uhr und 11 Uhr bietet das Netzwerk "MiteinanderSein" Yoga-Einheiten an. Neben 20-minütigen Shiatsu-Massagen präsentieren Referenten Informationen zu ökologischen Themen wie "Schokolade mal anders" oder stellen beispielweise öko-ethisches Wasser vor.

Vorzeigemodell: Markt am Gutenbergplatz
Ein Vorbild für einen etablierten und gut frequentierten Wochenmarkt ist der Markt am Gutenbergplatz. Dieser wird laut Cima-Gutachten von der Karlsruher Bevölkerung am besten angenommen und besucht. Er findet immer dienstags, donnerstags und samstags statt.

Besonders beliebt ist er am Wochenende: Samstags bricht der Markt mit 48 verschiedenen Ständen alle Rekorde. Was macht den Markt hier so beliebt - was ist das Erfolgsgeheimnis? ka-news.de hat sich auf dem Gutenbergplatz ins Marktgetümmel gestürzt und nachgefragt.

Anneke Wohlrab ist seit einigen Jahren mit ihrem Stand auf dem Gutenbergplatz. "Hier erzielen wir unsere höchsten Einnahmen", erzählt sie im Gespräch mit ka-news.de. "Ich denke, was den Markt so beliebt macht, ist die Bindung zu den Kunden. Man kauft nicht nur ein, was man braucht, sondern man kennt sich, unterhält sich. Der Markt ist ein Treffpunkt, schon seit Generationen."

"Ich fürchte, in der Innenstadt wäre es schwierig, mit der ganzen Laufkundschaft, ein solches Ambiente wie hier zu erzeugen. Außerdem ist der Wettbewerb durch viele Geschäfte und Supermärkte in der Stadt viel stärker", so Wohlrab.
Konkurrenz für die Märkte kommt von Discountern
Das bestätigt auch Armin Baumbusch: "Die Discounter bieten mit ihrem breiten Sortiment und flexiblen Einkaufszeiten definitiv große Konkurrenz. Es ist mittlerweile selbstverständlich, dass man zu jeder Zeit alle Sorten Obst und Gemüse aus aller Welt einkaufen kann. Dadurch geht die Regionalität und die Frische der Waren auf den Märkten manchmal unter", erklärt der Marktamt-Chef gegenüber ka-news.
Auch für Warol Eksi ist der Markt in der Weststadt Tradition: "Seit über 30 Jahren verkauft meine Familie hier, kein anderer Standort läuft so gut." Ob die Innenstadt ein guter Ort wäre, seinen Stand aufzustellen? "Ich glaube, das ist eher problematisch. Es gibt ja jetzt schon Schwierigkeiten, genügend Beschicker zu finden."

Warum erfährt man im Gespräch mit Beschickerin Sabine Geraud: "Immer mehr Stammbeschicker gehen nach und nach in den Ruhestand und finden kaum Nachfolger."
Das Cima-Gutachten empfiehlt, Beschicker aus den nahe gelegenen Regionen wie dem Elsass, dem Schwarzwald oder der Pfalz anzuwerben. Die Ausarbeitung der Beschicker-Suche würde zusammen mit Formaten und Konzeptinhalten im Verantwortungsbereich der künftigen Projektgruppe liegen.
Markt in der Innenstadt sehen Beschicker kritisch
Was es für Beschicker zu lösen gilt, wäre die Parksituation in der Innenstadt - diese sind laut Armin Baumbusch begrenzt. Einfach haben es die potentiellen Käufer. "Kunden haben es mit den Parkhäusern in der Innenstadt einfacher, mit dem Auto zu den Wochenmärkten zu kommen", so Baumbusch.

Von den Parkmöglichkeiten abgesehen, geht der Trend zum autofreien Einkaufen. "Früher sind die Leute noch direkt zum Erzeuger gefahren und haben sich ihre Lebensmittel geholt. Heute geht der Trend zu Menschen ohne Auto, die sich freuen, wenn der Markt direkt vor der Haustür ist", sagt Anneke Wohlrab. Einen Markt in der Innenstadt beurteilt sie dennoch kritisch: "Dafür ist die Innenstadt wahrscheinlich zu anonym."
Markt hat ist sozialer Treffpunkt und Urlaubsatmosphäre
"Der Markt in der Weststadt macht sich einfach gut, ein ruhiger Teil der Stadt, wo man gerne verweilt", sagt Wohlrab. Das sieht auch Sabine Geraud so, die an ihrem Stand Obst und Gemüse verkauft: "Der Gutenbergplatz hat einfach ein tolles Flair. Im Sommer fühlt es sich fast an wie am Mittelmeer!" Armin Baumbusch vom Marktamt ergänzt: "Durch Begrünung, Brunnen und die anliegenden Cafés entsteht hier eine ganz besondere Atmosphäre."
Schon seit längerer Zeit geht der Trend zum regionalen Einkaufen - grundlegend sind die Menschen bereit, auf Märkten einzukaufen. Wie neue Märkte in der Innenstadt etabliert werden können, bleibt abzuwarten - auf jeden Fall gibt es einige Herausforderungen zu lösen. Wie zufrieden die Karlsruher derzeit mit dem Wochenmarkt in Oberreut sind, können sie auf dem Beteiligungsportal der Stadt Karlsruhe (https://beteiligung.karlsruhe.de) mitteilen.
Trotz Skepsis am Wochenmarkt in der Innenstadt, die Beschicker schauen grundlegend positiv in die Zukunft: "Aus unserer Sicht werden die Wochenmärkte jedoch im Zeitalter der sozialen Medien immer wichtiger als Ort der Kommunikation. Man trifft sich hier zum direkten Austausch und dem Erwerb von regionalen Produkten."
ka-news.de-Hintergrund
Online-Handel boomt, die Kaufkraft wächst - aber der lokale Handel nicht: Die Stadt Karlsruhe fürchtet um die Existenz ihrer Einzelhandelsflächen in der Innenstadt und möchte als Einkaufsstadt wieder attraktiv werden. Dafür hat man 2017 eine entsprechende Studie beauftragt - im Mai 2019 wurde sie öffentlich vorgestellt.
Das "Gutachten zur Zukunftsfähigkeit der Karlsruher City als Einzelhandelsstandort 2030" wurde von der Firma Cima GmbH im Auftrag der Stadt Karlsruhe erstellt: Auf über 260 Seiten wurden Stadtentwicklung, Marketing, Regionalwirtschaft, Einzelhandel, Wirtschaftsförderung, Citymanagement, Immobilien, Organisationsberatung, Kultur und Tourismus analysiert. Auf weiteren 140 Seiten werden entsprechende Maßnahmen präsentiert.
Zu den mittelfristigen Maßnahmen gehört die Erarbeitung eines Märktekonzepts, sie ist im Themenfeld Marketing angesiedelt und wird als "hoch" priorisiert. Mittelfristig bedeutet: Die Umsetzung soll innerhalb von drei Jahren beginnen.
Das Konzept soll den Karlsruher Märkten ein neues Profil geben, sie neu ordnen und auch neue Standorte (Marktplatz, Stephanplatz) erarbeiten. Qualitätsziele und -kriterien sowie dauerhafte Kooperationspartner sind ebenfalls Bestandteil des Konzepts. Bei Veranstaltungen an Markttagen sollen die Märkte auf den Schlossvorplatz, den Stephanplatz oder die umgebaute Kaiserstraße verlegt werden.
Für die externe Konzepterstellung schätzen die Gutachter Kosten von 25.000 bis 40.000 Euro. Am neuen Konzept beteiligt werden: Karlsruher Marketing und Event GmbH (KME), Karlsruhe Tourismus GmbH (KTG), Marktamt, Ordnungsamt, Stadtwerke Karlsruhe, Stadtplanungsamt und Wirtschaftsförderung - als externe Akteure werden Beschicker und die Cityinitiative Karlsruhe (CIK) hinzugezogen.