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Karlsruhe: Schon gewusst? In Karlsruhe gibt es einen vergessenen Flugplatz

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Schon gewusst? In Karlsruhe gibt es einen vergessenen Flugplatz

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    Zeppelin Z.R. III über Berlin, 1924.
    Zeppelin Z.R. III über Berlin, 1924. Foto: Zeppelin Z.R. III über Berlin, 1924, gemeinfrei

    Der Alte Flugplatz im Norden Karlsruhes dient seit dem 18. Jahrhundert als Exerzierplatz für die badischen Truppen. Gegen 1820 wird im Hardtwald nördlich der Moltkestraße gerodet, um den Platz zu erweitern. Nach dem Deutsch-Französischen Krieg 1871 wird Karlsruhe zu einer Garnisonstadt und es entsteht hier eine Kaserne. Und vor 100 Jahren herrscht dort auch Flugbetrieb.

    Karte von Karlsruhe 1928
    Karte von Karlsruhe 1928 Foto: Private Sammlung

    Allerdings gibt es im Jahr 1924 bereits einen zweiten Flugplatz in Karlsruhe, der als der eigentliche Karlsruher Flughafen bezeichnet wird – der ehemalige Rintheimer Exerzierplatz, worauf früher die Artilleristen übten. Dieser wird am 30. September 1924 durch die Hessenflieger eingeweiht, einen 1924 gegründeten Verein aus Darmstadt, der unter anderem Schauflüge und Wettbewerbe veranstaltet. 

    Die Einweihung durch die Hessenflieger – die neue deutsche Luftfahrt

    Bereits um 9 Uhr bewegen sich "ganze Kolonnen von Fußgängern", Motorräder und Autos nach dem ehemaligen kleinen Artillerieexerzierplatz zwischen Karlsruhe und Durlach, um die Schauflüge der Hessenflieger zu sehen, berichtet die Zeitung Badischer Beobachter am 1. Oktober 1924.Die Flugleitung am Flugplatz sind die Herren des "Fliegerbund Karlsruhe e.V." und die Schutzpolizei sorgt für Ordnung.

    Durlacher Tagblatt 13.10.1924
    Durlacher Tagblatt 13.10.1924 Foto: Durlacher Tagblatt 13.10.1924

    Auf dem Flugplatz wird ein Telefon errichtet. Eigentlich wurden die Flugzeuge aus Darmstadt um 10 Uhr erwartet, aber Bodennebel verzögert den Start und die erste Maschine – eine Junkers Verkehrslimousine D409 – landet um 14.12 Uhr. Es führt sechs Passagierflüge über der Stadt aus – für 20 Mark kann man teilnehmen. Flugblätter mit Reklame werden abgeworfen.

    Gegen 15 Uhr kommt das zweite Flugzeug: Ein Dietrich-Gobiet D477, der mehrere Vollgaskurven und zwei Loopings in zirka 500 Meter Höhe vorführt. Das Publikum ist begeistert. Ein Albatros-A-G fliegt um 15.45 Uhr an und um 18 Uhr folgt das letzte Flugzeug – halb Segelflugzeug, halb Maschine. Der überwiegende Eindruck vom Tag: Frischer Mut, der wagt und gewinnt, heißt es – die neue deutsche Luftfahrt.

    Tag der Luftfahrt auf dem Rintheimer Flugplatz

    Bald gibt es wieder einen Anlass zum Schaufliegen auf dem Rintheimer Flugplatz. Der deutsche Zeppelin Z.R.III, der am 12. Oktober von Friedrichshafen bei Konstanz nach USA fliegt, landet nach 81 Stunden Fahrt in Lakehurst, New Jersey. 6000 bis 8000 Zuschauer, berichtet das Karlsruher Tagblatt, kommen auf den Rintheimer Flugplatz, um das Schaufliegen zu erleben und die Fahrt nach Amerika zu feiern.

    Flugzeug Udet U13
    Flugzeug Udet U13 Foto: Flugzeug Udet U13, Private Sammlung

    Zwei Dietrich-Gobiet-Flugzeuge nehmen an der Feier teil. Das erste Flugzeug führt zwischen den Passagierflügen eine Reihe Fliegerkunststücke und Sturzflüge vor. Das zweite Flugzeug mit dem Pilot Heck und Fallschirmkünstler Bäumler an Bord, trifft erst um 16.45 Uhr ein. Wegen des Nebels mussten sie zweimal notlanden.

    Bäumler springt aus einer Höhe von 800 Metern, während Heck Loopings und sogenannte "Korkenzieher" vorführt.

    Karlsruhe als Luftfahrtverkehrshafen – Hauptknotenpunkt des internationalen Luftverkehrs?

    Mitte Dezember 1924 sind die Diskussionen soweit – Deutschland soll am internationalen Luftverkehr teilnehmen und dementsprechend wird jetzt ein passender Flugplatz in Baden gesucht. Es wird überlegt, inwieweit Karlsruhe für den Luftverkehr als "Hafenplatz" geeignet ist. Inzwischen hat sich die Landeshauptstadt zu einer bedeutenden Industriestadt entwickelt.

    Der Architekt und Luftfahrttechniker Dr. Roland Eisenlohr präsentiert die Optionen – der Alte Flugplatz oder Rintheim.

    Verschiedene badische Städte sind bemüht, einen Landungsplatz für den Flugverkehr zu sichern, erklärt Eisenlohr – und zwar nicht den Nahverkehr, sondern den großen, durchgehenden Luftverkehr. Der Flughafen, der der Eisenbahn keine Konkurrenz machen soll, muss stets ein großer Knotenpunkt sein, an dem sich Linien verschiedener Richtungen schneiden. Es muss auch sicher sein, dass der Luftverkehr benutzt wird und sich wirtschaftlich rentiert.

    Diamond Aircraft DV20 Katana.
    Diamond Aircraft DV20 Katana. Foto: Diamond Aircraft DV20 Katana, Hessen-Flieger/ Verein für Luftfahrt 1924 Darmstadt e.V.

    Die intensive Ausnutzung von mindestens fünf Flugzeugen sei erforderlich. Eisenlohr erläutert, wie wichtig die Lage des Flugplatzes in Richtung der vorherrschenden stärkeren Winde ist, nicht zu nah an der Stadt aber möglichst in der Nähe eines Bahnhofs oder guter Verkehrsstraßen. Es gibt auch wichtige meteorologische Voraussetzungen für einen Flugplatz, beispielsweise darf die Gegend nicht zu Nebelbildungen neigen.

    Außerdem soll eine große Wasserfläche in der Nähe sein, für den mit Wasserflugzeugen bestrittenen Nachtluftverkehr. Überhaupt muss geprüft werden, sagt Eisenlohr, ob Karlsruhe als Hauptknotenpunkt des internationalen Luftverkehrs geeignet ist, oder ob die Stadt als Zwischenknotenpunkt für Frankfurt oder Stuttgart dienen könnte. Letztendlich wird das in Berlin, London oder Paris, entschieden, wo die großen Linien international festgelegt werden.

    Jetzt die Frage – Rintheim oder Nordweststadt?

    Eisenlohr glaubt, dass der alte Rintheimer Exerzierplatz, den die Stadt auch bereits vorgeschlagen hat, besser geeignet ist. Im Gegenteil dazu wird es nicht mehr lange dauern, meint er, bis man den Stadtteil Nordweststadt ausbaut, und ein Landungsplatz, der von allen Seiten umbaut ist, ist ungeeignet. Vor allem muss der Schnellverkehr zwischen Flugplatz und Bahnhof ungehindert fahren können.

    Aber der größte Nachtteil am Alten Flugplatz ist die vorherrschende Westwindrichtung. Beim Rintheimer Flughafen liegen die Verhältnisse günstiger.

    Die Entscheidung fällt für den Alten Flugplatz

    Jedoch fällt die Entscheidung für den Alten Flugplatz. Nach "eingehender Prüfung durch anerkannte Flugsachverständige", heißt es, kommt nur der alte Exerzierplatz am Hardtwald in Frage. Wegen seiner Lage, seiner Beschaffenheit und der vorherrschenden Windrichtung (im Gegensatz zu Eisenlohrs Behauptung) ist er weitaus besser geeignet als der Rintheimer Platz. Vor allem besitzt er einen festen, wasserdurchlässigen Untergrund.

    Aktuell ist der Flugplatz Eigentum des Staates – mit einem Vertrag von 1922 ist der Hauptteil zur Anlage von Kleingärten bis 1950 verpachtet. Jetzt wird mit dem Finanzministerium verhandelt, Fläche freizugeben; Besitzer von bestehenden Kleingärten werden Abfindungen erhalten. Die Badische Luftverkehrsgesellschaft wird mit fünf Focke-Wulf-Flugzeuge gegründet.

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    Foto: Thomas Riedel

    Außer Fluggästen sollen Post und Fracht befördert werden. Handel und Industrie übernehmen etwa 50 Prozent des Stammkapitals der Gesellschaft, während die Stadt Karlsruhe die andere Hälfte übernimmt. Andere badische Städte werden eingeladen, sich daran zu beteiligen.

    Mit dem Bau zwei großer Flugzeugschuppen belaufen sich die Gesamtausgaben der Stadt auf 290.000 Mark – das wird sich verringern, wenn andere Städte sich beteiligen. Somit werden Baden und seine Hauptstadt in den großen Weltverkehr mit einbezogen. Doch der Rintheimer Flughafen gerät im Verlauf der Zeit in Vergessenheit.

    Interesse an dem Thema? Dann meldet euch gerne direkt bei der Autorin, die umfangreiche Recherchen zu diesem Thema angestellt hat und auch mit den Hessenfliegern in Kontakt steht.

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