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Karlsruhe: Schnellzug kontra Auto: Wie sicher sind Karlsruher Bahnübergänge?

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Schnellzug kontra Auto: Wie sicher sind Karlsruher Bahnübergänge?

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    (Symbolbild)
    (Symbolbild) Foto: (rh)

    "Die Häufung der Unfälle an Bahnübergängen, teilweise mit tödlichem Ausgang, ist besorgniserregend", alarmiert der Deutsche Bahnkunden-Verband (DBF) in einer Pressemeldung. Man sehe Handlungsbedarf. Konkret fordert der DBF nun neben einer Verschärfung der bestehenden Strafvorschriften für Unachtsamkeit und Fehlverhalten von Verkehrsteilnehmern an Bahnübergängen, auch die Polizeikontrollen an diesen Stellen zu erhöhen.

    Im landesweiten Gesamtnetz der Albtalverkehrsgesellschaft (AVG) gibt es derzeit mehrere hundert Bahnübergänge ohne Schranken, wie eine Sprecherin der AVG gegenüber ka-news erklärt. Im Landkreis Karlsruhe zählt man 44. "Auf diesen Strecken verkehren zum Teil auch Züge der Deutschen Bahn", so heißt es weiter.

    2014: Zwei tödliche Unfälle im Pfinztal

    Eine Häufung von Unfällen in den vergangenen Monaten kann die Polizei hier nicht feststellen. "Seit 2003 sind es jährlich im Durchschnitt zwei bis drei Unfälle", so Polizeisprecher Joachim Zwirner gegenüber ka-news. Tragische Unfälle waren im vergangenen Jahr dennoch zu verbuchen. "Es gab 2014 im Stadt- und Landkreis Karlsruhe zwei Verkehrsunfälle an Bahnübergängen mit Eisenbahnen. Beide waren im Pfinztal und beide verliefen tödlich", zieht Zwirner die traurige Bilanz.

    Am 11. Januar 2014 umging eine 74-jährige Fußgängerin die geschlossene Halbschranke und wurde von einem Regionalexpress erfasst, so heißt es im Polizeiarchiv. Ein halbes Jahr später ereignete sich ein ähnlicher Vorfall an selber Stelle: Am 27. Juli umlief ein 21-jähriger Fußgänger ebenfalls die Halbschranke und wurde von einem IC erfasst.

    Dass die Gefahr an Bahnübergängen nicht ausschließlich Fußgänger betrifft, zeigt ein weiterer, aktueller Fall. Erst vor wenigen Tagen kam es an einem unbeschrankten Bahnübergang in Ettlingen zu einem folgenschweren Zusammenstoß eines Autos mit einer Dampflok. Der Autofahrer wurde hierbei schwer verletzt.

    Unfallzahlen bundesweit rückläufig

    Eine Häufung von Unfällen dieser Art, wie sie der DBV aufführt, kann auch die Deutsche Bahn nicht feststellen. Laut einer Statistik ist die Zahl seit 1994 im gesamten Bundesgebiet rückläufig. Während im Jahr 2000 beispielsweise noch 373 Unfälle an deutschen Bahnübergängen zu Buche schlugen, waren es 2012 lediglich 193 an der Zahl. In Baden-Württemberg sind im Jahr 2012 13 Vorfälle zu verzeichnen. Zwei Mal entgleiste dabei sogar die jeweilige Bahn. Das Bundesland mit den meisten Unglücken an Bahnübergängen ist, so Stand 2012, das benachbarte Bayern mit 57.

    Am häufigsten involviert sind dabei bundesweit Autofahrer - mit Abstand: 109 Unfälle gingen 2012 von Zusammenstößen zwischen Pkw und Bahnen aus - in nur 23 waren Fußgänger verwickelt. Während bei verunfallten Autofahrern die Ursachen häufig bei Unachtsamkeit oder überhöhter Geschwindigkeit liegen, weisen die Unfälle mit Passanten ganz andere Hintergründe auf: "Erschreckenderweise ist es bei verunglückten Zufußgehenden häufig so, dass diese sich wissentlich über alle Warn- und Rotlichtsignale hinwegsetzen und sogar die zusätzliche Sicherung in Form von Halbschranken umlaufen", betont der Karlsruher Polizeisprecher. Autofahrer seien häufig von der Handynutzung abgelenkt, achten deshalb nicht auf den Bahnübergang.

    "Wir wollen, dass Du sicher ankommst", Präventionskampagnen-Clip der Deutschen Bahn - 2013

    DB: "Vielen ist die Bedeutung des Andreaskreuzes nicht bekannt"

    Hinzu kommen verkehrserzieherische Missverständnisse. Bahnübergänge sind in der Regel mit dem Andreaskreuz gekennzeichnet, das dem Schienenverkehr Vorrang vor dem Straßenverkehr einräumt. Aber: "Vielen Verkehrsteilnehmern ist die Bedeutung des Andreaskreuzes und der Sicherungsanlagen nicht richtig bekannt." Das belegen verschiedene Umfragen, wie eine im Auftrag der DB AG durchgeführte infas-Studie.  "2.500 Bundesbürger wurden hier um ihre Einschätzung zur Sicherheit an Bahnübergängen gebeten - mit teils erschreckenden Resultaten", so das Unternehmen weiter - "so stimmte fast ein Viertel der Befragten der Aussage zu, dass ein rotes Blinken am Bahnübergang dem Gelb der Ampel entspricht und ein Anhalten demnach nicht erforderlich sei."

    Insgesamt gründen sich 95 Prozent aller Unfälle an deutschen Bahnübergängen auf dem Fehlverhalten der jeweiligen Straßenverkehrsteilnehmer. Lediglich in fünf Prozent der Fälle liegt das Versagen auf Seiten der DB, beispielsweise Zugführer oder technische Probleme. Das ergab eine 2012 verfasste Prüfung des Unternehmens. "Über 90 Prozent der Kollision hätten durch richtiges Verhalten der Fahrzeuglenker und Fußgänger vermieden werden können", heißt es in einer öffentlichen Pressemeldung im März 2014 der DB hinsichtlich der Unfallentwicklung der vergangenen Jahre.

    Symbolbild
    Symbolbild Foto: ErS

    Das Andreaskreuz - Quelle: ErS

    Karlsruher Polizei plant keine verschärften Kontrollen

    In Baden-Württemberg unterhält die DB derzeit 1.429 Bahnübergänge. Eine Auskunft darüber, wie viele davon unbeschrankt sind, gibt das Unternehmen auf ka-news-Anfrage nicht. "Alle technisch nicht gesicherten Bahnübergänge werden routinemäßig dreimal pro Jahr genau in Augenschein genommen, die technisch gesicherten unterliegen zweimal jährlich einer strengen Inspektion", erklärt die Deutsche Bahn.

    Und weiter: "Da Bahnübergänge Straße und Schiene gleichermaßen berühren, sind sie Gemeinschaftsaufgabe. Sollen etwa Änderungen an bestehenden Anlagen vorgenommen werden, müssten Bahn, Bund und Straßenbaulastträger -also der Eigentümer der Straße- dies vereinbaren." Diese Gemeinschaftsaufgabe werde auch beider Kostenverteilung deutlich. So schreibt der Gesetzgeber vor, dass die Kreuzungspartner Kosten für Maßnahmen, die aus Gründen der Sicherheit oder Abwicklung des Verkehrs an Bahnübergängen erforderlich sind, zu je einem Drittel tragen müssen.

    Eine Verschärfung von Polizeikontrollen, so wie es der Deutsche Bahnkunden-Verband aktuell vorsieht, hält das Karlsruher Präsidium für den jeweiligen Zuständigkeitsbereich nicht für erforderlich. Zwirner gegenüber ka-news: "Aktuell haben die polizeilichen Verkehrssicherheitsmaßnahmen andere Schwerpunkte." Mehr Kontrollen an Bahnübergängen seien also in nächster Zeit im Stadt- und Landkreis nicht vorgesehen.

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