Karlsruhe ist die fahrradfreundlichste Großstadt (Städte mit 200.000 bis 500.000 Einwohnern) Deutschlands. Immer mehr Menschen sind in der Fächerstadt auf den Zweirädern unterwegs, um ihr Ziel zu erreichen. Gut für das Klima, doch es gibt auch noch eine andere Seite der Medaille: "Es gibt aus der Bevölkerung regelmäßig Beschwerden über rücksichtslose Fahrradfahrer", sagt Bürgermeister Albert Käuflein im Rahmen eines Pressegesprächs.

"Wir sind Fahrradstadt Nummer eins und wollen das auch bleiben."
"Wir sind Fahrradstadt Nummer eins und wollen das auch bleiben", so Bürgermeister Albert Käuflein. | Bild: Ingo Rothermund

"In den meisten Fällen werden die Unfälle durch die Radler selbst verursacht"

Regelmäßige Unfälle sind die Folge. Im Jahr 2018 gab es 684 Zwischenfälle im Stadtgebiet, an denen Fahrradfahrer beteiligt waren - 591 Personen wurden dabei verletzt. "In den meisten Fällen werden die Unfälle durch die Radler selbst verursacht", sagt Martin Plate, Leiter der Verkehrspolizei. "2019 werden wir ungefähr das Niveau halten." Im Vergleich zu den vorangegangenen Jahren sei die Zahl aber gestiegen. 

Dabei stelle vor allem mangelnde Rücksichtnahme gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern ein Problem dar. Dazu zählt beispielsweise auch das Fahren über rote Ampeln. "Die Rotlichtverstöße in der Vergangenheit sind dramatisch", so Plate. Zudem werde die Fußgängerzone in der Kaiserstraße oft missachtet. Hier wurde am Mittwoch verstärkt kontrolliert.

Leiter der Verkehrspolizei beim Polizeipräsidium Karlsruhe.
Martin Plate, Leiter der Verkehrspolizei beim Polizeipräsidium Karlsruhe. | Bild: Ingo Rothermund

Und: Die Kontrollen zeigten Erfolg: Immer wieder sind Radfahrer den Polizisten ins Netz gegangen - all diejenigen, die die rote Kelle nicht schon aus der Ferne erblickt hatten. Doch nicht immer gestehen Radfahrer sich das eigene Fehlverhalten ein:  "Bei vielen Fällen zeigen sie keine Einsicht", sagt Björn Weiße, Leiter des städtischen Ordnungsamtes. 

"Wir fordern bereits seit Jahren die Anhebung der Bußgelder."
"Wir fordern bereits seit Jahren die Anhebung der Bußgelder", sagt OA-Chef Björn Weiße. | Bild: Ingo Rothermund

Auch die neuen E-Scooter in der Stadt bringen Probleme mit sich. Bisher gab es 120 Verstöße, die aufgenommen wurden. Bei einem Viertel ging es um das Fahren unter Alkoholeinfluss. "15 E-Roller-Fahrer mussten deshalb bereits ihren Führerschein abgeben", sagt Martin Plate. Außerdem ist das Abstellen der neuen Vehikel ein Problem: "Die neuen E-Scooter werden teilweise kreuz und quer abgestellt und behindern dadurch andere Verkehrsteilnehmer", so Björn Weiße.

Zu niedrige Strafen 

Ein Grund, warum es so viele "Verkehrsrowdys" gibt, seien die zu niedrigen Strafen. Lediglich 15 Euro werden beispielsweise für diejenigen fällig, die in der Fußgängerzone auf dem Fahrradsattel sitzen. "In der Schweiz sind die Strafen deutlich höher. Allerdings ist die Erhöhung der Sanktionen eine bundesweite Angelegenheit. Auf kommunaler Ebene können wir da nichts machen", so Plate im Gespräch mit ka-news.de. "An unserem Nachbarland sehen wir, dass das eine Wirkung hat."

Dieser Radfahrer muss 15 Euro Strafe zahlen, da er in der Kaiserstraße mit dem Fahrrad unterwegs war.
Dieser Radfahrer muss 15 Euro Strafe zahlen, da er in der Kaiserstraße mit dem Fahrrad unterwegs war. | Bild: Ingo Rothermund

Eine Möglichkeit, wie Fahrradfahrer besser kontrolliert werden könnten, wäre eine Kennzeichenpflicht für die Drahtesel. "Diese Idee wurde im politischen Raum ganz zart andiskutiert, allerdings auch wieder verworfen, da der bürokratische Aufwand zu groß wäre", so Weiße gegenüber ka-news.de.

Doch genau dieser bürokratische Aufwand erwartet andere Verkehrsteilnehmer - beispielsweise Autofahrer - wenn sie aufgrund zu hoher Geschwindigkeit geblitzt werden. Für Radfahrer ist eine technische Überwachung allerdings noch Zukunftsmusik. "Die Messtechnik ist im Schrittgeschwindigkeitsbereich nicht einsetzbar", so Weiße im Gespräch mit ka-news.de.

"Einsicht führt oft nur über den Geldbeutel"

Um verkehrswidrig fahrende Radler und E-Scooter-Nutzer belangen zu können, bleibt dem Ordnungsdienst bislang also nur die persönlichen Kontrollen. Diese sollen nun verstärkt werden: "Aktuell haben wir eine Streife von vier bis sechs Personen im Einsatz. Diese Zahl möchten wir erhöhen", sagt Björn Weiße. 

Trotzdem appelliert Martin Plate an die Velofahrer: "Zu einer fahrradfreundlichen Stadt gehören freundliche Radfahrer." Ob die verstärkten Kontrollen eine Verbesserung mit sich bringen, bleibt abzuwarten. "Am Ende führt die Einsicht oft nur über den Geldbeutel - zu guter Letzt muss die Sanktion spürbar sein, damit man sie nicht so einfach in Kauf nimmt."

Fahrradstadt Karlsruhe: Wo sehen Sie noch Handlungsbedarf? Wo klappt es schon sehr gut? Wo kann die Situation für Fahrradfahrer verbessert werden und so Konfliktlinien mit Fußgängern und Autofahrern entschärft werden?

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