Die Fakultät für Bauingenieurwesen – die seit einigen Jahren auch die Geo- und Umweltwissenschaften umfasst – zählt zu den ältesten und über Jahrzehnte hinweg wichtigsten Einrichtungen der einstigen Universität. Bis zu 1.500 Studierende zählen die bis zu 20 Institute, die im Laufe der Jahre dazu gehörten: Von Verkehrsplanung, über Statik und Bauphysik bis zu Städtebau- und Landesplanung. Und ausgerechnet bei dieser geschichtsträchtigen Abteilung der Uni wird nun intern um den Fortbestand einiger Institute gekämpft. "Das KIT versucht Stellen, die es nicht von außen kriegt, irgendwo wegzuschneiden“, sagt dazu eher lakonisch ein ehemaliger Lehrender der Fakultät für Architektur – und verweist auf die neue Ausrichtung des KIT, das ganz offenbar nicht mehr in erster Linie die Lehre im Fokus hat.
"Am Beginn der Universität Karlsruhe stand ein Bauingenieur: Johann Gottfried Tulla. Er gründete 1807 seine Ingenieurschule zur Ausbildung von Mitarbeitern für die von ihm geordnete badische Straßen- und Wasserbauverwaltung. Hinzu kam ein Architekt: Friedrich Weinbrenner, seine Bauschule war aus der seit 1786 bestehenden Architektonischen Zeichenschule hervorgegangen“, heißt es auf den Seiten des KIT zum geschichtlichen Rückblick. Die spätere "Polytechnische Schule" erhielt 1885 den Namen "Technische Hochschule": Als Vorläufer der Universität.
Ein Name darf in dieser Aufzählung keinesfalls fehlen: Reinhard Baumeister, Lehrstuhlinhaber ab 1862 – er begründete den "wissenschaftlichen Städtebau“ in Deutschland, und lehrte das Fachgebiet, mit dem ersten eigenen Lehrstuhl dieser Art - in Karlsruhe bis 1912. Ausgerechnet dieser Lehrstuhl am heutigen Institut für "Städtebau und Landesplanung“ ist seit 2006 nicht mehr besetzt. Bernd Scholl, ein ausgewiesener Raumplaner und erst 1997 nach Karlsruhe gekommen, zog es offenbar resigniert an die Eidgenössisch Technische Hochschule (ETH) in Zürich. Seine Planstelle in Karlsruhe wanderte aufgrund eines internen Sparbeschlusses zur Mechanik.
"Bauingenieure ohne den Blick über den Tellerrand sind nicht vorstellbar“
Mit der Ausdünnung des Instituts für Städtebau und Landesplanung wird eine weitere inhaltliche Verengung der Ausbildung im Bausektor befürchtet. "Bauingenieure ohne den Blick über den Tellerrand und die Beschäftigung mit städtebaulichen oder umweltrelevanten Aspekten sind nicht vorstellbar“, sagen Insider.
Zwei noch kleinere Institute und Studiengänge stehen ebenfalls auf der Kippe: Der seit etwa 20 Jahren bestehende englischsprachige Aufbaustudiengang "Resources Engineering“ hat offenbar nach schlecht bewerteter Evaluierung im vergangenen Jahr an Rückhalt verloren. Und bei einem weiteren Aufbaustudiengang, dem einst unabhängigen Institut für Regionalwissenschaft – das mit Bildung der neuen Fakultät für Bauingenieur-, Geo- und Umweltwissenschaften vor Jahren in diese integriert wurde – gibt es gar deutliche Indizien dafür, dass der seit 1970 bestehende Studiengang über "eine bewusst negativ gerechnete Evaluation“ auf der Abschussliste steht.
Evaluation soll negativ ausfallen - trotz guter Ergebnisse
Und da kommen wieder jene "Promillestudiengänge“ ins Spiel: Eine Evaluierung – für Laien kurz erklärt – ist eine auf wissenschaftlicher Basis erfolgende Überprüfung eines Studiengangs auf seine Leistungsfähigkeit und damit auch seine Zukunftsfähigkeit. Der Begriff "Promillestudiengänge“ wird Professor Jürgen Becker, KIT-Bereichsvorstand Studium und Lehre – und schon an der einstigen Uni als Pro-Rektor in gleicher Funktion tätig – zugeschrieben.
Becker soll - so wurde ka-news aus dem Lehrkörper des Campus zugetragen - schon vor Wochen gesagt haben, dass man "Promillestudiengänge“ wie Resources Engineering oder Regionalwissenschaft am heutigen KIT "nicht brauche“. Und er meinte das offenbar von der Größe der Studiengänge ableiten zu können. Nach Studierendenzahl bewegen sich diese Aufbaustudiengänge – die man mit einem Doktorandenkolleg vergleichen kann – bei 17.000 bis 18.000 Studierenden auf dem Campus Süd insgesamt "eben nur im unteren Promillebereich“. Becker hat sich - von ka-news schon vor einigen Tagen um eine Stellungnahme gebeten - noch nicht offiziell dazu geäußert.
Bei besagter Regionalwissenschaft dringen nun Informationen über eine vor dem Abschluss stehende Evaluation nach draußen. Demnach erfülle einerseits der Studiengang "die Kriterien zu 150 Prozent, der Studiengang sei 1a“. Dennoch soll nach ka-news vorliegenden Informationen die Evaluation negativ ausfallen und es wird erwogen die für den Erhalt des vor allem von Studierenden aus Dritte-Welt-Ländern besuchten Aufbaustudiengangs "überlebenswichtige" Förderung durch DAAD-Stipendien einzustellen – oder den Studiengang gar an eine andere Universität "zu verlegen und neu aufzubauen.“
Noch mehr Institute kämpfen ums Überleben
Mutmaßlich soll dabei auch der Streit mit dem früheren, bereits 2001 emeritierten Institutsleiter eine Rolle spielen – und dieser - ein eher ungewöhnlicher Vorgang - in die Evaluation "seiner Nachfolger“ mit eingebunden worden sein.
Auch das 2004 an die Fakultät der Bauingenieure an der einstigen Universität Karlsruhe angegliederte WWF-Aueninstitut kämpft derzeit ums Überleben. Institutsleiter Emil Dister, der seit 1985 mit seiner Mannschaft in Rastatt ansässig ist, genießt mit seinen Arbeiten über Flußauenlandschaften und natürliche Überflutungsräume weltweites Renommée. Das WWF-Aueninstitut wurde einst vom WWF-Präsidenten Prinz Philipp, Gemahl der englischen Königin, eingeweiht.
KIT-Präsident Horst Hippler hat ka-news für Dienstag ein Gespräch über die Zukunft der genannten Institute und Studiengänge bei den Bauingenieuren zugesagt.
Weitere Artikel zum Thema:
Richtigstellung: "Aussage Promillestudiengänge zu keiner Zeit gefallen"
KIT-Präsident Horst Hippler zu Kleinststudiengängen
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Weiterführende Links zu den jeweiligen Instituten und Studiengängen:
Institut für Städtebau und Landesplanung (seit 2007 nur kommissarisch geleitet)
Institut für Regionalwissenschaft
Aufbaustudiengang Resources Engineering
WWF-Aueninstitut Karlsruhe/Rastatt