Der Rhein ist mit einer Gesamtlänge von 1.233 Kilometern der zweitgrößte Fluss in Deutschland. Nur die Donau hat mit ihren 2.888 Kilometern die Nase vorn. Aber: Betrachtet man nur den Flusslauf in der Bundesrepublik, übernimmt der Rhein die Spitzenposition mit  865 Kilometern die durch Deutschland fließen. Die Donau kommt in dieser Kategorie auf 674 Kilometer.

Der Rhein nur noch ein Rinnsal?

Aktuell verkommt der Rhein aber von der wichtigsten Wasserstraße Deutschlands zu einem Rinnsal. Die Pegelstände bewegen sich auf ein Rekordtief und haben die bisherigen Tiefststände mancherorts bereits unterschritten.

Riesige Sandbänke sind am Mäuseturm bei Bingen im Rhein sichtbar geworden.
Riesige Sandbänke sind am Mäuseturm bei Bingen im Rhein sichtbar geworden. | Bild: Boris Roessler/dpa

Ein Beispiel: Bei Bingen ist der berühmte Mäuseturm aktuell per Fuß zu erreichen. Das Portal des Elektronischen Wasserstraßen-Informations-Service (Elwis) zeigt hier einen Pegel von 51 Zentimetern. Das Rekordtief liegt bei 38 Zentimetern und wurde am 31. Oktober 1985 gemessen. 

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Den absoluten Tiefstrekord hält aber der Pegel bei Emmerich kurz vor der niederländischen Grenze. Vier Zentimeter stehen hier. Damit ist der bisherige Tiefstwert von sieben Zentimetern aus dem Jahr 2018 unterboten.

Wie ist die Lage in Karlsruhe?

Für die nächsten Tage wird sogar ein Pegelstand von null erwartet. Nicht zu verwechseln ist der Pegelstand mit der Fahrrinne für die Schifffahrt. Die liegt auch bei Emmerich aktuell bei um die zwei Meter.

Und wie ist die Lage in Karlsruhe? Auch in der Fächerstadt ist das Niedrigwasser zu spüren. Die Buhnen entlang des Ufers ragen weit in das Flussbett herein und sind deutlich zu sehen. Der Pegel Maxau zeigt am Dienstagvormittag, 16 August, 327 Zentimeter an.

Niedrigwasser im Rhein 2022
Bild: Thomas Riedel

Immerhin eine leichte Steigerung im Vergleich zum Vortag. Am frühen Montagmorgen standen 317 Zentimeter auf dem Pegel. Pegelstände im einstelligen Bereich sind in Karlsruhe vorerst also nicht zu erwarten.

Schiffe laden deutlich weniger

Dennoch sind die Auswirkungen des Niedrigwassers zu spüren. "Aufgrund der niedrigen Tiefen können die Schiffe nur zwischen 30 und 40 Prozent von dem laden, was eigentlich möglich wäre", sagt Petra Schneider, Fachgebietsleiterin für Schifffahrt beim Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Oberrhein (WSV) im Gespräch mit ka-news.de. Die Maximalbeladung bei einem normalen Binnenschiff liege laut Schneider bei 3.000 Tonnen. 

Niedrigwasser im Rhein 2022
Bild: Thomas Riedel

Um die geringen Lademengen ausgleichen zu können, müssten eigentlich mehr Schiffe eingesetzt werden. "So viel Schiffe wie aber nötig wären, um die Güter zu transportieren, sind gar nicht verfügbar", so Schneider. Hinzu kommt: Um nach Karlsruhe zu kommen, müssen natürlich auch die Pegelstände vor beziehungsweise nach Karlsruhe berücksichtigt werden. 

Schifffahrt größtenteils eingestellt

"Ein bekannter Punkt ist der Pegel bei Kaub (Rheinland-Pfalz). Hier hat die Fahrrinne im Normalfall ungefähr drei Metern", so Schneider. Am 16. August steht der Pegel in Kaub bei 33 Zentimeter. Die Fahrrinne hat laut einem SWR-Bericht eine Tiefe von 1,43 Meter, was dazu führt, dass die Schifffahrt auf dem Rhein zum Großteil eingestellt wurde. 

Niedrigwasser im Rhein 2022
Bild: Thomas Riedel

Ein offizielles Verbot zur Schifffahrt bei Niedrigwasser gibt es vom WSV - anders als bei Hochwasser - aber nicht. "Da die Schiffe unterschiedlichen Tiefgang haben, liegt es in der Verantwortung des Schiffsführers oder des Unternehmens, ob gefahren wird und mit wie viel Ladung. Bei zu wenig Ladung lohnt sich eine  Fahrt aus wirtschaftlicher Sicht aber nicht mehr", so Schneider weiter.

Ein weiteres Problem: Solch niedrige Pegelstände wie aktuell werden normalerweise erst im Herbst erwartet. "Durch die ausgiebige Schneeschmelze im Juni wird  in der Regel erst gegen Oktober ein so niedriger Wasserstand erwartet – doch die Schmelze blieb dieses Jahr aus", erklärt Patricia Erb-Korn, Geschäftsführerin der KVVH - Geschäftsbereich Rheinhäfen. "Im Juni beobachten wir normalerweise Hochwasser, doch durch die andauernde Trockenheit war der Wasserpegel in diesem Jahr normal."

Trockenheit sorgt für niedrige Pegelstände

Diese Tendenz ließe sich nicht nur am Oberrhein, sondern auch an den Zuflüssen in der Schweiz beobachten, erklärt Erb-Korn. "Es sieht derzeit nicht prickelnd aus - es fehlt ausreichend Regen." Ohne die Regenfälle werde der Wasserspiegel weiter absinken.

Patricia Erb-Korn ist Geschäftsführerin am Rheinhafen Karlsruhe.
Patricia Erb-Korn ist Geschäftsführerin am Rheinhafen Karlsruhe. | Bild: KVVH

Was dann nicht mehr mit dem Schiff transportiert werden könne, das wird auf andere Teile der Infrastruktur ausgelagert. "Die Güter werden dann von Bahnen oder per Lkw transportiert, welche ihrerseits an die Grenzen kommen", so Erb-Korn. 

Besserung für den Rhein (vorerst) in Sicht

Die gute Nachricht: Zu Versorgungsengpässen werde es allerdings kaum kommen, meint die Rheinhafen-Chefin. "In Karlsruhe kommt hauptsächlich Kohle an, welche dank der momentanen Revision an den Kraftwerken eingelagert wird." Diese sind also für die nächste Zeit mit allem Nötigen versorgt. Um jedoch längerfristige Versorgungsengpässe zu verhindern, müsse sich der Transport am Rheinhafen anpassen.

Niedrigwasser im Rhein 2022
Bild: Thomas Riedel

Und: Für die nächsten Tage ist vorerst eine Entspannung der Lage in Sicht. Für Donnerstag und Freitag wird in Karlsruhe Regen angekündigt. Laut Hochwasservorhersagezentrale Baden-Württemberg (HVZ) könnte der Pegel bei Maxau im Idealfall auf ungefähr 440 Zentimeter steigen. Danach soll es aber wieder bergab gehen.

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Sollte die nächsten zehn Tage kein Niederschlag fallen, könnte das Tief vom 26. November 2018 (311 Zentimeter) unterboten werden. Der niedrigste Wert, der bei Maxau bisher gemessen wurde, liegt bei 231 Zentimeter vom 28. Januar 1985.